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Zu wenig Milch - Preis steigt aber nur marginal

Milch ist in den letzten Jahren zu einem Synonym für Überproduktion geworden – dabei herrscht seit einigen Wochen Milchmangel. Auf den Milchpreis hat das aber kaum eine Auswirkung.

Eveline Dudda |

 

 

Milch ist in den letzten Jahren zu einem Synonym für Überproduktion geworden – dabei herrscht seit einigen Wochen Milchmangel. Auf den Milchpreis hat das aber kaum eine Auswirkung.

Als im Jahr 2007 weltweit drei bis vier Millionen Tonnen Milch weniger in den Handel gelangten, spielten die Märkte verrückt. Obwohl das Manko nicht einmal ein Prozent des weltweiten Handelsvolumens an Milch betrug, stieg der Weltmarktpreis innert Kürze um mehr als 100 Prozent.

Beim Rohstoff Milch herrscht Mangelsituation

Denn der Grat zwischen Unter- und Überversorgung mit Milch ist schmal, entsprechend hoch fallen die Pendelbewegungen aus. Jedenfalls weltweit. Nur in der Schweiz sieht es offenbar anders aus. Aktuell werden drei bis fünf Prozent weniger Milch angeliefert als letztes Jahr. Milch ist derzeit gesucht, wie schon seit Jahren nicht mehr. Daniel Gerber, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch (BOM), bestätigt: "Beim Rohstoff Milch besteht zur Zeit eine Mangelsituation."

Der Nordostmilch werden derzeit fünf Prozent weniger Milch angeliefert, bei den Zentralschweizer Milchproduzenten ZMP fehlen im laufenden Monat immer noch zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr und die MIBA hat mindestens sechs Prozent Defizit gegenüber dem Vorjahresmonat – im Oktober waren es noch weniger. In einem Teilgebiet der MIBA ist die Milchmenge sogar um 20 Prozent eingebrochen, wie Geschäftsführer Christophe Eggenschwiler berichtet.

Milchpreis steigt nur schwach

Trotz der aktuellen Milchknappheit besteht für die Milchbauern wenig Grund zu Freude. Der Milchpreis ist nur um ein bis maximal drei Rappen gestiegen – und startete bei einem Tiefstpreisniveau von 55 bis 58 Rappen pro Kilo Milch.

Die Milchverarbeiter bemühen sich den Milchmangel kleinzureden. "Es gibt keinen Mangel, nur eine Flaute", heisst es bei Cremo. "Wir konnten bis jetzt alle Lieferverträge einhalten", meldet Hochdorf. Emmi gibt zwar zu, dass sie Milch zukaufen muss, betont aber gleichzeitig, dass sie derzeit weniger Regulierprodukte wie Butter herstelle. Die Mediensprecher von Coop wollen nichts von einem Milchmangel wissen, während der Schweizerische Bauernverband zeitgleich eine Medienmitteilung verschickt, dass Coop zusammen mit dem Bauernverband eine Richtpreiserhöhung bei der Milch aufgrund der tieferen Milcheinlieferungen für angebracht hält.

Während Brancheninsider berichten, dass die milchverarbeitende Migrostochter ELSA überall Milch zusammenkauft, heisst es bei der Migros Medienstelle lapidar: Man spüre keinen Mangel. Ein Produktionstief im Herbst sei normal.

Milchschwankungen sind normal, Extreme nicht

Ganz "normal" ist das aktuelle Milchloch allerdings nicht. Auch wenn zutrifft, dass die Milchmenge im Jahresverlauf stets schwankt. Im Frühjahr, wenn das Gras auf den Weiden saftig ist, gibt es naturgemäss am meisten Milch. Im Sommer nimmt die Milch ab, weil die Kühe entweder auf der Alp mehr Energie in Bewegung als in Milch umsetzen oder im Tal in der Hitze schmoren. Nach einem saisonalen Tief Ende Sommer steigt die Milchmenge in der Adventszeit langsam wieder an.

