Bell-Chef zu Laborfleisch und Preisdruck

Die Phase starken Wachstums bei Fleischersatzprodukten ist nach Angaben des Bell-CEO Marco Tschanz vorbei. Er äusserte sich zum Preisdruck im Detailhandel.

blu/sda |

Während der Corona-Pandemie habe es zwar einen Boom gegeben, dieser sei jedoch abgeflaut. Fleischersatzprodukte seien damit «bis jetzt ein Nischenprodukt geblieben». Der Umsatz des Fleischersatzsortiments der Bell Food Group wachse nur noch zwischen 0 und 1 Prozent pro Jahr, sagte Tschanz im Interview mit der «NZZ.»

Geschmack nicht vergleichbar

Ein Grund dafür sei der Geschmack, der weiterhin nicht mit jenem von Fleisch vergleichbar sei. Zudem handle es sich häufig um «hochverarbeitete Produkte mit vielen Zusatzstoffen», sagte Tschanz. In Bezug auf den Preis hätten sich die in der Vergangenheit oft teureren Ersatzprodukte inzwischen an das Original angeglichen.

Bell setzt daneben weiterhin auf konventionelles Fleisch. Der Pro-Kopf-Konsum in der Schweiz sei seit vielen Jahren stabil, führte Tschanz aus. Gleichzeitig wachse die Bevölkerung, und Bell gewinne Marktanteile. Besonders beim Pouletfleisch habe der Konsum zuletzt deutlich zugenommen.

Laborfleisch als Ergänzung

Langfristig misst Bell jedoch auch dem sogenannten kultivierten Fleisch Bedeutung bei. Das Unternehmen beteiligte sich 2018 am niederländischen Start-up Mosa Meat, das Fleisch im Labor herstellt. «Wenn eine Technologie entsteht, um den Rohstoff Fleisch zu erzeugen, ohne ein Tier zu schlachten und zu zerlegen, dann müssen wir dabei sein», sagte Tschanz. Bell sei dank der Beteiligung «nahe dran an der Forschung und Entwicklung» und habe «aufs richtige Pferd gesetzt».

In der Schweiz wird bereits Laborfleisch produziert

Das israelische Unternehmen Aleph Farms baut im zürcherischen Kemptthal eine europäische Produktionsbasis für kultiviertes Fleisch aus Rinderzellen auf. Die Anlagen laufen bereits.

«Migros Industrie ist seit 2019 ein zentraler strategischer Partner. Unsere Zusammenarbeit mit The Cultured Hub baut auf jahrelanger gemeinsamer Arbeit auf, um die regulatorischen und operativen Grundlagen für kultiviertes Fleisch in der Schweiz zu schaffen», erklärte Didier Toubia, Mitgründer und CEO von Aleph Farms sowie Geschäftsführer ad interim der Aleph Farms AG, im September 2025.

Die Partnerschaft unterstützt Aleph Farms’ Ziel, die Produktion zu dezentralisieren und die Resilienz der Schweizer Fleischversorgung zu stärken, von der derzeit rund 20 Prozent importiert werden. Das in Israel ansässige Unternehmen produziert kultivierte Steaks.  Im Juli 2023 hatte es mit Unterstützung von Migros Industrie beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen das erste Zulassungsgesuch für kultiviertes Rindfleisch in der Schweiz eingereicht.   

2023 erhielt Aleph Farms auch von Israels Gesundheitsministerium die weltweit erste Zulassung für kultiviertes Rindfleisch, besser bekannt als «Laborfleisch»

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Bis ein Produkt aus kultiviertem Fleisch den Massenmarkt erreiche, werde es jedoch noch dauern. Der Bewilligungsprozess sei «sehr aufwendig und stark reguliert», sagte Tschanz. In der EU dauerten die Prüfverfahren zwei bis drei Jahre, anschliessend müsse die Politik entscheiden. «Fünf Jahre wird es also mindestens noch dauern.»

Zunächst werde kultiviertes Fleisch voraussichtlich in Restaurants angeboten, wo es speziell gekennzeichnet werden könne, und nicht im Supermarkt. Kultiviertes Fleisch werde herkömmliche Produkte nach Einschätzung von Tschanz nicht ersetzen, sondern ergänzen. Weltweit nehme die Nachfrage nach Fleisch zu, diese könne «auf klassische Weise nicht mehr gedeckt werden».

Preisdruck beim Fleisch

Der Bell-Chef äusserte sich auch zum zunehmenden Preisdruck am Fleischmarkt. Aldi Suisse läutete diese im Ende August 2024 ein. Damals kündigte der Discounter an, die Preise im Bereich Frischfleisch – von Rind, über Geflügel, Schwein bis hin zum Lamm – um bis zu 36 Prozent zu senken. In der Folgen zogen die Mitbewerber wie Denner, Lidl, Migros oder Coop nach. Die Reduktion begründete Aldi damit, dass Schweizer Familien mit knappem Portemonnaie zukünftig nicht mehr auf Frischfleisch verzichten müssten.

Diese Entwicklung beobachtet Tschanz – und sagte Interview mit der «NZZ kritisch an: «Wenn alles immer billiger und billiger sein soll, wird das schwierig.» Bell seien Themen wie Tierwohl und ressourcenschonende Produktion wichtig. Gemäss Tschanz gibt es zwei Entwicklungen im Detailhandel: Am stärksten wächst das günstige Preiseinstiegs-Sortiment wächst am stärksten. Gut entwickeln sich auch die Premiumprodukte. «Unter Druck ist das mittelpreisige Segment», sagte er zur Zeitung.

Wenig Lust auf US-Fleisch

Der Bell-Chef äusserte sich auch zu den zollfreien Importkontingenten, die Schweiz den USA gewährt. Sie gelten für 500 Tonnen Rind-, 1000 Tonnen Bison- und 1500 Tonnen Geflügelfleisch im Jahr. Keine Chance sieht er für US-Pouletfleisch. «Ich glaube nicht, dass diese – selbst wenn der Verkauf erlaubt würde – bei den Konsumenten eine Chance hätten. Wir planen deshalb keine Pouletimporte aus den USA», sagte er zur «NZZ».

Auch beim Rindfleisch sieht Tschanz keinen grossen Markt. Einerseits sei der Preis für US-Beef «relativ» hoch. Andererseits habe es den Nachteil, dass man es deklarieren müsse, weil es möglicherweise mit Hormonen erzeugt worden sei.

->   Zölle sinken auf 15 Prozent – zollfreies US-Fleisch

In-vitro-Fleisch

In-vitro-Fleisch (von lateinisch in vitro ‚im Glas‘), auch Kulturfleisch, kultiviertes Fleisch, schlachtfreies Fleisch, umgangssprachlich Laborfleisch, ist das Ergebnis von Gewebezüchtung mit dem Ziel, Fleisch zum menschlichen Verzehr im industriellen Massstab in vitro herzustellen. In-vitro-Fleisch wird zu den Fleischalternativen gezählt.

In-vitro-Fleisch wird das Potenzial zugeschrieben, erhebliche globale Probleme im Zusammenhang mit den Umweltauswirkungen der Fleischproduktion, dem Tierschutz, der Ernährungssicherung und der menschlichen Gesundheit zu lösen. Die zugrundeliegende Biotechnologie wird schon länger in der Medizin mit menschlichen Hautzellen verwendet, um Transplantate für Schwerbrandverletzte zu züchten.

Kommentare (1)

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  • Freidenker | 26.12.2025
    Sofort aufhören mit diesem Laborschmarren !
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