Aus einer Notsituation begann Caroline Gay selbst Raclette-Käse herzustellen. Kritik übt sie an der Vormachtstellung des Walliser Milchverbands (WMV) in der Sortenorganisation Raclette du Valais AOC.
Seit 20 Jahren stellt Caroline Gay Raclettekäse her. «Für uns wurde es vor allem im Winter notwendig», erklärt sie. Die Verbindungsstrasse vom abgelegenen Weiler Les Granges, wo Stéphane und Caroline Gay einen 50-Hektar-Betrieb mit Milchkühen bewirtschaften, bis zum Dorf Salvan ist oft nicht passierbar.
Sie will nicht andere konkurrenzieren
Auch die Strasse von Salvan hinunter nach Martigny ist häufig stark vereist, so dass die Bahn zwischen Martigny und Chamonix (F) zur einzigen Verbindung ins Tal wird. Trotzdem mussten sie bis anhin die Milch runter ins Tal fahren, damit sie von einem Lastwagen abgeholt werden konnte – oft war dieser jedoch nicht pünktlich am vereinbarten Ort.
So begann Caroline Gay zunächst während der Wintermonate, später auch im Sommer, die Milch selbst zu Käse zu verarbeiten. Heute produziert sie nicht nur klassischen Rohmilch-Raclettekäse, sondern auch Sorten mit Kräutern, dazu Joghurts und Weichkäse mit Weissschimmel. «Wir wollen nicht andere konkurrenzieren, und wollen etwas machen, das sonst niemand in der Region anbietet», so Gay. Ihre Kundschaft in Martigny und Umgebung beliefert sie meist selbst.
Gegen SOR und WMV
Gegen die Sortenorganisation Walliser Raclette AOC (SOR) hat sie sich jedoch mächtig ins Zeug gelegt, und erhob Einspruch gegen die vorgeschlagene Pflichtenheft-Revision. Es gehe nicht darum, irgendwelche Bauern anzuklagen, betont sie, fordert aber mehr Einfluss für private Käsereien. Ihr stösst sauer auf, dass der Walliser Milchverband (WMV) die Organisation beherrsche und kleinere Käsereien praktisch ausgeschlossen seien, aber gleichwohl ihre Beiträge bezahlen müssen.
«Der WMV hat nicht nur zu viel Macht, er hat sogar die ganze Macht», sagt sie, und verweist auf eine Liste mit den Vertretern von 20 Milchproduzenten, 20 Käsereien und 10 Affineuren, die als Delegierte der SOR gewählt wurden, von denen aber 45 mit dem WMV oder seinen Tochterunternehmen verbunden sind.
Private benachteiligt
Dies habe Konsequenzen auf den Verkauf. Wenn das Pflichtenheft etwa eine dreimonatige Affinage vorschreibe, könnten Alpen, welche nicht dem WMV angeschlossen sind, ihren Käse nicht mehr verkaufen. «Alpkäse wird aber oft bereits nach einer Reifung von zwei Monaten verkauft», so Gay. Zwar sieht das Pflichtenheft für Walliser Raclette AOC derzeit vor, dass Walliser Raclette Schnittkäse bereits nach zweimonatiger Reifung verkauft werden darf, Raclette aber erst nach drei Monaten. Doch für Gay ist klar, dass der WMV allen Käse übernehmen wolle, und spricht gar von einem unerlaubten Kartell.
Mit Bezugnahme auf das laufende Verfahren nehmen auf Anfrage weder die Sortenorganisation noch der Walliser Milchverband Stellung. Ein von Caroline Gay eingereichter Rekurs gegen die Revision des Pflichtenhefts liegt derzeit beim Bundesgericht.