Das Stagias-Wolfsrudel in der Region Surselva GR darf trotz elf gerissener Schafe nicht durch Abschuss von drei Jungtieren verkleinert werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Entscheid des Bundesamts für Umwelt bestätigt, wonach die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind.
Das Bundesverwaltungsgericht stützt in seinem am Freitag veröffentlichten Urteil die Sichtweise des Bundesamts für Umwelt (Bafu), wonach nicht alle elf gerissenen Schafe bei der Bemessung des Schadens berücksichtigt werden können.
Mindestens zehn Tiere müssen innerhalb von vier Monaten durch ein Wolfsrudel getötet worden sein, damit ein Abschuss bewilligt werden kann. Diese gerissenen Schafe müssen jedoch gegen Angriffe durch Wölfe geschützt worden sein, beispielsweise durch Elektrozäune und Herdenhunde, wie das Bundesverwaltungsgericht schreibt.
Damit ein solcher Schutz als wirksam erachtet werden könne, müssten die Schafe eine räumlich kompakte Einheit bilden. Als Richtwert gelte, dass sich eine Herde tagsüber auf einer Fläche von maximal 20 Hektaren und nachts von 5 Hektaren aufhalten müsse.
Streitpunkt Berechnungsmethode
Nicht einig waren der Kanton Graubünden und das Bafu darüber, wie die Fläche von 5 Hektaren zu berechnen ist. Eine gefestigte Praxis dafür gibt es laut Bundesverwaltungsgericht nicht. Es folgt jedoch der Sicht des Bundes, wonach die als geschützt geltende Fläche nicht nur in Richtung eines gerissenen Schafes ausgedehnt werden könne.
Ginge man so vor, würde jedes frei weidende Schaf ausserhalb des Nachtpferchs mit einer Entfernung von 200 und 320 Metern – wie dies vorliegend der Fall war – als geschützt gelten. Damit würde die Fläche von 5 Hektaren weit überschritten. Deshalb erachtet es das Gericht als zulässig, wenn das Bafu eine Aussengrenze von 125 Metern um den Nachtpferch ansetzt. Dabei seien die konkreten Verhältnisse vor Ort zu berücksichtigen.
Noch nicht rechtskräftig
Im konkreten Fall rechnete das Bafu nur acht Schafe als Schaden an. Der Kanton Graubünden ging davon aus, dass lediglich ein gerissenes Schaf ausserhalb des geschützten Gebiets war. Insgesamt befanden sich vergangenen Sommer rund 750 Schafe auf der Alp Lavaz, oberhalb von Disentis GR. Die Fläche ist Teil des Streifgebiets des Stagias-Wolfsrudels – eines von fünf im Kanton Graubünden nachgewiesenen Wolfsrudeln.
Das Rudel besteht aus zwei Elterntieren und sechs im Jahr 2021 geborenen Welpen, wie das Bundesverwaltungsgericht schreibt. Vergangenen Sommer riss das Rudel elf Schafe.
Um weitere Risse zu verhindern, beantragte der Kanton Graubünden beim Bafu die Bewilligung für den Abschuss von drei Jungtieren. Das Bundesamt lehnte ab, weshalb der Kanton ans Bundesverwaltungsgericht gelangte. Derzeit ist dort noch der Fall zur Regulierung des Wolfsrudels Beverin hängig.
Das vorliegende Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann beim Bundesgericht angefochten werden.


