Die Schweizerische Vogelwarte darf im Kanton Wallis zwei Gebäude kaufen, in denen Zwergohreulen hausen. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) abgewiesen. Das EJPD hatte das Recht der Stiftung auf den Erwerb von Gebäuden in der Landwirtschaftszone in Frage gestellt.
Die Schweizerische Vogelwarte erwarb 2017 18 Parzellen mit einer Gesamtfläche von 21’000 Quadratmetern. Ein grosser Anteil war als landwirtschaftliche Nutzfläche eingestuft. Die Grundstücke gehörten einem bankrotten Unternehmen, das ursprünglich einen Golfplatz darauf betreiben wollte.
Biotop für Zwergohreulen
Auf der Fläche befinden sich auch zwei Gebäude, für deren Kauf die Vogelwarte eine kantonale Genehmigung benötigte. Die Stiftung begründete ihr Interesse an den Bauten mit dem Vorkommen von Zwergohreulen und der Notwendigkeit, deren Biotop zu erhalten.
Der Walliser Staatsrat legte sein Veto gegen das Kauf-Projekt ein. Er begründete es damit, dass die Vogelwarte die landwirtschaftlichen Flächen nicht bewirtschaften werde. Zudem seien die Parzellen nicht von schützenswertem Interesse und nicht im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) aufgeführt. Diese Entscheidung wurde vom Kantonsgericht aufgehoben und der Kauf bewilligt.
Das EJPD zog das Urteil ans Bundesgericht weiter. Als Aufsichtsorgan von gemeinnützigen Stiftungen wie der Vogelwarte ist sie dazu berechtigt.
Ausnahmen im bäuerlichen Bodenrecht
Das EJPD rügte, der Schutz der Zwergohreule und ihres Biotops würden nicht unter die Ausnahmebestimmung des bäuerlichen Bodenrechts fallen. Diese Bestimmung lässt den Kauf von Landwirtschaftsflächen trotz fehlender Selbstbewirtschaftung zu, wenn dadurch ein Objekt des Naturschutzes erhalten werden soll.
Das Bundesgericht hält in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil fest, dass die Ausnahmebestimmung sehr vage formuliert sei. Grundsätzlich werde mit dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht der langfristige Erhalt von Landwirtschaftsbetrieben und deren Bewirtschaftung bezweckt. Der Gesetzgeber habe jedoch Ausnahmen von der Selbstbewirtschaftung vorgesehen – unter anderem zum Schutz der Natur.
Schutz und Bewirtschaftung
Im konkreten Fall geht das Bundesgericht davon aus, dass die landwirtschaftliche Nutzung der Parzellen mit den Gebäuden und der Schutz der Zwergohreule miteinander vereinbar sind, wenn gewisse Regeln beachtet werden. Die restlichen von der Vogelwarte gekauften Grundstücke wurden laut Urteil Betrieben anvertraut. Diese bewahren deren landwirtschaftlichen Charakter, während sie vom Vorbesitzer für einen Golfplatz genutzt werden sollten.
Die Bundesrichter befassten sich auch mit der Frage, ob der im Gesetz verwendete Begriff «Objekt des Naturschutzes» auf Tiere angewendet werden kann. Sie bejahten die Frage, da deren Schutz untrennbar mit der Umwelt, in der sie leben, verbunden ist. In diesem Fall nistet und jagt die Eule im fraglichen Gebiet, weil dieses Biotop ihren Bedürfnissen entspricht.
Die Zwergohreule ist auf der roten Liste und gilt als stark gefährdet. Laut einer Publikation des Bundesamt für Umwelt (Bafu) aus dem Jahr 2010 laufen Förderungsprojekte für diese Eule. Ihre Bestände sind aber nach wie vor extrem klein und zersplittert.
Urteil 2C_1069/2020 vom 27.10.2021