Mathias Götti Limacher ist Zentralpräsident von BienenSchweiz und Schulleiter Imkerbildung Schweiz. Er weiss, was es braucht, um Imker zu werden, und alles rund um die Haltung von Bienenvölkern. Die «Schweizer Bauer»-Redaktorin Susanne Künsch hat ihn in einem Interview auch gefragt, wie mit der Varrobamilbe umzugehen ist.
Ein phänomenaler Orientierungssinn
Die berühmteste aller Bienen, die Biene Maya, fliegt in ihrem schwarzgelb gestreiften Kleid, immer gut gelaunt, von Blüte zu Blüte und wendet alles Boshafte zum Guten. Eine positive Lichtgestalt aus Kindertagen, an die sich sicher noch so mancher erinnert. Tatsächlich sind Neurologen überzeugt, dass die hoch entwickelte Biene in der Lage ist, komplexe Verknüpfungen herzustellen. Dies erklärt auch ihren phänomenalen Orientierungssinn.
Anders als im Frühling ist das Futterangebot in den Sommermonaten vielerorts beschränkt.
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Die Biene kann alle Informationen zu den umliegenden Nahrungsquellen abspeichern: nicht nur Informationen zur Art der Blüte und die beste Herangehensweise an den Nektar, sondern auch den exakten Weg vom Nest bis hin zur Futterquelle. In einem Radius von fünf Kilometern rund um ihren Bienenstock finden sich Bienen problemlos zurecht. Im Verhältnis zu ihrer Körpergrösse ist dies ein riesiges Gebiet.
Erstaunlich ist zudem die Lernfähigkeit dieser kleinen Wunderwerke. Sie können ihr Verhalten aufgrund gemachter Erfahrungen anpassen und sie sind fähig, verschlüsselte Informationen schnell untereinander zu übermitteln.
Interview mit Mathias Götti Limacher, Zentralpräsident von BienenSchweiz
Mathias Götti Limacher macht sich für eine fachgerechte Haltung der Bienenvölker stark.
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INTERVIEW: Susanne Künsch
«Schweizer Bauer»: Welche Voraussetzungen braucht es, um Imker zu werden?
Mathias Götti Limacher: Gesetzliche Vorgaben an eine Ausbildung gibt es nicht. Um aber erfolgreich in die sehr komplexe Materie der Bienenhaltung einsteigen zu können, ist ein Grundkurs unumgänglich. Dieser umfasst 18 Halbtage verteilt auf zwei Jahre. Das ist wirklich das Minimum. Irgendwelche Schnellbleichen reichen nicht, und es bringt vor allem auch den Bienenvölkern nichts, wenn sie nicht fachgerecht gehalten werden.
Mit welchen Kosten muss gerechnet werden?
Der Einstieg in die Imkerei kostet je nach Ausrüstung mindestens 5000 bis 8000 Franken mit Kästen im Freien, ein allfälliges Bienenhaus ist nicht eingerechnet.
Wie gross ist der Zeitaufwand durchs Jahr?
Für beispielsweise sechs Völker muss mit rund 200 Stunden Aufwand gerechnet werden. Um sinnvoll imkern zu können, also Völker zu vermehren und Verluste auszugleichen, braucht es eine minimale Anzahl. Die meiste Arbeit fällt von April bis September an, grosse Spitzen sind im Mai und August.
Welche Standorte empfehlen sich?
Es ist darauf zu achten, dass an einem Standort möglichst die ganze Saison über Nahrung (Blütenangebote) zur Verfügung steht. Kälteseen und die Nähe zu Bächen sind zu vermeiden. Der Standort sollte möglichst keinen kalten und feuchten Luftzügen ausgesetzt sein.
In der Regel sind alte Bienenhaus-Standorte gut geeignet. Wichtig ist auch, darauf zu achten, dass nicht schon sehr viele Honigbienen in der Umgebung gehalten werden. Es ist ein Abstand von 300 bis 500 Meter zum nächsten Bienenstand empfohlen.
Woher können Bienenvölker bezogen werden?
Sehr wichtig ist, dass die Bienenvölker aus der Umgebung bezogen werden. Wenn jemand einen Kurs besucht, wird das thematisiert und Bienenvölker vermittelt. Wichtige Ansprechpartner sind die Vorstandsmitglieder der örtlichen Imkervereine.
Ein Bienenvolk umfasst dann, wenn man es als Jungvolk kauft, ungefähr 10000 Bienen und, wenn es sich entwickelt während der Sommerzeit, rund 25000 bis 30000 Bienen.
Können Bienen in einer Wohngegend gehalten werden?
Im Prinzip ja, es muss einfach darauf geachtet werden, dass auch die Nachbarschaft Freude an diesen Bienen hat. Gesetzlich gilt das Baurecht mit den entsprechenden Grenzabständen, und es muss vermieden werden, dass die Nachbarschaft beeinträchtigt wird.
Welche gesetzlichen Vorgaben muss ein Imker befolgen?
Diese haben vor allem einen Zusammenhang mit der Seuchenprävention. Eine der wichtigsten ist, dass jeder Bienenstand beim zuständigen kantonalen Amt gemeldet und registriert werden muss.
Was sind die grössten Herausforderungen für Imker?
Vor allem die Kontrolle und Bekämpfung des eingeschleppten Parasiten Varroamilbe ist eine Herausforderung. Da schliesst sich der Kreis mit der Ausbildung, denn dafür ist Fachwissen nötig, und wenn man dieses hat, weiss man auch wie mit der Varroa umgehen.
Das Imkerhandwerk ist komplex und will gelernt sein.
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Gibt es noch weitere Hürden?
Eine weitere grosse Herausforderung für die Bienen ist das vielerorts magere Futterangebot in den Sommermonaten. Im Frühling, wenn alles aufblüht und auch der Bestäubungsbedarf, beispielsweise für Obstkulturen, sehr hoch ist, sind genügend Nektar und Pollen vorhanden. Ab Mitte Mai und später im Juni, wenn die extensiven Wiesen gemäht sind, ist das Blütenangebot oft spärlich, und die Bienen, Wild- wie Honigbienen, finden nicht mehr genügend Nahrung. Dazu kommt auch, dass der Siedlungsraum und damit die asphaltierten und betonierten Flächen laufend zunehmen.
Was muss bei Bienenflug beachtet werden?
Eine Belastung für den Bienenflug ist der Einsatz von Mähaufbereitern. Hier kann eine fachlich korrekte Anwendung den Bienen sehr helfen.
Wie sieht es mit dem Einsatz von Pfanzenschutzmitteln aus?
Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stellt ein Gefahrenpotenzial dar, und auch da ist es für die Bienen äusserst wichtig, dass alle Sicherheitsvorkehrungen und Vorgaben peinlich genau eingehalten werden.
Wie hat sich die Anzahl Imker in der Schweiz entwickelt?
Nach vielen Jahren der Abnahme hat sich währen der letzten rund zehn Jahre der Bestand stabilisiert. In einigen Regionen ist die Zahl der Imkerinnen und Imker gar wieder angestiegen. Entsprechend gross ist auch der Andrang auf die angebotenen Kurse.