/fileadmin/images/logo.svg

Artikel werden durchsucht.

Laborfleisch schneidet nicht besser ab

 

Laborfleisch hat eine bessere Klimabilanz als herkömmliches Fleisch, heisst vonseiten Hersteller und Handel. Neue Studien zweifeln daran, dass die Produktion von «kultiviertem Fleisch» umweltfreundlicher ist. Denn der Energieverbrauch für das Herstellungsverfahren ist sehr gross. Und auch in Sachen Treibhausgase ist die Bilanz schlechter.

 

Für die Produktion dieses «in-vitro-Fleisches» braucht es ein winziges Stück Gewebe, zum Beispiel von einer Kuh oder einem Huhn. Die darin enthaltenen Zellen vermehren sich im Labor zum Zellhaufen.

 

Fleischverbrauch wird weiter steigen

 

Das niederländische Unternehmen Mosa Meat hatte 2013 den ersten Burger aus im Labor kultiviertem Fleisch vorgestellt. Dieser wurde damals mit Kosten von über 270'000 Franken veranschlagt. «Der Burger war 2013 noch so teuer, weil es damals eine neue Wissenschaft war und wir in sehr kleinem Massstab produzierten», erklärte eine Sprecherin von Mosa Meat im Sommer 2019. «Sobald die Produktion hochgefahren ist, rechnen wir mit Herstellungskosten von rund neun Euro», sagte sie weiter.

 

Seither wurden mehrere Unternehmen gegründet, die in diesem Bereich forschen und auf den Marktdurchbruch hoffen. Dies vor allem auch deshalb, weil der Fleischkonsum weiter steigen wird. Gemäss Berechnungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wird die weltweite Nachfrage nach Fleisch bis 2050 um 70 Prozent ansteigen. Die Befürworter von sogenanntem «Clean Meat» glauben, dass Laborfleisch der einzige umweltverträgliche Weg ist, um den wachsenden Fleischbedarf zu decken.

 

Bell investiert 7 Millionen Euro

 

Bei Mosa Meat ist unter anderem der Schweizer Fleischverarbeiter Bell mit 2 Millionen Euro eingestiegen. Bell wolle Mosa Meat dabei auch mit ihrer Kompetenz und ihrem Know-how unterstützen, sagte die Coop-Tochter im Sommer 2018.

 

2020 investierte Bell weitere 5 Millionen in das Unternehmen. Mit dem Engagement bei Mosa Meat wolle Bell langfristig die Entwicklung neuer Produktionsmethoden unterstützen, die eine mögliche Alternative für jene Konsumenten bieten, die aus ethischen Gründen ihren Fleischkonsum hinterfragen, hiess es im Sommer 2020.

 

Mosa Meat hat eine Technologie entwickelt, mit der direkt aus tierischen Zellen kultiviertes Rindfleisch hergestellt werden kann. Co-Gründer und Forschungsleiter des Unternehmens ist Professor Mark Post von der Universität Maastricht.
David Parry / PA Wire

 

Bereits 2019 Kritik an Laborfleisch

 

Aber bereits 2019 gab es Kritik an dem «sauberen Fleisch». «Einige Studien haben zwar gezeigt, dass Zuchtfleisch weniger ‚Futter‘ benötigt als die konventionelle Tierproduktion, dafür aber mehr Energie», sagte Umweltwissenschaftler John Lynch von der Universität Oxford im Sommer 2019. «Wenn dies der Fall ist, dann hängen die Auswirkungen auf das Klima davon ab, woher diese Energie kommt», fuhr der Forscher fort.

 

2020 stieg auch die Migros in das Geschäft mit Laborfleisch ein. Sie investierte in die israelische Biotech-Firma Aleph Farms, Darunter sind grosse Labors zu verstehen, wo Fleischzellen vom Rind zu Steaks herangezüchtet werden. «Wir nennen das Biofarm und die Produktion sieht aus wie bei einem Milchverarbeiter», sagte Aleph-Farms-Gründer Didier Toubia im März 2020 zur «Handelszeitung». Toubia hatte aufgrund der Zusammenarbeit mit Migros vor allem die Schweiz im Fokus: «Wir arbeiten an einem Modell, um in der Schweiz lokal zu produzieren, mit Zellen von Schweizer Kühen», fuhr er fort.

 

Migros: «Besser Klimabilanz und keine Schlachtung»

 

Erst vor wenigen Wochen gab die Migros bekannt, mit einem Innovationszentrum die Entwicklung von Produkten aus kultivierter Landwirtschaft vorantreiben, um Marktanteile zu gewinnen. die Migros, der Aromen- und Riechstoffkonzern Givaudan sowie der Maschinenbauer Bühler haben dazu den Cultured Food Innovation Hub gegründet, das zu 100% im Besitz der drei Unternehmen ist. Der Cultured Food Innovation Hub wird 2022 in Betrieb gehen.

 

Das Innovationszentrum soll Start-Ups unterstützen, die Ersatzprodukte für herkömmliches Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte sowie weitere Alternativen auf pflanzlicher Basis entwickeln. Die Nachfrage nach Lebensmitteln auf pflanzlicher Basis sei in den vergangenen Jahren deutlich angestiegene, begründen die drei Firmen den Schritt. Zudem habe «kultiviertes Fleisch» eine deutlich bessere Klimabilanz, komme ohne den Einsatz von Antibiotika, Schlachtung oder Massentierhaltung aus und leiste einen Beitrag zur Ernährungssicherheit.