Dieses Jahr waren sowohl das Hoch im Frühling, als auch das Tief im Herbst extrem ausgeprägt. Letzteres hat mehrere Gründe. BOM-Präsident Markus Zemp zählte neulich an der Delegiertenversammlung der Branchenorganisation die wichtigsten auf: "Der heisse Sommer setzte den Kühen zu, das Futter hat eine deutlich schlechtere Qualität als im Vorjahr, der stark gestiegene Preis für Kraftfutter führt eher zu einer extensiveren Fütterung, der Milchkuhbestand ist gesunken und die tiefen Milchpreise waren wohl auch nicht motivierend, um die Milchproduktion zu steigern."

Einige Bauern müssen C-Milch liefern

Daran wird sich in nächster Zeit nicht viel ändern: Die schlechte Futterqualität ist bis nächsten Frühling konserviert, die Kraftfutterpreise bleiben hoch und die Motivation der Bauern, ihre Lieferverträge zu erfüllen, bleibt bei diesen Milchpreisen weiterhin tief. Das gilt vor allem für jene Bauern, die selbst in Milchmangelzeiten noch C-Milch für die Entsorgung auf dem Weltmarkt liefern müssen. Das gibt es tatsächlich, wie Daniel Gerber weiss: "Ich habe Kenntnis von Milchkaufverträgen, die im Jahresverlauf C-Mengen vorsehen und die Lieferanten verpflichten, auch in der aktuellen Situation C-Mengen abzuliefern." Dieser C-Milch-Preis, der die "Entsorgung" von Schweizer Qualitätsmilch auf dem Weltmarkt erlaubt, liegt je nach Organisation bei 20 bis 30 Rappen pro Kilo – und damit meilenweit von einem kostendeckenden Preis entfernt.

C-Milch und Konventionalstrafen

"Das Fatale ist, dass die Segmentierung oft prozentual zur eingelieferten Menge erfolgt und nicht in fixen Monatsmengen für A- und B-Milch", sagt Christoph Grosjean-Sommer von den Schweizer Milchproduzenten (SMP), "dabei ist die monatliche Nachfrage nach A- und B-Milch praktisch konstant." Mengenschwankungen im Jahresverlauf sollten demzufolge nur über C-Milch abgefangen werden.

Dass viele Verarbeiter lieber regelmässig C-Milch einkaufen, lässt vermuten, dass in den letzten Jahren neue Märkte für billige Milchprodukte erschlossen wurden, die weiterhin bedient sein wollen. Auch dass die Milchkaufvertragsmengen – welche seit drei Jahren vom Bundesamt für Landwirtschaft kontrolliert werden – stets mehr Milch vorsahen, als die Bauern überhaupt liefern konnten, deutet darauf hin, dass auf Seite der Verarbeiter ein veritables Interesse daran besteht mehr Milch einzukaufen – wenn auch nur zu tiefen Preisen.

Während in der Öffentlichkeit stets die Milchüberproduktion beklagt wird, sichern sich Handel und Verarbeitung hinter den Kulissen gegen Milchmangel ab. Längerfristige Milchkaufverträge sehen in aller Regel happige Strafabzüge vor, falls die vertraglich vereinbarte Liefermenge deutlich unterschritten wird. Dieser Abzug kann, je nach Vertrag, 10, 15 oder bis zu 20 Rappen pro Kilo Unterlieferung ausmachen.

Diese Art Konventionalstrafe bekam diesen Sommer vor allem die MIBA zu spüren. Bei dieser ging die Milchmenge seit Sommer nicht nur – wie im schweizweiten Durchschnitt – um bis zu fünf Prozent zurück, sondern um sechs Prozent und mehr, was happige Strafabgaben nach sich zog. Die MIBA-Lieferanten hatten deshalb auch im Oktober nur einen Milchgrundpreis von gerade mal 53 Rappen pro Kilo Milch – obwohl Milch so gesucht war, wie schon lange nicht mehr.

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