Wölfe können täglich mehr als 70 km zurücklegen. Innerhalb von zwei Monaten legen sie etwa 1550 Kilometer zurück. Diese Ergebnisse zeigt ein Versuch, bei dem Jungwölfe mit GPS-Sendern ausgestattet wurden.
Dies haben Wissenschaftler des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) in einem Forschungsvorhaben zum Ausbreitungsverhalten der Wölfe in Deutschland zutage gefördert, die am vergangenen Donnerstag in Bonn vorgelegt wurden.
Dazu wurden laut BfN sechs Wölfe mit Sendern auf Basis des Globalen Positionierungs-Systems (GPS) ausgestattet, um herauszufinden, wie und wann Jungwölfe ihr elterliches Rudel verlassen, um sich einen Paarungspartner zu suchen und ein eigenes Territorium zu besetzen; die Funkdaten wurden zwischen 2009 und 2011 ausgewertet. „Das ist die erste Studie in Mitteleuropa, bei der die Wanderbewegungen mittels Satellit verfolgt und der Aufenthalt von Wölfen in ihrem Territorium untersucht wurden“, berichtete BfN-Präsidentin Prof. Beate J e s s e l . Die Tiere würden auf ihren Wanderungen nicht nur Flüsse und Autobahnen überwinden, sondern fühlten sich auch in einer Vielzahl von Lebensräumen wohl, sofern man sie in Ruhe lasse. „Wölfe sind körperlich dazu in der Lage, innerhalb von wenigen Monaten halb Europa zu durchqueren“, betonte Markus B a t h e m vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) anlässlich der Vorstellung der BfN-Ergebnisse. Er geht davon aus, dass früher oder später jedes Flächenbundesland, selbst Nordrhein-Westfalen, sein Wolfsrudel bekommen wird.
Weibchen bleiben länger daheim
Wie das BfN weiter mitteilte, gibt es ferner individuelle Unterschiede im Wanderverhalten der Tiere. Während ein junger Rüde nach zwölf Monaten bereits das Rudel verlasse und in etwa zwei Monaten 1 550 Kilometer weit nach Weißrussland wandere, bleibe ein Weibchen auch noch nach mehr als zwei Jahren bei seiner Familie. Zudem habe sich bezüglich des Raumbedarfs ergeben, dass dieser individuell bei einer durchschnittlichen Territoriumsgröße von 172 qkm zwischen 49 qkm und 375 qkm schwanke. Innerhalb ihrer Gebiete seien die Wölfe sehr anpassungsfähig und würden sich nicht nur in Waldgebieten, sondern auch in offenem Gelände wie Heideflächen aufhalten. Darüber hinaus habe man auch längere, wenngleich seltenere Aufenthalte entlang von Verkehrswegen nachweisen können. Beispielsweise habe ein neben den Jungwölfen ebenfalls mit Sendern ausgestattetes Weibchen keine 500 m von einer vielbefahrenen Straße mehrere Höhlen zur Aufzucht ihrer Jungen angelegt. „Wölfe brauchen also keine Wildnis, sondern können sich auch in unserer Kulturlandschaft sehr rasch ausbreiten und an die unterschiedlichsten Lebensräume anpassen“, resümierte Jessel. Aus ihrer Sicht sollte man sich daher deutschlandweit auf das Erscheinen des Wolfes einstellen und auf der Grundlage von Managementplänen ein möglichst konfliktfreies Miteinander von Menschen und Wölfen sicherstellen.