Wie wichtig der Schlachthof Zürich ist

Ein grosser Teil der Schweizer Schafe und Lämmer wird in der Stadt Zürich gemetzgt – unter anderem für die Coop-Tochter Bell und die Ernst Sutter AG. Die Schliessung des Schlachthofs kommt überraschend.

Christian Zufferey |

Innert weniger als 24 Stunden werden die Schlachtkörper schon wieder weg sein. Denn bei den Schlachtbetrieben Zürich (SBZ) AG werden zwar viele Schafe und Lämmer geschlachtet, für Grosskunden wie die Coop-Tochter Bell oder die Ernst Sutter AG, aber auch für lokale Privatmetzgereien und Direktvermarkter.

Nicht anmelden

«Wer nur zwei oder drei Lämmer zu schlachten hat, muss sich dafür nicht mal vorgängig anmelden», erklärt SBZ-Geschäftsführer Hans Rudolf Hofer. Nur die Pansen werden von den SBZ selbst verkauft. «Vor allem bei türkischstämmigen Kunden ist die Nachfrage nach Pansen grösser als das Angebot», so Hofer.

Bell lässt die im Schlachthaus Zürich geschlachteten Lämmer von einem Dienstleister abholen, worauf sie in deren eigenen Verarbeitungszentren zerlegt, ausgebeint, zugeschnitten, verpackt und ausgeliefert werden. Die Ernst Sutter AG holt sie mit eigenen Fahrzeugen ab.

70’000 Schafe im Jahr

Bis zu 150 Schafe und Lämmer können pro Stunde geschlachtet werden. Jährlich sind es rund 70’000 Tiere, die in Zürich gemetzgt werden. Angeliefert werden sie meist von Händlern oder von ihnen beauftragten Transportunternehmern mit Lastwagen. «Manche Händler bringen ihre Tiere direkt von den Märkten zu uns», erklärt Hofer. Grundsätzlich werde jeweils freitags in der Vorwoche entschieden, wann was angeliefert und geschlachtet werden soll – anhand der eingegangenen Anmeldungen. Vor Ostern werden am meisten Lämmer geschlachtet.

Nachdem die Lämmer erst betäubt und dann ausgeblutet worden sind, wird das Fell abgezogen und die Eingeweide und Organe entfernt. Die Organe und die Schlachtkörper werden von Mitarbeitern der Stadt Zürich kontrolliert. Genau genommen vom Amt für Umwelt- und Gesundheitsschutz (UGZ) der Stadt Zürich, die auch Eigentümerin des Areals ist, in der sich die SBZ eingemietet haben. «Dass ganze Schlachtkörper konfisziert werden, kommt sehr selten vor», erklärt Hofer. Es kommt gelegentlich vor, dass Lebern konfisziert werden.

Die Rolle von Proviande

Bevor die Schlachtkörper in einen minus 8 Grad kalten Kühlraum gebracht werden, kommen sie noch an einem Proviande-Mitarbeiter vorbei, der die Schlachtkörper taxiert, was einen unmittelbaren Einfluss auf den Preis hat, den der Produzent bekommt. Für die SBZ hat die Taxation keine Bedeutung. «Wir schicken unseren Kunden eine Rechnung für die erfolgten Schlachtungen», erklärt Hofer, «unabhängig davon, wie die Qualität des Fleisches ist.» Zuschläge verrechnen die SBZ nur für übermässig verschmutzte Tiere, denn das verlangsame den Schlachtungsprozess.

Ausser fürs Taxieren ist Proviande auch für die Dachkommunikation zuständig. Das heisst, um bei Konsumentinnen und Konsumenten in Erinnerung zu rufen, dass es eine Vielzahl von Fleischsorten gibt und Abwechslung Freude bereiten kann und das Fleisch ​schmackhaft ist, wie bei Proviande auf Anfrage zu erfahren ist. Einen direkten Einfluss auf den Absatz von Lammfleisch habe Proviande aber nicht. Da sei der Detailhandel gefragt.

Lammfleisch eher unbedeutend

Die Coop-Tochter Bell plant zahlreiche Aktivitäten, um den Absatz von Lammfleisch zu fördern – etwa Pro-Montagna-Lämmer im Herbst oder Winterwanderherde-Lämmer jeweils im Januar und Februar.  Die Ernst Sutter AG, die laut Mediensprecherin Anja Koletzki ihren Bedarf mit einem überdurchschnittlichen Inlandanteil von 55 Prozent deckt und die ihr Lammfleisch vor allem über den Detailhandel und Metzgereifachgeschäfte vertreibt, konzentriert sich die Nachfrage auf saisonale Spitzen wie Ostern, Weihnachten oder den islamischen Ramadan.

Insgesamt sprechen Provian­de, Bell und die Ernst Sutter AG davon, dass der Absatz von Lammfleisch in der Schweiz im Vergleich zu anderen Fleischsorten eher unbedeutend ist. Jan Kirchhofer von Bell etwa sagt: «Generell ist das Ostergeschäft für Schweizer Produkte herausfordernd, da vor allem Racks und Nierstücke gefragt sind, die oft durch Importe ergänzt werden müssen.»

Preise sind gestiegen

Importlammfleisch kommt vor allem aus Neuseeland, Australien, Grossbritannien und Irland in die Schweiz. Der Selbstversorgungsgrad von 42,2 Prozent ist bei Schaffleisch deutlich tiefer als etwa bei Geflügelfleisch mit einem Selbstversorgungsgrad von 66,3 Prozent oder gar Kalb- und Schweinefleisch mit fast 100 Prozent Inlandanteil.

Die Produzentenpreise für Schweizer Lammfleisch sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das dürfte zweifellos auf den Rückgang der Schafbranche zurückzuführen sein. Die Ernst Sutter AG sieht die gestiegenen Preise jedoch auch als ein Zeichen dafür, dass die Nachfrage zugenommen hat und die Qualität von Schweizer Lammfleisch geschätzt wird. «Im Wettbewerb mit Importware ist die heimische Produktion jedoch benachteiligt», schreibt auch Jan Kirchhofer von Bell.

Schlachthof schliesst

Inwieweit sich die Anfang März kommunizierte Schliessung des Zürcher Schlachthofs bereits auf Mitte 2026 nun auf die Schlachtung von Schafen und Lämmern auswirken wird, ist derzeit noch nicht bekannt. Zumal der Entscheid für viele unerwartet kam.

Christian Aeschlimann, Geschäftsführer des Schweizerischen Schafzuchtverbands (SSZV), erklärt: «Gegenwärtig herrschen noch Sorge und Ratlosigkeit.» Es sei weder bekannt, ob andere Schlachthöfe, wie zum Beispiel jene in Thun BE oder Hinwil ZH, die Kapazität haben, ihre Schlachtungen auf so viel Schafe mehr auszudehnen, noch ob in anderen Schlachthöfen, wo früher Lämmer geschlachtet wurden, noch entsprechende Einrichtungen vorhanden sind

Zumal Lämmer zu schlachten, aufwendiger sei und langsamer vonstattengehe, als etwa Schweine zu metzgen. Auch Anja Koletzki von der Ernst Sutter AG bestätigt: «Dieser Entscheid kommt auch für uns überraschend, und wir werden einen alternativen Schlachtstandort evaluieren müssen.» Man sei mit potenziellen Schlachtbetrieben bereits in Kontakt.

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