Ein Landwirt schrieb dem «Schweizer Bauer», dass wenig junge Landwirte in den Zeitungen zu Wort kämen. Wir nehmen den Ball auf. Den Start der 6-teiligen Serie «Junglandwirte» eröffnet der Ideengeber selbst: Simon van der Veer.
«Schweizer Bauer»: Warum sollten junge Landwirte vermehrt zu Wort kommen?
Simon van der Veer: Wir sind die Bauern, die in Zukunft die Landwirtschaft betreiben, tragen und daraus ein Einkommen generieren wollen und müssen.
Die ältere Generation hat aber mehr Erfahrung?
Die Erfahrung ist zweifelsfrei wichtig. Handkehrum sind es die Jungen, die neue Ideen und Impulse in einen Betrieb bringen. Wichtig ist eine Kombination der Generationen, 1+1 =3. Mein Vater hat mich ausprobieren lassen. Vielfach klappte es, manchmal ging etwas schief.
Wo besteht Ihrer Meinung nach für die Schweizer Landwirtschaft Handlungsbedarf?
Wir werden uns nie zu 100 Prozent selber versorgen können. Wenn wir aber bei uns mit der Ökologie Flächen blockieren und dafür die Kalorien aus dem Ausland beziehen, läuft etwas gehörig schief. Ich bin es zudem leid, nur immer von der Agrarpolitik und insbesondere von den Direktzahlungen zu hören und zu lesen. Die eigentliche Nahrungsmittelproduktion rückt immer mehr in den Hintergrund. Dies ist angesichts der fruchtbaren Böden, der guten klimatischen Bedingungen und des grossen Wissens, welches wir haben, eine Demütigung für die Schweizer Landwirtschaft.
Ist da Kritik an Schweizer Agrarmedien herauszuhören?
Vielleicht ein wenig, ja. Ich stelle dies aber insbesondere fest, wenn ich mit anderen Bauern rede. In den Diskussionen geht es oft weniger um gute Erträge als um die Frage «Wo man noch ein Kreuz machen könnte, um Geld abzuholen». Wo ist denn da bitte schön der Berufsstolz? Und wo ist die Professionalität? Ich sehe aber auch ein, dass dies aus ökonomischen Gründen oftmals einfach nötig ist.
Quasi eine ungewollte Selektion à la «die cleversten Bauern verdienen auswärts mehr, und die Direktzahlungen kommen als Sahnehäubchen obendrauf»?
Ja. Dieses Phänomen würde aber sofort aufhören, wenn man – unter Berücksichtigung der Regionen – die Direktzahlungen abschaffen oder mindestens reduzieren würde. Diese Zahlungen verleiten die Bauern teilweise auch dazu, Dinge zu tun, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht keinen Sinn machen. Ein konkretes Beispiel: Wenn ein Landwirt eine fehlerhafte Mulchsaat macht, um den Beitrag von 150 Franken je Hektare zu kassieren, aber deshalb 10 Prozent weniger Ertrag generiert, dann verliert er schlussendlich Geld. Derjenige, welcher diese Anbaumethode im Griff hat, holt Geld ab für etwas, was er vielleicht sowieso schon gemacht hätte. Sind das wirklich sinnvolle Systeme? Für mich braucht es einen agrarpolitischen Befreiungsschlag, welcher das System der Direktzahlungen radikal entschlackt. Ich will nicht für jedes Bäumlein Geld erhalten, welches dann auch noch kontrolliert werden muss. Ich will keine Extenso-Beiträge, wo man fürs Nichtstun bezahlt wird, während unser Weizen von Septoria und Braunrost zerstört wird. Gleichzeitig werden Tausende Tonnen Getreide aus dem Ausland importiert. So verliert man gegenüber dem Steuerzahler längerfristig seine Glaubwürdigkeit als Bauer und Nahrungsmittelproduzent.
Zur Person
Betriebsleiter und Agronom FH (Jg. 1981) bewirtschaftet in Sutz-Lattrigen BE mit seiner Frau einen 23 ha grossen Ackerbaubetrieb mit Spezialkulturen. Zudem arbeitet er als Pflanzenbauberater und Lehrer am Inforama Rütti in Zollikofen BE. Er präsidiert auch die westschweizerische Vereinigung der Zuckerrübenpflanzer. rab
Man merkt, Sie wollen produzieren?
Ja, und dies mit Blick in Richtung Zukunft. Wenn ich aber sehe, wie Preise für Agrargüter, insbesondere für Zucker, unter Druck geraten, frage ich mich ab und zu, ob der Schweizer Landwirt überhaupt ein Beruf der Zukunft ist. Für mich persönlich aber ist klar: Ich will gesunde, inländische und nachhaltig produzierte Nahrungsmittel auf den Markt bringen, welche gefragt sind und wofür ich korrekt bezahlt werde. Dies im Dschungel der Reglementsdichte zu erreichen, ist schwierig. In diesem Spannungsfeld komme ich mir manchmal vor wie auf einem Schachbrett. Und man weiss, welche Rolle die Bauern da haben.
…sie dienen als Schutzschild, und ab und zu muss mal einer über die Klinge springen für das grosse Ganze?
Mit dem Unterschied, dass wir nicht wissen, was das Grosse sein soll. Mir als junger Landwirt fehlt hierbei vielfach eine klare Strategie. Die Bauernverbände (nationale und kantonale) müssen unbedingt auch die Strukturfrage thematisieren und sich nicht vor unliebsamen Entscheiden drücken. Weiter weiss ich heute nicht, ob ich den Betrieb auf Effizienz trimmen soll oder ob es besser wäre, mich für einen Kurs als Landschaftsgärtner anzumelden. Wir jungen Landwirte haben Ideen, wir wollen Nahrungsmittel produzieren, wir wollen unsere Betriebe weiterentwickeln. Wenn wir aber den Beruf Landwirt ohne Herzblut ausüben, dann stirbt dieser schöne Beruf!