Die ausgedehnte Milchmenge wird vor allem zu Pulver und Butter verarbeitet. Das führt zu Abgaben, Preisdruck und vernichtet den Bauern Wertschöpfung in Milliardenhöhe. Wie soll dem entgegengetreten werden?
Verfahren ist die Situation auf dem Milchmarkt. Darüber waren sich an der Svial-Milchtagung am Donnerstag in Olten alle Referenten einig. Verfahren ist sie insbesondere in der Branchen-organisation Milch (BOM) wie deren Präsident Markus Zemp schilderte. «Die einen Vorstandsmitglieder drohen mit dem Austritt, die anderen mit Klagen», klagte Zemp. Der Austritt der Schweizer Milchproduzenten (SMP) sei ein Hammerschlag für die BOM. Er zeigte sich aber trotzdem und trotz hängigen Klagen überzeugt, dass die BOM die Kurve kriegen werde.
SMP stellen Forderungen
Dass es langsam an der Zeit wäre, die Kurve zu kriegen, zeigte SMP-Präsident Peter Gfeller auf. Die Deregulierung des Milchmarktes habe eine Milliarde Franken gekostet. Geld, das die Bauernfamilien zwingend bräuchten. Gfeller zeigte sich überzeugt, dass die BOM mit ihren Aufgaben überfordert sei und dass sie zwingend reorganisiert werden müsse.
Er sagte auch gleich, was er unter Reorganisation versteht: «Sinnvoll wäre die BOM von einem Zwei- zu einem Dreifamilienmodell umzubauen.» Nämlich eine Familie für die Produzenten, eine für den Handel und eine für die Verarbeiter, den Detailhandel und die Fromarte zu schaffen. Dann wäre das Problem gelöst, dass Milchhändler als Produzentenvertreter im Vorstand Einsitz nehmen könnten. Zudem verlangte er, bei der Beschlussfassung von der Dreiviertel- zur Zweidrittelsmehrheit zu wechseln. Könne dann jede Familie noch selber ihre Vorstandsmitglieder nominieren, dann bestünde die Möglichkeit den SMP-Austritt rückgängig zu machen.
Werner, der Querdenker
Im Wissen, dass der Angriff in erster Linie ihm gilt, verteidigte sich Roland Werner, Präsident der Thurmilchring AG. Er sei zwar Präsident der Thurmilchring AG, produziere aber jährlich auch 350’000 Kilo Milch und sei deshalb ein würdiger Produzentenvertreter. Er bezeichnete sich als Querdenker und machte auch gleich klar, was ein Querdenker ist.
Ein Querdenker sei ein Unternehmer, der sich den Rahmenbedingungen, welchen auch immer, anpasse.
Die Feinde eines Querdenkers seien vor allem in der Hochleistungszucht anzusiedeln. Diese wollten den Milchmarkt abschotten, die Genetik und einen grossen Teil des Kraftfutters wollten sie aber auf dem internationalen Markt beschaffen. Werner wies zudem darauf hin, dass fast jeder zweite Milchbauer weniger als 100000 Kilo Milch abliefert und dass deren Milch von grossen Kollegen billiger produziert werden könnte.
Auch sei die Milchpreissituation nicht so schlecht. So belaufe er sich aktuell auf 75 Rp. je Kilo – Kuhprämie und wegfallende Kosten für Kontingentkauf oder -miete miteingerechnet, versteht sich.
Milch findet keinen Platz
Die wirklichen Probleme des Milchmarktes liegen aber in der Überproduktion und darin, dass die ausgedehnte Milchmenge nicht am Markt platziert werden kann. Emmi-Mann und Präsident der Milchindustrie Markus Willimann zeigte anhand einer Grafik, dass die seit 2006 ausgedehnte Milchmenge fast ausschliesslich zu Milchpulver und Butter verarbeitet werden und daher grossmehrheitlich auf dem Weltmarkt entsorgt werden müsse.
Es wäre also wohl an der Zeit, von den Diskussionen über die Höhe und die Verteilung von Abgaben wegzukommen und über die Mengen zu diskutieren. Wie bringen wir die Mengen runter? Wo können wir neue Wertschöpfungsmärkte erobern? Für die meisten Redner war klar: Es führt nichts an der Segmentierung vorbei. Willimann aber brachte es auf den Punkt: «Umso näher der C-Preis am B-Preis ist, desto weniger regulierend wirkt das System.» Doch die aktuell durchgeführte Marktentlastung zielt genau auf die Anhebung des C-Preises ab. Will man also die Menge nicht in den Griff kriegen?
Misch- statt C-Preis
Cremo-Generalsekretär Michel Pellaux meinte dazu nur, dass die Cremo es ihren Produzenten überlassen habe, die C-Milch zu liefern oder nicht. Ihre Produzenten hätten die Milch trotz des tiefen Preises grossmehrheitlich eingeliefert. Daraufhin hätten sich seine Direktlieferanten dafür entschieden, die C-Milch nicht mehr separat abzurechnen und einen Mischpreis einzuführen.
Pellaux betonte zudem, dass die Cremo aus der Not eine Tugend gemacht habe und für Butter neue, wertschöpfungsstärkere Märkte gesucht und gefunden habe. So könne sie jetzt auch für C-Milch mehr bezahlen.