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Zuwanderung: Eine erneute Abstimmung ist wahrscheinlich

Kürzlich sorgte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mit der Aussage für Wirbel, es brauche eine neue Zuwanderungs-Abstimmung. Das ist weniger brisant, als es zunächst tönt. Denn so, wie der Bundesrat die Masseneinwanderungs-Initiative umsetzen will, führt kaum ein Weg daran vorbei - selbst im Fall einer Kündigung.

 

 

Kürzlich sorgte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mit der Aussage für Wirbel, es brauche eine neue Zuwanderungs-Abstimmung. Das ist weniger brisant, als es zunächst tönt. Denn so, wie der Bundesrat die Masseneinwanderungs-Initiative umsetzen will, führt kaum ein Weg daran vorbei - selbst im Fall einer Kündigung.

Dazu hat der Bundesrat am Mittwoch eine wichtige Weiche gestellt: Die neuen Zulassungsbestimmungen sollen nur für Angehörige von Drittstaaten gelten, die Zulassung von EU-Bürgern würde weiterhin im Freizügigkeitsabkommen geregelt. Damit schliesst der Bundesrat aus, dass die Schweiz ihre vertraglichen Verpflichtungen verletzt, so lange das Abkommen in Kraft ist.

Bundesrat im Zugszwang

Dieses Vorgehen hat er zwar schon im Abstimmungskampf angekündigt. Die Folge davon ist aber, dass Brüssel zuwarten kann, wie sich die Schweiz entscheidet. Der Bundesrat hingegen ist im Zugzwang. Gelingt es nicht, das Freizügigkeitsabkommen bis im Februar 2017 neu auszuhandeln, muss er dieses kündigen. Auch wenn er den bilateralen Weg um jeden Preis retten will: Daran hat er in der Botschaft zur Initiative keine Zweifel gelassen.

Darüber, ob gegen eine Kündigung des Freizügigkeitsabkommens das Referendum ergriffen werden könnte, gehen die Meinungen auseinander. Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung könnten es Bundesrat und Parlament ohnehin für opportun halten, diesen Entscheid dem Volk vorzulegen. Aber auch Juristen sind zunehmend der Auffassung, dass mindestens das Parlament einbezogen werden sollte.

Sache des Bundesrat

Grundsätzlich weist die Verfassung dem Bundesrat die Kompetenz zur Auflösung völkerrechtlicher Verträge zu. Das halten das Bundesamt für Justiz und die Direktion für Völkerrecht in einem gemeinsamen Gutachten von 2006 fest. Dies schliesse die Genehmigung durch das Parlament, ja selbst die Unterstellung unter ein Referendum nicht aus.

Gemäss dem Gutachten kommt ein solches Verfahren für die Vertragsauflösung aber nur dann in Betracht, wenn dieses beim Vertragsschluss vorgesehen war «oder wenn es sich um ganz wichtige Verträge handelt», wie es in dem Gutachten heisst. Als Beispiel wird die Kündigung der Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) oder der Rückzug von der WTO genannt.

Umstrittene Frage

Unter Juristen ist die Frage umstritten. Ein Teil von ihnen vertritt weiterhin die Auffassung, dass gemäss Verfassung allein der Bundesrat für die Kündigung zuständig ist. Angesichts der völkerrechtlichen Einbindung der Schweiz, der wachsenden Bedeutung der Verträge und der Stärkung der Rechte von Volk und Parlament wird diese traditionelle Auffassung aber zunehmend in Zweifel gezogen.

«Ich bin der Meinung, dass es für die Aufhebung einen referendumspflichtigen Bundesbeschluss braucht», sagte etwa der emeritierte Staatsrechtler Rainer J. Schweizer der Nachrichtenagentur sda. Er schliesst das einerseits aus den Mitwirkungsrechten des Parlaments in der Aussenpolitik und dessen Zuständigkeit für die Genehmigung wichtiger Verträge. Andererseits gebietet nach Ansicht von Schweizer die Bedeutung des Freizügigkeitsabkommens, dass nicht allein der Bundesrat über eine Kündigung entscheidet. Der Vertrag sei so wichtig, dass er den Rang von Verfassungsrecht habe, sagte Schweizer.

Ruf nach demokratischer Legitimation

Er ist mit dieser Auffassung nicht allein, wie ein Blick in die Literatur zeigt. Auch für den St. Galler Verwaltungsrechtler Benjamin Schindler braucht es für eine derart weit reichende Kündigung eine «stärkere demokratische Legitimation», wie er auf Anfrage schreibt.

Seiner Meinung nach widerspricht es dem Grundsatz der Parallelität der Formen, dass der Abschluss eines Vertrages in der Kompetenz des Parlaments liegt, die Kündigung hingegen nicht. «Auch die Aufhebung eines Gesetzes muss im Gesetzgebungsverfahren erfolgen und kann nicht durch bundesrätliche Verordnung geschehen», schreibt Schindler. Es sei auch kaum vorstellbar, dass der Bundesrat einklagbare Rechte, die das Freizügigkeitsabkommen einräume, mit einem Federstrich beseitigen könne.

Frage bleibt noch lange offen

Wenn der Bundesrat überhaupt eine Kündigung in Betracht zieht, stellt sich die Frage eines Referendums erst in zwei Jahren. Im Bundeshaus will man dazu jedenfalls noch nicht Stellung nehmen. Falls sich die Frage stelle, werde sie zu gegebener Zeit unter Berücksichtigung der konkreten Umstände beantwortet, heisst es in der Verwaltung auf Anfrage.

Andere Umsetzungs-Schritte hingegen führen zwingend zu einer Abstimmung oder unterliegen mindestens dem fakultativen Referendum. Die Initiative «Raus aus der Sackgasse!» muss dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden, wenn sie zu Stande kommt. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen des Ausländergesetzes würden dem fakultativen Referendum unterliegen, ebenso das ungelöste Problem der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien.

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