Vor fünf Jahren haben vier Jungunternehmer das Unternehmen «Gmüesgarte» gegründet. Sie verkaufen Gemüse, dass nicht den Handelsnormen entspricht. Nun kämpft «Gmüesgarte» ums Überleben und lanciert deshalb ein Crowdfunding.
Die Idee ist lobenswert: Beim Gmüesgarte werden Rüebli, Kartoffeln oder Salate, die über kleine, äusserliche Makel verfügen, an die Frau und an den Mann gebracht. Die Landwirte, die Erzeugnisse liefern, erhalten einen marktüblichen Preis. So wird Lebensmittelverschwendung verhindert.
Hunderte Tonnen Lebensmittel gerettet
Aus den Lebensmitteln werden Salate produziert, zudem werden Abo-Taschen ausgeliefert und Caterings organisiert. Und auch Restaurants werden beliefert. «So leisten alle Beteiligten – Landwirte sowie Kunden – einen Beitrag gegen die Verschwendung von Lebensmitteln», teilt der «Gmüesgarte» mit.
In einem Laden in der Altstadt von Bern wurden in den vergangenen fünf Jahren hunderte Tonnen Lebensmittel gerettet. Die Produkte werden auch Online abgesetzt. «Ich bin auf einem Bauernhof im Seeland aufgewachsen und habe erlebt, was es bedeutet, Gemüse und Früchte zu produzieren. Dass viel davon weggeworfen wird, hat mir schon immer zu denken gegeben, und ich wollte mich dagegen engagieren», sagte Franziska Güder, Geschäftsführerin und Gründungsmitglied des Gmüesgarte, im Sommer 2018 zu «Schweizer Bauer».
Von Bauern aus der Region
Die von der Form und Aussehen her nicht der Norm entsprechenden Lebensmitteln stammen von Bauern aus der Region Bern, hauptsächlich aus dem Seeland. Das Unternehmen zahlt den Bauern einen marktüblichen Zweitklasse-Preis. «Unser Konzept in kommt in Landwirtschaftskreisen gut an. «Gmüesgarte» arbeitet mittlerweile mit über dreissig Landwirten sowie Betriebsgemeinschaften zusammen», teilte das Unternehmen im Januar 2021 mit.
Nun hat die Nachfrage der Kunden deutlich nachgelassen. Und das ist für «Gmüesgarte» existenzbedrohend. Die Kunden haben ihr Konsumverhalten nach Pandemie angepasst und kaufen nun vermehrt in der Nähe von zuhause oder online mit Lieferung ein. «Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass wir zum Teil einschneidende Massnahmen treffen mussten. Zuletzt haben wir unseren Laden an der Marktgasse in einen reinen Selbstbedienungsladen umfunktioniert und so mehr Flexibilität erhalten, wann und wofür wir unsere Mitarbeitenden einsetzen», heisst es in einer Mitteilung vom 13. März.
Kein finanzielles Polster
Das sei zwar wirtschaftlich sinnvoll. Das Einkaufserlebnis habe sich jedoch verändert, und damit «ein Stück weit auch der ‘Gmüesgarte’ selbst», heisst es weiter. Die Massnahmen wurden notwendig, weil das Unternehmen nach eigenen Angaben vor der Pandemie über kein finanzielles Polster verfügte. Und während der Pandemie wurden grosse Verluste eingefahren. Die Situation ist also kritisch.
Die Unternehmer wollen aber noch nicht aufgeben und starten deshalb ein Crowdfunding. «Wir wollen aufmerksam machen auf die Problematik. Wir sensibilisieren und wollen unser Ernährungssystem nachhaltig umbauen», halten sie kämpferisch fest. Die Vision sei, dass es den «Gmüesgarte» irgendwann nicht mehr brauche, weil alle Lebensmittel den Weg auf den Teller fänden.
20'000 Franken als Schwelle
Ob sich die Vision erfüllt, wird sich in den nächsten Wochen weisen. Als Finanzierungsschwelle haben sich das Unternehmen bis zum 9. April 20'000 Franken als Limite gesetzt. Mit dem Geld sollen der Kühlschrank ersetzt und ein neues Fahrzeug beschafft werden. Als Finanzierungsziel werden 35'000 Franken angegeben.
Bis zum 15. März kamen gut 5'400 Franken zusammen, also rund 26 Prozent der gewünschten Summe. In den nächsten 25 Tagen müssen weitere 15'000 Franken gespendet werden. Kommt nicht genügend Geld zusammen, heisst beim Jungunternehmen wohl bald Lichterlöschen.
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