Im vergangenen Jahr hat der Schweizer Ableger des deutschen Discounters das Programm «retour aux sources» lanciert. Die Marke, die über strengere Richtlinien als die Knospe verfügt, läuft offenbar rund. Aldi Suisse will das Sortiment erweitern und sucht neue Produzenten.
Vor rund einem Jahr wurde «retour aux sources» lanciert. Die Marke startete mit 24 Produkten. Darunter waren 16 Molkereiprodukte wie Milch, Joghurt, Mozzarella und Butter, 6 Bio-Weiderind-Artikel sowie zwei Bio-Eier-Artikel. Bei der Lancierung waren 30 Milchbetriebe sowie 150 Betriebe, die schon bisher Weidetier-Programm für Aldi Suisse produzierten, mit an Bord.
Welche Anforderungen erfüllen «Retour aux Sources»-Produkte? Was ist der «Prüf Nach!»-Standard?
«Retour aux Sources»-Produkte stammen von Betrieben, die nicht nur die Richtlinien von Bio Suisse erfüllen, die als Ausgangsbasis dienen, sondern auch den weitergehenden «Prüf Nach!»-Standard, der Nachhaltigkeitsrichtlinien für die Landwirtschaft und Verarbeitung vorschreibt. Die Einhaltung der Richtlinien wird jährlich von unabhängigen Kontrollstellen wie bio.inspecta erhoben. Alle Betriebe, die Rohstoffe für die Marke liefern, durchlaufen ausserdem jedes Jahr einen wissenschaftlichen Nachhaltigkeits-Check, der vom Schweizer Institut für Agrarökologie durchgeführt wird.
Von 180 auf 370 Produzenten
Zum einjährigen Jubiläum zieht Aldi Bilanz. Und der Discounter zeigt sich erfreut. Er spricht von einer Erfolgsgeschichte. Seit dem Verkaufsstart ist das «retour aux sources»-Sortiment um fast 40 Prozent gewachsen – von 24 Produkten auf 34. Die drei Verkaufsschlager: Freilandeier, Vollmilch und Äpfel. «Trotz der allgemein rückläufigen Entwicklung am Schweizer Bio-Markt ist unser Umsatz mit Schweizer Bio-Produkten im vergangenen Jahr gewachsen», sagt Jérôme Meyer, Chef von Aldi Suisse.
Die Anzahl Landwirtschaftsbetriebe, die ins Programm liefern, ist auf 370 gestiegen. «Unsere Marke erfüllt einerseits ein grosses Kundenbedürfnis nach hochwertigen Bio-Lebensmitteln zu fairen Preisen. Andererseits bietet die Marke vielen Landwirtinnen und Landwirten die Möglichkeit, als Bio-Pioniere unsere einheimische Landwirtschaft voranzubringen», führt Meyer aus. Zu Bedenken gilt es: Das Bio-Sortiment von Coop und Migros ist bedeutend grösser.
Neu Brot und Obst
Was heisst das für den Produzenten? Biolandwirt Hans Braun aus Rothrist AG sagte bei der Lancierung vor einem Jahr, dass er von Aldi Suisse 10 Rappen mehr pro Kilo Milch für die antibiotikafreie Milchviehhaltung erhält. «Gemeinsam bringen wir die Schweizer Bio-Landwirtschaft voran – die Partnerschaft auf Augenhöhe schätze ich sehr», sagt Braun ein Jahr später
Kein Antibiotika auf den Betrieben
Wird in der Schweiz eine Milchkuh mit Antibiotika behandelt, darf ihre Milch nicht in den Verkehr gelangen – egal unter welchem Label und in welcher Haltungsform. Es gelangt also keine antibiotikahaltige Milch in den Handel. Das Label von Aldi Suisse unterscheidet sich dahingehend, dass auf dem Milchbetrieb jeweils gar keine Antibiotika eingesetzt werden, also auch keine sogenannte Sperrmilch produziert wird.
Aldi will das Programm aufgrund des guten Absatzes weiter ausbauen. So werden «retour aux sources»-Brote ins Sortiment aufgenommen. Zudem kommen neue Geflügelprodukte aus dem Fleisch von Bruderhähnen ins Regal. Bei «retour aux sources» wird die Eierproduktion auf dieses System umgestellt. Im Verlauf von 2023 sind ausserdem neue Produkte im Bereich Obst und Gemüse vorgesehen.
Was ist «retour aux sources»
Bei der Marke handelt es sich gemäss Aldi derzeit um den höchsten Bio-Standard auf dem Schweizer Markt. Die Marke nimmt die Knopse-Richtlinien als Basis, geht aber in mehreren Aspekten deutlich über die bestehenden Anforderungen hinaus. Zum Beispiel in folgenden Bereichen:
Milchkühe
- Alle Milchbetriebe produzieren nach NOP-anerkannten Richtlinien der antibiotikafreien Tierhaltung. Es werden grundsätzlich keine Antibiotika verabreicht. Ist der Einsatz von Antibiotika unumgänglich um Tierleid zu vermeiden, fliesst die Milch des Tieres nicht länger in das Projekt.
- Neben Weide- und Wiesenfutter dürfen maximal 10 Prozent des Futters aus Nebenprodukten vom eigenen Hof bestehen: beispielsweise Kartoffelreste, Apfeltrester, ganze Maispflanzen oder Pflanzen, die zum Bodenschutz und zur Bodenverbesserung nach einer Ernte angebaut wurden, sogenannte Zwischenfrüchte.
- Mind. 60 Prozent der Kälber verbringen mind. die ersten 120 Tage auf dem Geburtsbetrieb. Ab 2024 verbleiben alle Kälber mind. 120 Tage auf dem Geburtsbetrieb. Eine Ausnahme besteht für Ersatzkälber für Ammen- und muttergebundene Aufzucht und für Mastkälber.
- Auf die Förderung der Biodiversität wird geachtet: 12 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche eines Betriebes sind Förderflächen. 20 Massnahmen zur Förderung der Biodiversität werden an jedem Betrieb ab 2024 umgesetzt.
Weiderind
- Weiderinder haben zusätzlich zum RAUS-Programm permanenten Zugang zu unüberdachtem Auslauf.
- Die Rinder erhalten Wiesen- und Weidefutter mindestens 75 Prozent im Talgebiet oder 85 Prozent im Berggebiet, laut den Vorgaben für die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF).
- Ziel ist es, dass die Fütterung der Weidemasttiere auf Wiesen- und Weidefutter basiert und dass auf den Einsatz von Kraftfutter zu 100 Prozent verzichtet wird. Soja ist nicht erlaubt.
- Das Grund- und Kraftfutter für die Weidemasttiere wird gemäss Schweizer Bio-Verbandsvorgaben entweder auf dem Betrieb produziert oder hat seinen Ursprung in der Schweiz.
- Alle Kälber verbringen mind. die ersten 120 Tage auf dem Geburtsbetrieb. Eine Ausnahme besteht für Ersatzkälber für Ammen- und muttergebundene Aufzucht und für Mastkälber.
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