Vor wenigen Wochen scheiterte die Hornkuh-Initiative vor dem Stimmvolk. Nationalrätin Irène Kälin (Grüne/AG) fordert mit einer Motion ein Enthornungsverbot für Ziegen. Der Ziegenzuchtverband gibt sich skeptisch.
Ende November scheiterte die Hornkuh-Initiative von Armin Capaul an der Urne. Diese verlangte kein Enthornungsverbot, sondern einen Beitrag für Kühe und Ziegen, die Hörner tragen. Die Initianten an, dass es pro Kuh mit Hörnern jährlich 190 Franken geben sollte, für eine Ziege 38 Franken. Knapp 55 Prozent stellten sich gegen die Initiative.
Mehr Verletzungen bei enthornten Tieren
Nun soll das Enthornen verboten werden – zumindest bei den Ziegen. Dies fordert eine Motion von Nationalrätin Irène Kälin. Die Islamwissenschaftlerin verlangt vom Bundesrat eine Änderung der zutreffenden Verordnung des Tierschutzgesetzes, schreibt die «Aargauer Zeitung» in ihrer Dienstagsausgabe. «Für mich ist es eine Frage der Würde eines Lebewesens, aber auch eine Frage des Anstandes», so Kälin.
Die Stiftung «Tier im Recht» sieht in der Enthornung eine krasse Verletzung der Grundsätze des Tierschutzgesetzes. Kälin sagt gegenüber der Zeitung, dass es mehr Unfälle mit enthornten als horntragenden Ziegen gäbe. Dies bestätigt Professorin Susanne Waiblinger von der Universität Wien: «Wenn Ziegen keine Hörner haben, gibt es mehr Verletzungen als bei behornten Ziegen – vor allem im Stirnbereich. Die Köpfe sind nicht dazu gemacht, häufig aufeinanderzuprallen.»
Hornlose Tiere oft unfruchtbar
Das Enthornen bei Ziegen ist gemäss der Wissenschaftlerin gefährlich. Der Schädel ist dünn, die Hornknospen im Verhältnis zum Kopf sehr gross. Beim Ausbrennen gerate man schnell auf den Knochen. Das könne tödlich enden, so Waiblinger. Für das Enthornen muss ein Kurs besucht werden. Laut einer Untersuchung der Universität Bern werden aber zwei Drittel der Ziegen nicht angemessen betäubt.
Wie bei den Rindern wird bei den Ziegen auch auf Hornlosigkeit gezüchtet. Doch das führt oft zu Unfruchtbarkeit, wie Anet Spengler-Neff vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) zur «Aargauer Zeitung» sagt. «Hornlos wird der Ziegennachwuchs, wenn er die Hornlos-Gene sowohl von Vater als auch Mutter bekommt», so Spengler-Neff. Aufgrund der Unfruchtbarkeit müsse man immer wieder behornte Tiere in solche Herden einkreuzen, macht sie deutlich.
Halter sollen selber entscheiden
Beim Schweizerischen Ziegenzuchtverband (SZZV) gibt man sich bezüglich der Motion Kälin zurückhaltend. «Die Sache ist komplex, und man kann sie nicht in wenigen Worten erklären», sagt SZZV-Präsident Stefan Geissmann. Es sei den Ziegenhaltern überlassen, ob sie ihre Tiere enthornen wollen oder nicht. Bezüglich der Betäubung beim Enthornen strebt der Verband Verbesserungen an. Geissmann hält aber fest, dass er noch nie von Todesfällen beim Enthornen gehört habe.