Die Mitgliedstaaten stimmten im Oktober über die Verlängerung ab. Dabei war eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 15 der 27 EU-Mitgliedern, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten müssen, erforderlich, um den Vorschlag entweder zu unterstützen oder zu blockieren. Es gab aber keine Mehrheit.
10 Jahre verlängert
Am 16. November wurde nun in einem Berufungsausschuss über die Erneuerung der Zulassung diskutiert. Schlussendlich fand sich hier weder eine qualifizierte Mehrheit für noch gegen den Vorschlag. Nach geltendem EU-Recht darf die EU-Kommission bei fehlender qualifizierter Mehrheit im Alleingang entscheiden.
Das hat sie nun getan. Die Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat wird in der EU um zehn Jahre verlängert. Die derzeitige Zulassung wäre Mitte Dezember ausgelaufen. Es werde aber neue Auflagen und Einschränkungen geben, teilte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel weiter mit.
Unter anderem sollen Landwirte mindestens fünf Meter breite Pufferstreifen einhalten. Die Mitgliedsstaaten sollen zudem die Menge und die Häufigkeit für den Einsatz des Mittels beschränken können. Es soll auch verboten werden, Glyphosat als Trockenmittel vor der Ernte einzusetzen. Die EU-Staaten müssen zudem bei Risikoanalysen besonders auf den Schutz von Tieren wie Wühlmäusen oder Wildblumen achten.
Wirkung von Glyphosat-Behandlungen gegen Altunkräuter in einer abgefrorenen Winterzwischenfrucht
lfl
Efsa: Zulassung unkritisch
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) sah eine Wiederzulassung in ihrer jüngsten Bewertung unkritisch. Sie bewertet die von ihr untersuchten Risiken als nicht so gross, dass eine weitere Zulassung untersagt werden müsste. Die Efsa hat aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hingewiesen.
Zu den Aspekten, die nicht abschliessend geklärt wurden, gehören laut Efsa etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Auch mit Blick auf den Artenschutz liessen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.
Hitzige Debatte
Um Glyphosat tobt schon lange eine hitzige Debatte – so sehen Kritiker darin etwa eine Gefahr für die Biodiversität. Zudem weisen sie oft auf eine Einschätzung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) hin, die Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend einstuft.
Das Umweltinstitut München wirft der Efsa vor, sich einseitig auf von der Industrie finanzierten Studien zu stützen, die Glyphosat Harmlosigkeit bescheinigten. Die Schlussfolgerungen bezeichnete das Umweltinstitut als «fragwürdig». Dass die Efsa keine kritischen Problembereiche festgestellt habe, sei nicht nachvollziehbar. Zudem fehle der Kommission eindeutig das politische Mandat, das Pestizid weiterhin zuzulassen.
Umweltverbände und Grüne sehen das Mittel kritisch. «Der Schutz der Gesundheit von Millionen Europäerinnen und Europäern muss vor den Konzerninteressen Bayers stehen», teilte die deutsche Europaabgeordnete Jutta Paulus (Grüne) mit.
Bayer zufrieden
Glyphosat-Hersteller Bayer hingegen begrüsste die Ergebnisse der Efsa. «Diese abschliessende wissenschaftliche Schlussfolgerung legt den Grundstein für die erfolgreiche Wiederzulassung von Glyphosat in der EU», hiess es. Sie stehe im Einklang mit den Bewertungen führender Gesundheitsbehörden. Bei Bayer zeigt man sich erleichtert über den Entscheid der EU: «Wir freuen uns für alle Landwirte, dass die Europäische Kommission heute bestätigt hat, dass sie Glyphosat für die Verwendung in der EU für weitere 10 Jahre genehmigen wird», so ein Sprecher zu agrarheute.com.
Diese erneute Genehmigung ermögliche es Bayer, Landwirten in der gesamten Europäischen Union weiterhin eine wichtige Technologie für die integrierte Unkrautbekämpfung zur Verfügung stellen zu können.
Glyphosat zählt zu den weltweit am meisten eingesetzten Herbiziden und wurde vom US-Konzern Monsanto entwickelt, den Bayer übernommen hat. Glyphosat wird auch als Totalherbizid bezeichnet, es lässt Pflanzen absterben.
Offene Fragen gemäss Efsa
Zu den offenen Fragen gehören u. a. das Fehlen von Informationen über die Toxizität eines der Bestandteile der zur Bewertung vorgelegten Pestizidformulierung auf der Basis von Glyphosat; diese Information werden benötigt, um die Risikobewertung der Formulierung für repräsentative Verwendungszwecke abzuschliessen. Für die betreffende Formulierung lagen keine Hinweise auf akute Toxizität oder Genotoxizität vor.
In Bezug auf Biodiversität stellten die Sachverständigen fest, dass die Risiken im Zusammenhang mit den repräsentativen Verwendungszwecken von Glyphosat komplex und von mehreren Faktoren abhängig sind. Sie wiesen zudem auf das Fehlen harmonisierter Methoden und vereinbarter spezifischer Schutzvorgaben hin. Insgesamt lassen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu diesem Aspekt der Risikobewertung zu, und Risikomanager können Massnahmen zur Risikominderung in Betracht ziehen.
Im Hinblick auf die Ökotoxikologie erlaubte das Datenpaket einen konservativen Risikobewertungsansatz, im Rahmen dessen für 12 von 23 vorgeschlagenen Verwendungen von Glyphosat ein hohes langfristiges Risiko für Säugetiere ermittelt wurde. -> Mitteilung der Efsa