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Zwischen Beton und Baustellen

 

In Dübendorf sind Gewächshäuser und Gemüsefelder, Möbelhäusern und Wohnblocks gewichen.

 

Es ist ein leicht surrealer Ort für den Anbau von Gemüse: Zwischen neuzeitlichen Wohnblocks, Grossbaustellen und einem Möbelhaus wirken die Gewächshäuser irgendwie fehl am Platz. Über Jahrzehnte waren die Betriebsgebäude und Treibhäuser der Beerstecher AG im Dübendorfer Hochbord-Gebiet die einzige Infrastruktur auf wortwörtlich «weiter Flur». «Zur Schule ging ich immer in Gummistiefeln», erzählt Thomas Beerstecher. «Rund um das Wohnhaus und den Betrieb gab es nur Äcker und Feldwege.»

 

Alles begann 1914

 

Das Land bei Dübendorf hatte sein Grossvater in den 40er-Jahren gekauft. Seine Urgrosseltern Jakob und Berta Beerstecher-Merki hatten 1914 in Albisrieden bei Zürich 1 Hektar Land gepachtet und angefangen, Gemüse anzubauen. Die Kohlköpfe und Karotten brachten sie mit einem Karren, der von einem Hund gezogen wurde, zu den Märkten in Zürich.

 

Doch das Bauerndorf Albisrieden wurde 1934 ein Stadtteil von Zürich. Durch das Betriebsareal der Beerstechers sollte eine Strasse gebaut werden. Die Familie sah sich gezwungen, anderswo Land zu suchen. Beim damaligen kleinen Bauerndorf Dübendorf konnte der Grossvater drei Hektar Land erwerben und ein neues Betriebsgebäude, ein Wohnhaus und Zimmer für die Angestellten bauen. Ein Teil des Landes bestand aus Feuchtwiesen und Ried, das zuerst drainiert werden musste. «Das Land wollte damals niemand», sagt Thomas Beerstecher.

 

 

Ein grosser Schub

 

In den 80er-Jahren wuchs Dübendorf zur Stadt heran, das Hochbord wurde zum Entwicklungsgebiet. Industriebetriebe und Möbelmärkte siedelten sich an. Der grosse Schub kam dann mit der Aufzonung des an Zürich grenzenden westlichen Hochbord-Gebiets zwischen 1995 und 1999. Die Dübendorfer Stadtentwickler setzten jetzt vor allem auf den Wohnungsbau.

 

Im Jahr 2000 wurde der Bahnhof Stettbach auf der Grenze zwischen Zürich und Dübendorf zum Verkehrsknotenpunkt. Rund um das Beerstecher-Betriebsgelände wird seitdem ohne Unterlass gebaut. Ein paar Meter weiter ist zwischen Baustellen, Jabee-Tower und neuen Wohnblocks 2016 auch das französische Gymnasium eingezogen. Der 130 Hektaren grosse Betrieb hat heute nur noch drei Hektaren im Hochbord selbst.

 

Der Betrieb

 

Die Beerstecher AG Gemüsekulturen mit 130 Hektaren Anbaufläche und 175 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der Hochsaison gehört zu den grossen Schweizer Gemüseproduzenten. Auf insgesamt 5,5 Hektaren wachsen Beeren und Gemüse im Gewächshaus. Angebaut werden rund um den Greifensee neben Erdbeeren, Stachelbeeren und Heidelbeeren alle Arten von Gemüse und Salat. Dabei setzt Beer-
stecher wo immer möglich auf biologische Schädlingsbekämpfung und versucht, weitgehend ohne Pflanzenschutzmittel zu arbeiten. Auf eine Bio-Zertifizierung hat die Beerstecher AG bisher verzichtet. am

 


«Viele denken, wir seien durch den Verkauf unserer Parzellen im Hochbord reich geworden», amüsiert sich Beerstecher. Tatsächlich hatte er den Grossteil der Äcker im Aufzonungsgebiet nur gepachtet. Ein Teil davon gehörte dem Grossonkel, der wie sein Grossvater in den 50er-Jahren mit dem Gemüseanbau sein Geld verdiente. Dessen Kinder gingen andere Wege, wechselten in die Immobilienbranche und wohnen heute in den obersten Wohnungen im JaBee-Tower. Der Name des weithin sichtbaren Rundturms mit dem abgeschrägten Dach ist eine Reverenz an den Betriebsgründer Jakob Beerstecher.

 

CO2-neutrales Gemüse

 

Dem Zweig der Beerstecher-Linie, der dem Gemüseanbau treu blieb, sah sich wie schon der Urgrossvater nach neuen Betriebsflächen um. Die Produktionsflächen liegen heute rund um den Greifensee und im Zürcher Oberland. In Hinwil baute die Familie 2014 auch neue Gewächshäuser. Die (Ab-)Wärme dafür liefert die Kehrichtverwertungsanlage des Zweckverbands Zürcher Oberland. «Mit dem CO2-neutral produzierten Gemüse können wir dem Wunsch von Grossverteilern und Konsumentinnen nach einer klimaschonenden Produktion nachkommen», so Beerstecher.

 

In Hermikon im Osten von Dübendorf konnte die Familie 2004 den Maihof samt Betriebsgebäuden und 15 Hektaren Land übernehmen. Dort befinden sich heute auch der Hofladen und eine neue Maschinenhalle. Um die weitere Entwicklung des Betriebs und um seine Nachfolge macht sich der 57-jährige Betriebsleiter keine Sorgen: Beer-stechers Sohn Stefan hat vor vier Jahren die Lehre zum Gemüsegärtner abgeschlossen und arbeitet bereits seit einigen Jahren in leitenden Positionen im Betrieb.

Kommentare (1)

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  • Urs Heinz Aerni | 09.01.2023
    Danke für den Beitrag. Auch als Nichtbauer lese ich die Zeitung regelmäßig und Ihr macht einen guten Job. In Anbetracht der immensen Verantwortung der Landwirtschaft zwischen Produktion und Artensterben, zwischen Versorgung und Klimawandel nötigt mir der Alltag der Landwirtschaftsbetriebe einen großen Respekte ab. In der Zuversicht, dass auch in Sachen Umwelt, Versorgung und finanziellen Herausforderungen Fortschritte erzielt werden können, sei hier allen ein erfolgreiches 2023 gewünscht.

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