In Bonstetten ZH sind im Frühling durch vermeintliche Brandstiftung mehrere Gebäude in Brand geraten (-> Brandserie: Drei Jugendliche festgenommen ). Von dieser Brandserie betroffen ist auch Werner Brawand. In der Nacht auf den 29. Mai brannte seine Scheune nieder und damit auch die Fotovoltaik-Anlage, die sich auf dem Dach befand.
Viele Fragen offen
Eine solche Anlage besteht aus gläsernen Zellen, die mit Silicium beschichtet sind. Durch die Hitze des Feuers ist die Beschichtung geborsten. Die Thermik des Feuers liess die scharfkantigen Splitter in Höhe treiben und der Wind verteilte sie bis weit über einen Kilometer vom Brandherd entfernt. Auch landwirtschaftliche Nutzflächen sind von diesem Splitterregen nicht verschont geblieben.
Diese scharfkantigen Splitter der verbrannten Fotovoltaik-Anlage hat Werner Locher auf seinen Feldern gefunden.
Werner Locher
«Man hat glühende Lichter gesehen, wie sie weit in die Höhe schossen und dann im Sinkflug langsam verglüht sind», erinnert sich Werner Locher, auf dessen Feld diese Splitter gefallen sind. Er hat die Splitter an den Folgetagen gleich eingesammelt. Doch als er Anfang dieser Woche über eine der abgeernteten Wiesen gelaufen ist, hat er immer noch Splitter gefunden. Für Locher bleiben auch einen Monat nach dem Brand immer noch Fragen offen, nicht nur, was das weitere Vorgehen und die Entschädigungszahlungen angeht, sondern vor allem auch wie es um die Gesundheit seiner Kühe steht.
«Ich fühle mich hängen gelassen»
Die Gemeinde Bonstetten, wie auch das kantonale Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) hätten schnell reagiert, die Betroffenen informiert und ein entsprechendes Merkblatt erstellt. Da es sich um eine vermeintliche Brandstiftung handelt (-> Brandserie: Feuerwehrmann als Brandstifter verdächtigt ), hätte die Versicherung aber noch keinen abschliessenden Polizeibericht erhalten und also den Brandfall noch gar nicht eröffnet, vermutet Locher.
Trotz des Merkblatts und der Bemühungen der Gemeinde fühlt sich Locher «hängen gelassen bei den schwerwiegenden Entscheidungen, die eine solche Situation mit sich bringt», gibt er dem «Schweizer Bauer» zu verstehen. Ihm fehle eine kompetente Anlaufstelle, an die sich Landwirtinnen und Landwirte in einer solchen Situation wenden können. Bei der Beantwortung komplexer Fragen seien er und seine Kollegen vollkommen auf sich gestellt, beklagt er. Im Gespräch mit dem «Schweizer Bauer» hat Werner Locher seine diesbezüglichen Fragen konkretisiert:
- Wie weit herum sind die PV-Scherben verteilt?
- Wie gefährlich sind diese trotz Mischwagen für die Kühe? Werden sie unter Druck wirklich zu Sand?
- Was muss ich vorkehren, damit ich weitere Schnitte nutzen kann?
- Welche Versicherung bezahlt meinen Schaden?
Empfehlungen der Gemeinde
Wie soll man also in solchen Brandfällen also mit PV-Splittern umgehen? Die Gemeinde Bonstetten hat dazu am 12. Juni ein Merkblatt mit Empfehlungen veröffentlicht. Die Empfehlungen richten sich allgemein an die Bevölkerung, spezifisch aber auch an Landwirtinnen und Landwirte. Da sich die Splitter jedoch auf unterschiedliche bestellte Felder mit unterschiedlich fortgeschrittenen Vegetationszuständen verbreitet haben, hätte die Gemeinde nur allgemein gültige Regeln herausgeben können, gab die Bonstetter Gemeindepräsidentin Arianne Moser dem «Affolter-Anzeiger» zu verstehen.
«Wir haben die Bauern jedoch so schnell wie möglich informiert und ihnen empfohlen, sich direkt mit dem Awel in Verbindung zu setzen, um sich individuell beraten zu lassen», ergänzte Moser. Auf Grasland empfiehlt das Merkblatt der Gemeinde, grössere Teile von Hand einzusammeln und anschliessend die Fläche zu mähen und zu mulchen. -> Weitere Empfehlungen können Sie dem Merkblatt der Gemeinde Bonstetten entnehme.
Wenn ich mit dem Traktor einen Unfall habe und Öl im Boden versickert, kommt das Umweltamt und sagt mir, wie viel Boden ich ausheben und entsorgen muss. Im Fall der PV-Splitter kommt jedoch niemand vorbei.
