Aus Verärgerung über Umweltauflagen der Regierung haben in den Niederlanden Hunderte von Bauern demonstriert und dabei Strassen mit Traktoren blockiert. Betroffen waren auch Verkehrswege im Grenzgebiet zu Deutschland, wie die niederländische Agentur ANP berichtete. -> Mit Videos
Nach dem Motto «Genug geredet» protestieren am Mittwoch niederländische Landwirte an verschiedenen Orten des Landes. Unter anderem versperrten demnach Bauern mit ihren Traktoren den Grenzübergang zwischen Coevorden (Provinz Drenthe) und Niedersachsen. Zudem schlossen sich laut ANP rund 100 Bauern aus Deutschland ihren niederländischen Kollegen an.
Von der Ortschaft Mariënvelde aus seien sie in einem Traktor-Protestzug nach Arnheim gefahren. Proteste gab es auch im Gebiet von Venlo (Provinz Limburg) nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen. Zur grössten Demonstration kamen Hunderte Bauern in Hilversum unweit von Amsterdam zusammen.
(Noch) keine Blockade von Verteilzentren
Die Bauern haben Anfang Woche aufgerufen, die Lebensmittelversorgung von Supermärkten durch die Sperrung der Strassen zu den Verteilzentren der Märkte zu unterbrechen. «Aber es ist noch nicht sicher, ob wir das tun werden», sagte ein Sprecher der Aktionsgruppe „Farmers Defense Force (SDF)“. Die Detailhändler drohen im Fall einer Blockade mit Schadenersatzklagen. Eine Blockade wurde am Dienstag gerichtlich untersagt. Die Farmers Defense Force rief ihre Mitglieder in der Folge auf auf, keine Aktionen in Verteilzentren und Supermärkten durchzuführen. Gemäss agrarheute.com hat SDF Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Trotzdem fuhren einige Bauern nach Tilburg in ein Verteilzentrum Albert Heijn. Die Polizei ist anwesend, um die Aktion zu begleiten. Von einer Blockade kann laut einer Sprecherin von Albert Heijn jedoch keine Rede sein.
Bauern am Dienstag bereits in Den Haag
Bereits am Dienstagabend fuhren Bauern mit Hunderten von Traktoren ins Zentrum der niederländischen Politik, in den Binnenhof nach Den Haag. Auf dem Vorplatz sind die Landwirte von der Polizei aufgehalten worden, schreibt topagrar.com. Vor den Protesten am Mittwoch haben die Organisationen mit Ministerpräsident Mark Rutte und Landwirtschaftsministerin Carola Schouten gesprochen. Offenbar erfolglos.
Die Bauern klagen, dass sie unverhältnismässig hart von Massnahmen zur Reduzierung des Stickstoff-Ausstosses getroffen würden. Nach einem höchstrichterlichen Urteil müssen die Niederlande den Stickstoffausstoss vielerorts erheblich senken. Daher hatte die Regierung eine Reihe von Massnahmen angekündigt. Wegen des Überschreitens der zulässigen Werte wurden bereits 18’000 Bauprojekte im ganzen Land vorläufig stillgelegt.
«Keine Zukunft für intensive Tierhaltung»
Hintergrund der Proteste ist ein Vorstoss der Regierungspartei D66. Der Viehbestand in den Niederlanden sollte nach den Vorstellungen der linksliberalen Partei um die Hälfte verringert werden. Wie der D66-Parlamentsabgeordnete Tjeerd de Groot am 9. September in Den Haag erklärte, könnten die Stickstoffemissionen durch die Abstockung der Hühnerherden um 50 Millionen Tiere und des Schweinebestandes um 6 Millionen Tiere drastisch verringert werden.
Ausserdem würden dadurch Flächen für den Wohnungsbau frei. «In den Niederlanden gibt es keine Zukunft für die intensive Tierhaltung», prognostizierte De Groot. Die Bauernverbände waren über diese Aussagen verärgert. Sie warfen D66 vor, mit falschen Zahlen für die Stickstoffbelastung zu argumentieren. Nur 20 Prozent des Stickstoffs, der in Naturschutzgebieten lande, stamme aus der Landwirtschaft. Der niederländische Bauernverband (LTO) stellte klar, dass die Agrarbranche bereits viel für die Verbesserung der Nachhaltigkeit getan hätte.