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Das Landleben ist ihr Zuhause

In einem Aufruf hat schweizerbauer.ch Schnappschüsse von Frauen in der Landwirtschaft gesucht. Wer ist die Frau, die ihrem Mann aus der Patsche hilft und die Zuckerrüben nachsät? Sie hat es uns erzählt und so stellen wir heute Martina Heuberger aus Deisswil bei Münchenbuchsee BE vor. Im Herbst wird sie die Berufsprüfung zur Bäuerin mit Fachausweis absolvieren.

Martina Heuberger lebt und arbeitet auf dem Landwirtschaftsbetrieb ihres Mannes in Deisswil bei Münchenbuchsee BE mit 33 Hektaren Ackerland und 4.8 Hektaren Wald. Zum Hof gehören auch 14 Alpakas mit 7 Jungtieren. Die Bauerntochter aus Fräschels FR fühlt sich, als wäre sie auf dem Hof ihres Mannes «wieder zu Hause angekommen».

Dem «Schweizer Bauer» verriet sie, was für sie der goldene Schlüssel zu einem angenehmen Arbeitsklima ist, sei es bei der Arbeit in der Papeterie ihrer Mutter oder zu Hause auf dem Hof. Um Martina besser kennen zu lernen, lesen Sie, was sie uns auf unsere Fragen geantwortet hat und erfahren Sie zum Beispiel, warum Sie die Frauen der Bäuerinnenschule um ihren Mann beneiden.

Wer bist du, wie bist du zur Landwirtschaft gekommen?

Das Landleben ist mein Zuhause. Aufgewachsen bin ich im Seeland, im Örtchen Fräschels FR. Mein Vater ist Landwirt und produzierte verschiedene Gemüse- sowie Ackerbaukulturen, auch für unsere 20 Milchkühe. Zu Spitzenzeiten musste ich auch auf dem Feld mithelfen und beispielsweise auf dem Kartoffelvollernter stehen, anstatt in der Badi mit meinen Freundinnen zu «chillen».

Zu Spitzenzeiten musste ich auf dem Kartoffelvollernter stehen, anstatt in der Badi mit meinen Freundinnen zu «chillen».

Martina Heuberger

Nach meiner Lehre als Detailhandelsfachfrau Papeterie stieg ich in den Familienbetrieb Papeterie Hell GmbH mütterlicherseits in Zollikofen BE ein. Seit 10 Jahren arbeite ich zusammen mit meiner Mutter und meiner Tante in der Papeterie, wir sind ein super Team und die Arbeit bietet mir eine tolle Abwechslung zum Alltag auf dem Bauernhof. Vor drei Jahren habe ich die berufsbegleitende Ausbildung zur Bäuerin mit Fachausweis am Inforama in Langenthal begonnen.

Was sind deine Aufgaben auf dem Betrieb?

In erster Linie übernehme ich alle Arbeiten im Haushalt, Garten etc. Zudem helfe ich bei der Büroarbeit und bei allen anfallenden Arbeiten in Verbindung mit den Alpakas. In Notfällen helfe ich bei einfachen Arbeiten auf dem Hof aus, wie z.B. beim Nachsäen oder auch beim Jäten oder Strasse reinputzen.

Der Betrieb

Ort: 3053 Deisswil bei Münchenbuchsee BE

Zone: Talzone 

Kulturen: Zuckerrüben, Kartoffeln, Mais, Gerste, Weizen, Dinkel, Raps

Fläche: 33 ha

Wald: 4.8 ha

Tiere: 14 Alpakas mit 7 Jungtieren

Familie: Ehemann Philip Heuberger ist der Betriebsleiter seit 2020. Er hat den Betrieb von seinem Vater Urs übernommen, der nun angestellt ist und immer noch tatkräftig mithilft. Er wohnt ebenfalls auf dem Betrieb im Bauernhaus mit seiner Ehefrau Ursula Heuberger, die ausgebildete Bäuerin ist.

Wie geht es weiter?

