
Die Romantik im Lavaux trügt. Waadtländer Winzerinnen und Winzer verzweifeln an der angespannten Lage auf dem Weinmarkt.
OVV
Die Schweizer Weinbranche steckt in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Im Jahr 2024 sank der Konsum von heimischem Wein um rund 15 Millionen Liter. Das entspricht einem Rückgang von 16 Prozent.
Markt gesättigt
Der Markt ist gesättigt und der Druck der ausländischen Konkurrenz gross. Drei Viertel der Weinregale in der Schweiz sind heute mit ausländischen Weinen bestückt. Das neue Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten verschärft die Lage zusätzlich.
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Viele Winzer bleiben deshalb auf ihren Beständen sitzen. Besonders im Kanton Waadt wächst der Ärger über die Detailhändler. «In diesem extrem angespannten wirtschaftlichen Klima profitieren die grössten Käufer von der Krise», wird Nicolas Jaccoud in einem Bericht der Westschweizer Zeitung «Le Matin Dimanche» zitiert. Jaccoud ist Winzer aus Tartegnin VD.
Fenaco im Zentrum der Kritik
Im Zentrum der Kritik ist die Fenaco. Zum Agrarkonzern gehört unter anderem Provins , Landi-Läden und die Rutishauser-DiVino SA . Laut Informationen aus der Branche soll Rutishauser-DiVino den Produzenten Angebote gemacht haben, die den Preisverfall beschleunigen. «Fenaco spielt ein sehr gefährliches Spiel», warnt der Chef einer grossen Waadtländer Kellerei gegenüber «Le Matin Dimanche».
Fenaco habe vor der letzten Weinlese ein Angebot lanciert, das viele schockiert habe, kritisiert er weiter. Sie wollte Most (Traubensaft vor der Gärung) zu 70 Rappen pro Liter aufkaufen. Der Kostendeckungspreis liegt jedoch bei rund 4,50 Franken für AOP-Weine und zwischen 2,50 und 3 Franken für IGP-Weine. Im darauffolgenden Frühling hätten die Winzer die vinifizierten Posten für 1,70 Franken pro Liter zurückzukaufen können. Wer das Angebot ablehnte, überlasse der Fenaco die Bestände, heisst es in «Le Matin Dimanche».
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Fenaco weist Vorwürfe zurück
Fenaco weist die Vorwürfe zurück. Das Angebot habe sich nur an Produzenten «in besonderer Notlage» gerichtet und entspreche «nicht der allgemeinen Einkaufspolitik», sagt Hans Naegeli, Geschäftsführer von Rutishauser-DiVino SA, gegenüber «Le Matin Dimanche». Doch viele Winzer sehen das anders. Zu diesem Preis verkaufe man nur, wenn man mit dem Rücken zur Wand stehe, meint ein empörter Produzent. Und die Fenaco wisse das genau, heisst es.

Schweizer Weine sind immer weniger gefragt. Neben dem allgemeinen Rückgang des Weinkonsums nimmt die Konkurrenz aus dem Ausland zu.
Therese Krähenbühl
Auch die Einkaufspreise von Fenaco stossen auf Unverständnis. Laut Kaufverträgen, die «Le Matin Dimanche» vorliegen, wurden Jaccoud vor der Ernte 1,50 Franken pro Liter für IGP-Most und 2,60 Franken für AOP-Most. Diese Preise liegen unter den Produktionskosten. Laut der Zeitung setze Fenaco durch die Festlegung solcher Preise einen Trend. Dadurch orientiere sich der Markt nach unten und die Preise blieben unter dem Existenzminimum. Von «Le Matin Dimanche» kontaktiert, rechtfertige Fenaco ihre Tarife mit dem Hinweis auf den sinkenden Konsum und den wachsenden Druck zwischen Angebot und Nachfrage.
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«Lieber in den Abfluss schütten»
Auf dem übersättigten Markt würden sich nun auch Angebote zur Herabstufung der Qualität häufen. So würden Weine zu Tafelwein deklariert und für 60 Rappen pro Liter verkauft. Viele Winzer weigern sich jedoch, mitzuziehen. «Zu diesem Preis lasse ich meinen Wein lieber in den Abfluss laufen», wird Sébastien Badoux aus dem Waadtländer Weingebiet Lavaux zitiert.
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Ein anderer Winzer meint dazu: «Ich habe es einmal getan, aber nie wieder. Nächstes Jahr werde ich einen Teil meiner Reben herausreissen.» Im Bericht wird erwähnt, dass sich Coop nicht an solchen Aktionen beteilige und einen fairen Preis zahle. Die Migros-Tochter Denner nannte aus Wettbewerbsgründen keine Zahlen.
wir werden ja vom ausland überrollt, mit wein, ital. autobahn gemüse, deutsches fleisch, china kleider usw. und die, preise werden höher, qualität lässt zu wünschen übrig.
sind wir selbst schuld, lassen alles geschehen!
Es ist eben schon eine Weile her, dass die Fenaco eine Selbsthilfeorganisation war, auch wenn sie dies weiterhin unermüdlich von sich behauptet.