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Emmentaler AOP: Streit um Löcher endet vor Gericht

Die Sortenorganisation Emmentaler AOP ist im Rechtsstreit mit dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Jene will dem Käse Heublumenpulver zufügen, um die Lochbildung sicherzustellen. Das BLW hingegen sorgt sich um die Wirkungskraft der Ursprungsbezeichnung AOP und verbietet eine dazu notwendige Änderung des Pflichtenheftes. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts steht aus. 

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Seit die Kühe nicht mehr im Stall von Hand gemolken werden, fehlt der Milch etwas, nämlich der «Dreck» in Form von Heustaub. Der gestiegene Hygienestandard beim Melken führt dazu, dass die Milch zu «sauber» wird. Deshalb gibt es im Emmentaler immer kleinere und immer weniger Löcher, schreibt die «Berner Zeitung».

Käse wieder «dreckiger» machen

Die Sortenorganisation Emmentaler AOP (SO Emmentaler) kennt für diese Problematik eine einfache Lösung. Sie will den Käse mit einem Heublumenpulver anreichern und diesen damit wieder «dreckiger» und also löchriger machen. Anders als in Frankreich oder Deutschland ist eine solche Zugabe beim Emmentaler AOP gemäss Pflichtenheft jedoch verboten. Und während in unseren Nachbarländern die charakteristischen grossen Löcher im Käse erhalten bleiben, verschwinden diese zunehmend im Schweizer Käse. 

Die SO Emmentaler will diesem «Verlust an Tradition» entgegenhalten, dem Käse auch in der Schweiz Heublumenpulver zufügen dürfen und dazu entsprechend das Pflichtenheft anpassen. Das BLW erlaubt dies aber nicht. Die SO Emmentaler wiederum akzeptiert diesen Entscheid des Bundes nicht und rekurrierte vor dem Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen.

Lochbildung als komplexer Prozess

Bis sich im Käse Löcher bilden, vollzieht sich ein komplexer Prozess, der von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Dieser beginnt beim Abfüllen des Bruches, dem Pressen, der Art und Weise wie die Bruchkörner verwachsen, der CO2-Bildung durch Starter- oder Zusatz-Kulturen, von vorhandenen Lochansatzstellen und von vielem mehr. Auch die «Verunreinigung» der Milch spielt dabei eine Rolle. 

Auf Anfrage des BLW hätten ihm mehrere Emmentaler-Produzenten bestätigt, dass sich im Käse die gewünschte Anzahl und Grösse der Löcher auch ohne den Zusatz entwickeln können.  Dies ist denn auch die Hauptargumentation des BLW im Streit um eine allfällige Änderung des Pflichtenheftes. Es gebe andere Optionen, um die Lochbildung sicherzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht wird in den nächsten Monaten darüber entscheiden, ob die Reglementierung für die Herstellung von Emmentaler AOP geändert werden darf.

«Heublumenpulver als einzige und beste Lösung»

Am Dienstag, 4. Juni, fand im Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen eine öffentliche Parteiverhandlung statt zum Streitpunkt «Änderung des Pflichtenhefts der Geschützten Ursprungsbezeichnung Emmentaler». Die beiden Parteien, also die SO Emmentaler und das BLW, hatten dabei die Gelegenheit einem dreiköpfigen Richtergremium ihre Standpunkte darzulegen.

Die Käsemasse mit Heublumenpulver zu bereichern, würde auf natürliche Weise die Bildung von Löchern fördern, so die Argumentation der SO Emmentaler, die für den Gerichtstermin einen Anwalt verpflichtet hat. «Heublumenpulver sei gegenwärtig die einzige und beste Lösung dafür», heisst es in einem Gerichtsdokument.

Die Produktion von Emmentaler ist durch das Pflichtenheft jedoch streng geregelt. Damit Käserinnen und Käser dieses Heublumenpulver zufügen können, bedarf es einer Änderung dieses Pflichtenheftes. Das BLW lehnt diese Anpassung aber ab, heisst es im Bericht der «Berner Zeitung».

BLW sieht AOP-Standard gefährdet

Das BLW sorgt sich dabei um die Aussagekraft der geschützten Ursprungsbezeichnung AOP. Eine Änderung des Pflichtenheftes würde diese schwächen und zu einer «Industrialisierung» der Produktion führen. Das Bundesamt erkenne andere Optionen, um die Lochbildung sicherzustellen. «Die Beschwerdeführerin könne ihr Ziel auch mit der so genannten «beherrschten Filtration» der Milch bei der traditionellen Käseherstellung erreichen, ohne dabei die hygienische Sicherheit der Produkte in Frage zu stellen», heisst es im erwähnten Gerichtsdokument.

Das BLW bekräftigte vor Gericht ihre Position, dass die Zugabe von Heublumenpulver nicht nötig sei, um die Bildung von Löchern zu fördern. Es will das Pflichtenheft nicht ändern. Isabelle Pasche, die das BLW bei den Verhandlungen vertrat, wies auf die weiterhin hohe Qualität des Emmentalers hin, auch ohne die Zufügung von Heupulver. Der zunehmende Hygienestandard stünde nicht im Widerspruch zur Tradition.

Pasche gab dem Richtergremium auch zu verstehen, dass mit der künstlichen Beigabe des Heupulvers genau gesteuert werden könne, wie viele und wie grosse Löcher ein Käse haben soll. Dies würde den Emmentaler zu einem Standardprodukt machen und die Produktion «industrialisieren», was dem Pflichtenheft widerspreche. Das Pflichtenheft sei jedoch dazu da, eine solche Standardisierung zu verhindern, so die BLW-Juristin.

-> Hier gibt es einen Überblick über das «Emmentaler-Gebiet». 

Charakter des Emmentalers ändere sich nicht

Diese Argumentation der Standardisierung lässt wiederum Jürg Simon, der Anwalt der SO Emmentaler, nicht gelten. Das Pflichtenheft an sich sei schon eine Standardisierung.  Simon führte aus, dass es wissenschaftlich unbestritten sei, dass Heupartikel die Lochbildung fördern könne ( > Heublumenstaub macht Käse löchrig). Dadurch werde auch der Charakter des Emmentalers nicht verändert. Auch sei die Argumentation des BLW nicht stichhaltig, so Simon weiter.

Auch von einer Industrialisierung könne durch die Änderung des Pflichtenheftes keine Rede sein, so der Emmentaler-Anwalt weiter. Die vom BLW vorgeschlagene Filtration sei zudem mit hygienischen Risiken verbunden, argumentierte Simon. «Wir erhalten die Tradition und die Originalität des Emmentalers», wird Simon von der «Berner Zeitung» zitiert. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird in einigen Monaten erwartet. Dieses Urteil kann dann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Weitere «Schweizer Bauer»-Artikel zum Thema: 

-> Wieso die Löcher im Käse verschwinden

-> Was die Lochbildung beeinflusst

-> Weniger Löcher wegen zu sauberer Milch.

Kommentare (1)

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  • Gesunder Menschenverstand | 08.06.2024
    Das Bundesamt gegen Landwirtschaft muss sich überall einmischen. Verkauft das BLW den Käse?
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