Momentan befinde ich mich im Endspurt und werde im Herbst die Berufsprüfung an der Liebegg in Gränichen AG absolvieren. Ich bin immer noch fleissig an der Erarbeitung meiner Projektarbeit. Ich komme aber ab und an in Konflikte mit meinem Zeitmanagement mit Betrieb, Arbeit, Familie und Freunden. Dazu kommt, dass wir zwei Wochen vor der Prüfung noch kirchlich heiraten und ordentlich feiern wollen. Naja, das habe ich mir selber eingebrockt. Ich sehe es aber zuversichtlich, dass ich alles unter einen Hut kriege und ich kann dabei auf die Hilfe meines Mannes zählen.

Ich bin froh, die «Beifahrerprinzessin» sein zu dürfen.

Martina Heuberger

Was magst du an deiner Arbeit besonders und was nicht?

Wir haben eher die klassische Rollenverteilung, damit habe ich kein Problem. Wir helfen einander immer aus, das schätze ich sehr. Bei Arbeiten mit dem Traktor bin ich jedoch froh, die «Beifahrerprinzessin» sein zu dürfen.

Welche Momente möchtest du nie eintauschen, die dir in deinem Tag auf dem Bauernhof begegnen und die einzigartig sind?

Das Zusammenleben mit den Tieren ist für mich ein wahres Privileg. Sie geben mir so viel und ich kann mir kein Leben ohne sie vorstellen. Bei gewissen Feldarbeiten hat sich bei uns eine lustige Tradition eingebürgert: Wir machen aus allem eine Party. Beispielsweise beim Verladen der Zuckerrüben oder wenn die Kartoffeln gepflanzt werden, kommen oft Nachbarn und Berufskollegen zum Zuschauen und Plaudern. Es macht viel Spass, miteinander zu schwatzen und sich auszutauschen.

Was empfiehlst du jungen Menschen, die sich überlegen, ob sie eine landwirtschaftliche Ausbildung machen sollen?

Go for it! Wir alle brauchen die Schweizer Landwirtschaft und junge, innovative Nachfolger auf vielen Betrieben. Es gibt viele spannende Berufe und Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich.

Gibt es auch Schattenseiten oder belastende Situationen?

Das Miteinander auf dem Bauernhof ist das A und O. Wenn etwas zwischenmenschlich nicht funktioniert, ist der ganze Betrieb gefährdet. Das Wetter kann ebenfalls sehr belastend sein. Es müssen viele Entscheidungen gefällt und Risiken berücksichtigt werden. Man macht sich Sorgen um den Ertrag und den bereits geleisteten Aufwand. Das kann belastend sein, weil Arbeits- und Wohnort an einer Stelle sind und man selten abschalten kann.

Das Miteinander auf dem Bauernhof ist das A und O.

Martina Heuberger

Wenn du einen Wunschzettel hättest, um eine Sache in der Landwirtschaft zu ändern, was wäre das?

Mehr Wertschätzung. Es macht mich traurig, wenn Menschen die Landwirtschaft auf Themen wie Pflanzenschutz und Direktzahlungen reduzieren. Ich hoffe, dass Menschen erkennen, wie viel die Landwirtschaft leistet und ihren Einkaufszettel als Stimmzettel sehen.

Kannst du etwas, was dein Mann oder andere auf dem Betrieb nicht können, und umgekehrt?

Meine kreative, positive Art. Ich sehe in allem etwas Gutes und bin ein kleiner Sonnenschein, der andere ansteckt.

Welche Themen interessieren euch im «Schweizer Bauer»?

Gerne stöbere ich in den Inseraten und studiere die aktuellen Anbauempfehlungen sowie den Wetterbericht.

Was und welche Menschen haben dich auf deinem Weg beeinflusst?

Ich erinnere mich gerne an meine Kindheit auf dem Bauernhof zurück. Es war immer etwas los, jeder musste mit anpacken. Weil es bei uns die Regelung gab, dass ich drinnen im Haushalt meiner Mutter helfen musste, und mein grosser Bruder für die Mithilfe draussen zuständig war, konnte ich immer etwas mit meiner Mutter unternehmen und sie gab mir viel mit auf den Weg. Meine Mutter hat nebenbei immer die familieneigene Papeterie in Zollikofen BE und das Leben auf dem Betrieb gleichzeitig gemanagt. Die damit verbundene Zeit und Energie, welche sie aufgewendet hat und immer noch für mich und meinen Bruder eine super Mami war, finde ich bewundernswert.