Für Werner Locher sind diese Informationen jedoch nicht ausreichend. Auch Werner Brawand, der Besitzer des Brandobjekts, erachtet sie als zu wenig konkret. «Was wirklich Sache ist, geht aus den Empfehlungen nicht hervor. Der Ball liegt bei jedem Einzelnen wie er damit umgehen will», sagt Brawand. Im selben Atemzug lobt er aber die Gemeinde dafür, dass sie viel getan hätte. Die Felder von Brawand wurden vom Splitterregen verschont. «Meine Felder sind südlich des Brandobjekts und der Wind kam damals aus Süden und hat die Splitter also nordwärts getrieben», erklärt Brawand.
Wie steht es um die Tiergesundheit?
Das kantonale Umweltamt Awel gibt zwar Auskünfte über die möglichen ökologischen Auswirkungen einer solchen Katastrophe. Aber wie steht es um die Gesundheit der Kühe, wenn sie potenziell «kontaminiertes» Gras fressen? Diese Frage stellt sich auch Werner Locher. «Die Gesundheit der Tiere ist ein sehr schwieriger Aspekt, bei dem ich persönlich überfordert bin, Entscheidungen treffen zu können», sagt er dem «Schweizer Bauer». Eine andere Frage, die er sich stellt: wie sähe es mit Entschädigungszahlungen aus, falls eine Kuh sterben würde, die das «kontaminierte» Gras frisst?
Auch einen Monat nach dem Brand fand Werner Locher immer noch Splitter der Fotovoltaik-Anlage auf seinem Feld.
Werner Locher
Man wisse nicht, wie gefährlich die Scherben im Futter seien, gibt er weiter zu verstehen. Es gebe zwar Leute, die sagen würden, dass die Scherben so leicht brechen, dass die Kühe keinen Schaden davontragen würden. «Ich meinte, dass es trotzdem Verletzungen geben könnte, auch wenn die Scherben leicht brechen. Aber das weiss auch niemand», sagt Locher. Die Gemeinde Bonstetten gibt in ihrem Merkblatt dazu folgende Empfehlung ab: «Bei Tieren kann es zu Schnittwunden an den Pfoten bzw. Klauen kommen. Zudem kommt die Gefahr des Verschluckens hinzu, was zu sehr gravierenden inneren Verletzungen führt».
Wer bezahlt Räumungsarbeit und Entsorgung?
Bauer Locher hat sich dazu entschieden, das Gras auf dem betroffenen Feld zu mähen. Er hat es in Grossballen gepresst, die am Feldrand auf die Entsorgung warten. Für ihn stellt sich jetzt die Frage, wer diese Entsorgung bezahlen wird. Vielleicht die Versicherung von Brawand, der Besitzer des Brandobjekts? «Ich rechne damit, dass betroffene Bauern diesbezüglich auf mich zukommen könnten. Die Haftungsfrage ist zurzeit aber noch nicht geklärt», sagt Brawand. Seine entsprechende Anfrage an die Versicherung ist bis heute unbeantwortet.
Brand im Wallis
Der Brand in Bonstetten ist kein Einzelfall. Am 6. Juli 2023 verwüstete ein Grossbrand eine Industriehalle in Vétroz VS. Auch diese abgebrannte Halle war mit Solarpanels bedeckt. Die scharfkantigen Rückstände der Photovoltaik-Anlage haben sich durch die Thermik und den Wind kilometerweit grossflächig über landwirtschaftliche Flächen verteilt.
Es wurde ein temporäres Weide- und Futterernteverbot erlassen. Rund 100 Zivilschutzpflichtige wurden eingesetzt, um die Rückstände der Solarpanels und die Brandreste zu kontrollieren und zu beseitigen. Die Reinigung der Weiden blieb aber letztlich in der Verantwortung der Bäuerinnen und Bauern.
Grundsätzlich sei nur der Besitzer der abgebrannten Liegenschaft anspruchsberechtigt, heisst es im Bericht vom «Affolter Anzeiger». Die Versicherung käme aber auch hier nur bis zu einer begrenzten Summe für die Aufräumkosten auf. Wenn solche Splitter auf einem Feld landen, könne der betroffene Bauer – in diesem konkreten Fall – Ansprüche bei der Gebäudeversicherung Zürich (GVZ) einreichen. Ob die Kosten übernommen werden, sei jedoch noch nicht geklärt. «Ich kann mir vorstellen, dass Versicherungen noch gar nie mit einem solchen Fall konfrontiert wurden und zuerst Abklärungen treffen müssen», vermutet Brawand.
Guten Abend.
Eine Frage an den Besitzer der PV-Anlage: Waren die Module mit Rückseitenfolie ohne oder mit Temperglas ausgestattet? Gibt es eine genaue Typenbezeichnung, sodass man sich online informieren kann?
Vielen Dank
Deshalb muss die Versicherung des Solaranlagenbesitzers dem Bauern den Schaden zahlen. Später kann die Regress auf die Verursacher (Beandstifter) nehmen. Montiert hat die Solaranlage immernoch der Hausbesitzer und er nimmt damit auch darauf resultierende Schäden in Kauf.