Die steigende Weltbevölkerung und das tendenziell knapper werdende Angebot an verfügbaren Ackerflächen machen eine Reduzierung des Fleischbrauchs zu Gunsten einer ressourcenschonenderen Landwirtschaft notwendig.
Industriestaaten wie Deutschland haben dabei wegen ihres hohen Bedarfs an importierten Futtermitteln eine besondere Verantwortung. Zu diesem Resultat kommt eine Studie zu den Themen Ernährung und Ressourcenverbrauch, die der World Wide Fund For Nature (WWF) vergangene Woche in Berlin vorgestellt hat. Wie die WWF-Referentin für Nachhaltige Landnutzung, Klimaschutz und Ernährung, Tanja Dräger de Teran, erklärte, hinterlassen die heutigen Ernährungsgewohnheiten und Produktionsbedingungen der westlichen Industriestaaten tiefe Spuren in der Natur.
So importiere Deutschland jährlich große Mengen an Soja für Futterzwecke, die in Herkunftsländern wie Brasilien oder Paraguay Flächen beanspruchten und dort die natürlichen Ressourcen angriffen. Auch in Deutschland führten diese Einfuhren zu Problemen wie Nährstoffüberschüssen in viehstarken Regionen und Artenverlust, warnte Dräger de Teran, die für einen ressourcenschonenderen Ansatz bei der Produktion und dem Verbrauch von Lebensmitteln und insbesondere für eine Senkung des Fleischverzehrs warb. Dieser Vorschlag stößt bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) auf Zustimmung. In einer Reaktion auf die WWF-Studie begrüßte die DGE die Offensive zum verringerten Fleischverzehr und sprach sich sowohl aus Gründen der Gesundheitsförderung als auch der Nachhaltigkeit für einen geringeren Verbrauch von Fleisch, Fleischwaren und Wurst aus.
Abwechslungsreiche Ernährung weiter möglich
Nach Angaben des WWF beansprucht jeder Deutsche für seine Ernährung jährlich durchschnittlich 1 562 m² Ackerfläche, wovon ein beachtlicher Teil im Ausland liegt und beispielsweise für den Anbau von Soja verwendet wird. Laut der neuen WWF-Studie „Das große Fressen“ wird sich die weltweit pro Person verfügbare Ackerfläche jedoch bis 2050 auf 1 166 m² pro Person und Jahr verringern. Wegen der höheren Flächeneffizienz plädieren die Autoren der Studie deshalb für eine stärkere Ausrichtung der menschlichen Ernährung auf pflanzliche Grundlagen und eine Reduzierung von tierischen Produkten auf dem Speisezettel.
Die in Abstimmung mit DGE-Ernährungswissenschaftlern vom WWF entwickelte Ernährungspyramide für ein Zukunftsszenario 2050 soll dabei eine abwechslungsreiche Ernährung mit den ökologischen Grenzen der Erde in Einklang bringen. Sie sieht für Deutschland unter anderem eine Halbierung des durchschnittlichen Fleischkonsums auf dann 350 g pro Woche vor. Im Ausgleich dafür plädiert der WWF für mehr Getreideprodukte, Nüsse und Gemüse, aber auch Leguminosen für eine ausreichende Eiweißversorgung.
Lust am Essen erhalten
Wie die Autoren der WWF-Studie einräumten, liegt der von ihnen empfohlene Fleischverzehr am unteren Rand der DGE-Empfehlungen. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wäre dies jedoch unproblematisch, hieß es in Berlin. Denn durch den hohen Anteil von Hülsenfrüchten und Getreide würden genügend Mineralstoffe wie Eisen und Zink aufgenommen. Bei Natrium und Cholesterin oder der Versorgung mit Ballaststoffen, Vitamin E und Vitamin B9 seien sogar positive gesundheitliche Effekte zu erwarten.
Dräger de Teran betonte in diesem Zusammenhang, man wolle den Menschen mit der fleischreduzierten Ernährungspyramide keinesfalls die Lust am Essen nehmen. Ziel sei vielmehr, einen Ansatz für eine gesunde, umwelt- und klimafreundliche Lebensweise zu finden. Zugleich müsse jeder satt werden und beim Essen auch Spaß haben. Was sich zunächst wie ein Widerspruch anhöre, gehe tatsächlich Hand in Hand, so die WWF-Expertin.
Pflanzliche Ernährung schützt das Klima
Laut DGE gibt es in der Klimabilanz pflanzlicher und tierischer Lebensmittel deutliche Unterschiede. So ließen sich nahezu 70 % der Treibhausgasemissionen aus der Ernährung auf tierische Lebensmittel zurückführen, auf pflanzliche Produkte dagegen nur etwa 30 %. Eine Ernährung mit mehr pflanzlichen Lebensmitteln würde daher dem Klimaschutz und der besseren Ausnutzung der landwirtschaftlichen Nutzfläche dienen, schlussfolgert die DGE. In deren Empfehlungen zur vollwertigen Ernährung stellen pflanzliche Lebensmittel die Basis dar. Die Bevorzugung von Gemüse und Obst sowie Getreideprodukten und Kartoffeln dient nach DGE-Angaben sowohl einer gesunderhaltenden als auch einer nachhaltigen Ernährung. Tierische Lebensmittel sollten nur in kleineren Portionen und möglichst fettarm den Speisenplan ergänzen.