 

Laborfleisch auf Schlachtung angewiesen

 

In Singapur wird Laborfleisch wohl erstmals auf den Markt gelangen. Die Lebensmittelsicherheitsbehörde des Stadtstaates (SFA) hat dem US-Unternehmen Eat Just im Dezember 2020 die Freigabe für Pouletfleisch aus dem Labor erteilt. Das Fleisch aus dem Bioreaktor soll zunächst in mundgerechten Zubereitungen in Restaurants erhältlich sein, bevor es auch an Kunde verkauft wird.

 

Doch ohne Schlachtung geht es bei Eat Just nicht, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Das Laborfleisch wurde unter Einsatz von fötalem Kälberserum gezüchtet. Um an dieses Serum zu gelangen, wird einer frisch geschlachteten Kuh der Fötus aus dem Uterus geschnitten und diesem unbetäubt Blut abgenommen. Nach eigenen Angaben haben Firmen einen Ersatz dafür gefunden – etwa aus Pflanzen oder Pilzen. Details machen sie nicht öffentlich.

 

Hoher Energieverbrauch

 

Neue Studien zweifeln nun aber daran, dass die Herstellung von «kultiviertem Fleisch» umweltfreundlicher ist als jene von herkömmlichem Fleisch. Zwar entstehen etwa bei der Anzucht von Hackbällchen 75 Prozent weniger Treibhausgase als etwa bei Rindern auf der Weide, schreibt die «NZZ am Sonntag» mit Verweis auf eine neue Übersichtstudie.

 

Beim Schweinefleisch jedoch sind die Treibhausgasemissionen von Laborfleisch um ein Zweifaches höher, bei Geflügel um ein Dreifaches. Noch schlechter sieht die Bilanz beim Energieverbrauch aus. Die Zellen brauchen 37 Grad Körpertemperatur, und auch die Sterilisation der Anlagen sowie die Herstellung der notwendigen Nährmedien benötigen Energie. Je nach Studie schneidet das Fleisch aus dem Bioreaktor in Sachen Energieverbrauch schlechter ab als herkömmliches Rindfleisch, auf jeden Fall aber schlechter bei Huhn oder Schwein.

 

«Heilsversprechen»

 

Gemäss einer niederländischen Studie müssten mehr als 30 Prozent der notwendigen Energie aus erneuerbaren Quellen stammen, damit das Laborfleisch beim CO2-Fussabdruck mit konventionell hergestelltem Geflügel- und Schweinefleisch mithalten kann. Beim Land- und Wasserverbrauch ist Laborfleisch ressourcenschonender.

 

«Man kann noch gar keine zuverlässigen Aussagen darüber machen, wie sich In-vitro-Fleisch auf Klima, Umwelt und Gesundheit auswirken wird», sagt Technikphilosophin Silvia Woll vom Karlsruher Institut für Technologie zur «NZZ am Sonntag». Die Unternehmen würden Heilsversprechen aussprechen. «Doch wenn man an der Basis klopft, klingt es hohl», kritisiert Woll.

 

Hohe Kosten für Nährmedium

 

Und gemäss der niederländische Unternehmensberatung CE Delf ist die Erzeugung von In-Vitro-Fleisch um den Faktor 100 bis 10’000 teurer als die Produktion herkömmlicher Ware. Um «Laborfleisch» konkurrenzfähig zu machen, müssten also die Produktionskosten erheblich gesenkt werden.

 

Wichtigster Kostentreiber seien das Nährmedium sowie die darin enthaltenen Wachstumsfaktoren und rekombinanten Proteine, vor allem Albumin. Sogar bei einer deutlichen Verringerung des Nährmediumbedarfs sowie einer erheblichen Verbilligung der Wachstumsfaktoren und Proteine würde die Erzeugung von In-vitro-Fleisch aber noch rund 15 $ (14 Fr.) je Kilogramm kosten, im Vergleich zu etwa 2 $ (1,87 Fr.) für herkömmliches Fleisch.

 

Laborfleisch: Forscher sehen viele offene Fragen

 

Dänische Forscher gehen nicht davon aus, dass sich In-vitro-Fleisch allzu bald am Markt durchsetzen wird. Nach einer Analyse des Dänischen Technologischen Instituts (DTI) von aktuellen Studien und der begleitenden Fachliteratur sind derzeit noch viele Fragen bezüglich der Massenproduktion von Kunstfleisch offen. 

 

Noch fehlt es nach Angaben der DTI-Wissenschaftler ausserdem an belastbaren Einschätzungen zu den Umweltfolgen der In-vitro-Fleischerzeugung. Zwar werde oft behauptet, dass die Technologie ressourcensparend sei. Wissenschaftliche Belege dafür seien bisher jedoch «überschaubar».

Kommentare (1)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Nasri | 18.10.2021
    Solange der Missbrauch & Mord der Lebewesen als gratis betrachtet wird, solange wird auch diese etwas weniger gewalttätige Lösung es schwer haben ????

Das Wetter heute in

Umfrage

Habt Ihr euren Mais geerntet?

  • Ja:
    33.51%
  • Nein:
    37.01%
  • Teilweise:
    22.07%
  • Habe keinen Mais:
    7.41%

Teilnehmer insgesamt: 1713

Zur Aktuellen Umfrage

Bekanntschaften

Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?