An einem wunderschönen Sommertag vor acht Jahren lernte ich meinen Mann am Tractor Pulling in Schwadernau BE kennen.

Martina Heuberger

Wer hat dich noch auf deinem Weg beeinflusst?

Natürlich mein Mann: An einem wunderschönen Sommertag vor acht Jahren lernte ich ihn am Tractor Pulling in Schwadernau BE kennen. Mein Ziel im Leben war es schon immer zu Heiraten und Kinder zu haben, und zwar in dieser Reihenfolge. Ich war aber nie darauf versessen mir einen Landwirten zu angeln. Jetzt bin ich überglücklich, dass ich nun mit einem wundervollen Ehemann unsere Zukunft auf einem wunderschönen Hof gestalten darf. Es fühlt sich an, als wäre ich wieder zu Hause angekommen. Ausserdem unterstützt er mich jetzt, wo ich etwas im Prüfungsstress bin und ihm fällt zum Glück kein Zacken aus der Krone, wenn er Kochen, die Wäsche machen oder mal den Hausputz machen muss. Diese Mithilfe schätze ich sehr und dafür beneiden mich die Frauen von der Bäuerinnenschule.

Weshalb machst du die Ausbildung zur Bäuerin?

Ich habe mich für die berufsbegleitende Weiterbildung zur Bäuerin entschieden, weil ich mit meiner Schwiegermutter mithalten wollte und sie mir im Grunde überhaupt diese Ausbildung schmackhaft gemacht hat. Die zwei Jahre vergingen wie im Flug, ich habe so tolle Frauen kennen gelernt und es entstanden enge Freundschaften. Ich freute mich auf jeden einzelnen Schultag, wir lernten Dinge, welche man auch tatsächlich im Alltag gebrauchen kann. Sei es in der Küche, im Garten oder im Büro. Zudem haben wir natürlich gerne miteinander den neusten Klatsch und Tratsch ausgetauscht und einander erzählt was die vergangene Woche auf den Höfen so abging. Dieser Austausch unter «Gleichgesinnten» vermisse ich, aber wir treffen uns noch regelmässig und freue mich meine Frauen bald wieder zu sehen.

Magst du etwas über deine Motivation und deine Überzeugungen erzählen?

Ich mag es, dass ich in der Papeterie jeden Tag auf neue Menschen treffe und eine kleine Alltagsheldin sein und den Kunden ein lächeln aufs Gesicht zu zaubern kann. Ich sehe gewisse Parallelen, welche die Arbeit auf dem Hof und in der Papeterie mit sich bringen im Zusammenhang mit dem Familienbetrieb. Positive Aspekte wie zum Beispiel eine innige, reibungslose Zusammenarbeit aber auch negative Aspekte, welche auftreten können wie beispielsweise Generationenkonflikte oder dass man auf Dauer zu eng aufeinander hockt und negative Vibes entstehen können.

Und wie kann man das verhindern?

Das Ziel ist für mich klar dasselbe: Die anfallenden Arbeiten müssen erledigt sein und das in einem angenehmen Arbeitsklima, noch besser es soll einfach «fäge». Der goldene Schlüssel dazu ist für mich eine offene Kommunikation und sich nicht davor zu fürchten seine eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Meinungen auszusprechen. Im Gegenzug braucht es klar ein offenes Ohr, Respekt und Verständnis gegenüber dem anderen und die Empathie sich in den anderen rein zu versetzten und eine Lösung zu finden mit der alle leben können. Ich bin sehr dankbar das ich mich in meinen beiden Teams sehr wohl fühle und das Arbeiten mir viel Spass macht.

Kommentare (2)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • [email protected] | 08.07.2024
    Es ist ein Geschenk so eine offene und fröhlich Person zu kennen bitte bleib so
  • Judith Geser | 05.07.2024
    Ich mag solche Berichte.
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