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Die Milchpreise in Europa kennen derzeit fast nur eine Richtung – jene nach unten. Grund dafür sind höhere Milchanlieferungen als in den vergangenen Jahren.
Mehrere Gründe
In Deutschland wurden in den vergangenen Wochen bis zu 7 Prozent mehr Milch produziert als im Vorjahr. Noch im ersten Halbjahr lag die kumulierte Menge in der Bundesrepublik um fast 2 Prozent hinter dem Vorjahr zurück. Für die höhere Produktion gibt es mehrere Gründe: Wegen der Blauzungenkrankheit haben sich Kalbungen und damit die Milchproduktion verschoben. Gutes Futter und gute Milchpreise haben ebenfalls zur Produktionssteigerung beigetragen. Zudem sind die Preise am Weltmilchmarkt deutlich gesunken.
Dies wirkt sich nun auf die Preise aus. Am Rohstoffmarkt gibt es Preisdruck, wie der Verband der Milcherzeuger Bayern (VMB) vor wenigen Tagen mitteilte. Industrierahm sackte unter die Linie von 5 Cent pro Prozent (4,7 Rp.) Fetteinheit, und Magermilch kostete weniger als 10 Cent pro Kilogramm (9,4 Rp.).
250 Gramm für weniger als 1 Franken
Dieser Preisdruck wirkt sich direkt im Ladenregal aus. Gemäss Daten der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) sind die Preise Anfang Dezember in Deutschland weiter gesunken. Lidl bietet 250 Gramm Butter für 99 Cent (93 Rp.) an. Im Oktober 2024 war der Preis auf den Rekordwert von 2,39 Euro (2,23 Fr.) gestiegen. Der Butterpreis hat sich damit innerhalb eines Jahres mehr als halbiert.
Zum Vergleich: In der Schweiz kostet ein 250-Gramm-Mödeli 3,50 Franken (Prix Garantie bei Coop und bei Aldi Suisse). Neben Lidl haben auch Edeka, Netto, Rewe, Penny sowie Aldi Süd und Aldi Nord angekündigt, die Preise für Butter und andere Milchprodukte zu senken. Lidl beteuerte, dass die tieferen Ladenpreise keine Auswirkungen auf die Produzentenpreise haben werden. Durch die tieferen Preise würden die Verkäufe angekurbelt, so der Discounter. «Wenn diese Mengen nicht abfliessen, droht möglicherweise ein noch stärkerer Preisverfall», so der Händler.
Die aktuelle Preissenkung bei Butter sei aber eine notwendige Reaktion auf die derzeitige Ausnahmesituation am Rohstoffmarkt. «Seit September verzeichnen wir ein deutliches Überangebot an Rohmilch im Vergleich zum Vorjahresniveau. Wenn diese Mengen nicht abfliessen, droht möglicherweise ein noch stärkerer Preisverfall», teilte der Discounter mit.
Bauern befürchten Preisdruck
Auch Rewe äusserte sich zur Lage am Milchmarkt. «Wir beobachten die aktuelle Preisspirale in einzelnen Produktkategorien mit grosser Sorge», sagte ein Sprecher. Der anhaltende Kostendruck stelle die gesamte Wertschöpfungskette vor grosse Herausforderungen – insbesondere die landwirtschaftlichen Betriebe.
Landwirtschaftliche Verbände trauen diesen Aussagen jedoch nicht. Sie befürchten Preissenkungen. «Für uns Milchviehhalter bedeuten solche Preise ein wirtschaftliches Desaster», sagte der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, Hans Foldenauer, kürzlich. Der Deutsche Bauernverband (DBV) sprach von «gefährlichem Preisdumping» im Kampf um die Kunden.
Forderungen der Bauern
Landwirtinnen und Landwirte haben deshalb am Wochenende zu Protesten aufgerufen. Vor dem Lidl-Verteilzentrum in Wasbek zwischen Hamburg und Kiel haben sie eine dreitägige Mahnwache begonnen, wie die ARD berichtet . Rund 100 Landwirte sind dem Aufruf des Vereins «Land schafft Verbindung» gefolgt. Sie kritisierten, dass die 99-Cent-Butter von Lidl den Druck auf die landwirtschaftlichen Betriebe weiter erhöhen würde. Gemäss Markus Kühl von «Land schafft Verbindung» sind Gespräche mit Lidl geplant. Die Aktion wirkt sich bisher nicht auf das Geschäft von Lidl aus.
Bereits am Samstag haben sich rund 45 Landwirtinnen und Landwirte mit rund 40 Traktoren in Cloppenburg bei Bremen vor einem Lidl-Zentrallager versammelt. Die Proteste sind gemäss NDR friedlich verlaufen. Sie forderten Lidl auf, die Zusammensetzung der Preise im Supermarkt offenzulegen. Wie der NDR weiter berichtet , verlangen die Landwirte gleiche Standards für importierte Waren und einheimische Produkte. Die Bauern haben mit Vertretern von Lidl gesprochen. Diese zeigten Verständnis für die Sorgen der Produzenten, erachteten die Proteste jedoch als nicht «zielführend».
Auch im Süden Deutschlands gab es eine Aktion vor einem Lidl-Verteilzentrum. In Bad Wimpfen bei Heilbronn versammelten sich am Montag Landwirte mit rund 100 Traktoren. Nach Angaben der Veranstalter ist eine Mahnwache bis Dienstagnachmittag geplant. In einer Online-Petition werfen die Milchbäuerinnen Lidl vor, die Butter «zu verramschen».
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