Die Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld feiern das 100-jährige Bestehen. Die Zukunft vom Schweizer Zuckermarkt hängt inzwischen stark von der EU-Zuckermarktordnung ab. Diese soll 2015 weiter liberalisiert werden.
Der Start der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Zuckerfabrik in Aarberg wurde am Donnerstag mit dem Tag für die Rübenpflanzer eröffnet. Am Freitag wurden Gäste aus Wirtschaft und Politik eingeladen, und an diesem Wochenende waren die Türen der Zuckerrübenfabrik für alle offen.
Gründung 1912
Die erste Fabrik wurde 1899 in Aarberg BE gegründet. Weil die Fabrik zu wenige Rüben erhielt, ging sie aber schon einige Jahre später wieder Konkurs. Die eigentliche Geburtsstunde der Zuckerrübenfabrik und der Raffinerie in Aarberg geht auf das Jahr 1912 zurück.
1997 haben die beiden Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld fusioniert und heissen seither ZAF. Dass die Fabriken zu wenige Rüben erhalten wie 1899 ist kein Thema mehr. Rund 6’000 Produzenten haben ein Kontingent und liefern jährlich 1,6 Mio. Tonnen Rüben. Daraus werden rund 260’000 t Zucker produziert. «Schweizer Zucker ist wichtig und trägt auch zur Versorgungssicherheit der Schweiz bei», erklärt Guido Stäger, Direktor der Zuckerrübenfabrik Aarberg.
Reform von 2006
Ob das auch in Zukunft so bleibt, hängt nicht zuletzt von der Zuckermarktordnung der EU ab. 2006 wurde der Zuckermarkt in der EU letztmals einer grossen Reform unterzogen und vereinheitlicht. «Dies führte dazu, dass sich die EU vom weltweit grössten Zuckerexporteur zum -importeur wandelte», erklärte Elisabeth Lacoste, Generalsekretärin des Verbandes europäischer Zuckerrübenanbauer (CIBE), an der Rübenpflanzertagung.
EU: Rübenfläche sank massiv
Die EU darf seit 2006 nur noch 1,4 Mio. Tonnen Zucker exportieren, vorher waren es zum Teil weit über 5 Mio. Tonnen. Diese Reform führte zu einem dramatischen Rückgang von rund 138’000 EU-Rübenpflanzern. In fünf EU-Ländern wurde die Rübenproduktion gar ganz aufgegeben, und die Fläche in der EU27 sank von 2,2 Mio. Hektaren auf noch gut 1,4 Mio. Hektaren.
Die Reform habe aber auch dazu beigetragen, dass der Rüben- und Zuckerertrag um 20 Prozent gesteigert werden konnte. Unter anderem auch, weil sich die Produktion nur noch auf die besten Anbaugebiete beschränkt. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern schneidet die Schweiz bezüglich des Zuckerertrags in der EU zusammen mit Frankreich am besten ab.
Die EU-Zuckermarktordnung wirkt sich praktisch 1:1 auf den Schweizer Zuckermarkt aus. Weil zwischen der EU und der Schweiz faktisch ein Freihandelsabkommen besteht, ist es auch für die Schweiz sehr wichtig, wie die EU-Zuckermarktordnung weiterentwickelt wird.
Quote ab 2016 in Gefahr
Der Vorschlag der EU-Kommission enthält für die Rübenpflanzer gefährliche Punkte. So soll die Zuckerquote Ende September 2015 abgeschafft und kollektive Preisverhandlungen zwischen den Rübenproduzenten und den Zuckerfabriken verboten werden, erklärte Lacoste weiter.
Auch Mindestpreise für Zuckerrüben sollen, gemäss dem EU-Kommissionsvorschlag, nicht mehr erlaubt sein. Soweit dürfe es aber auf keinen Fall kommen, betonte Lacoste. Dieser Vorschlag führe dazu, dass die Preisvolatilität zunehme, die Vertragswerke zwischen den Rübenproduzenten und der Industrie würden zerstört und der ganze Zuckermarkt massiv destabilisiert.
Wichtige Mengensteuerung
Samuel Kaiser, Präsident der Schweizer Zuckerrübenproduzenten, warnte eindringlich davor, die Zuckerquote (Kontingent) abzuschaffen. Man sehe auf dem Milchmarkt, was für ein Chaos es gebe, wenn die Menge nicht mehr gesteuert werden könne. Wenn sich der Staat von dieser Aufgabe zurückziehe, brauche es eine verbindliche privatrechtliche Mengensteuerung.
«Es braucht weiterhin auch nach dem September 2015 eine starke Produzentenorganisation. Wir hoffen, dass uns das Bundesamt für Landwirtschaft unterstützt und keine Steine in den Weg legt», betont Kaiser weiter.
Preisvolatilität steigt
Pierre-André Burnier, Vizepräsident der Westschweizer Vereinigung der Zuckerrübenpflanzer, warnte vor der vorgeschlagenen EU-Zuckermarkt- Liberalisierung. Dies führe bloss zu einer unkontrollierten Rübenmenge, welche sich auf den Preis niederschlage. Der EU-Preis schlage voll auf den Schweizer Preis durch.
Trotz des unakzeptablen Vorschlags zur weiteren EU-Zuckermarktreform gab sich Lacoste zuversichtlich für die weitere Zukunft der Branche. Das Ziel von CIBE sei es, bis 2020 die Zuckerquote und den Mindestpreis zu halten.