In den vergangenen Jahren haben verschieden Tierschutzorganisationen über die miserablen Haltungsbedingungen von Pferden in Südamerika berichtet. Die Organisationen forderten die Branche auf, auf den Import von solchem Fleisch zu verzichten. 2019 berichteten Tierschützer von Missständen in Schlachthöfen.
Tiere misshandelt
Noch immer stürben Pferde in den Paddocks der Schlachthöfe und deren Sammelstellen, es gebe keine verlässliche Rückverfolgbarkeit und die Pferde würden brutal misshandelt, teilte der Tierschutzbund Zürich (TSB) damals mit . Betroffen sind laut Tierschutzbund die Lieferantenschlachthöfe in Uruguay und Argentinien sowie die Schlachthöfe und Feedlots in den USA und Kanada.
Importeure fühlten sich ungerecht behandelt
Doch die Fleischbranche wiegelte ab und liess verlauten, dass ihre eigenen Prüfer keine Missstände entdeckt hätten. So sagte der Verband der Schweizer Pferdefleischimporteure (VPI) zu den Vorwürfen der Tierschützer: «Wir tolerieren in keiner Weise leidende Tiere in den Schlachtbetrieben.» Die Schlachthöfe würden von der unabhängigen Zertifizierungsstelle SGS kontrolliert und zertifiziert.
Zudem fühlt sich der VPI ungerecht behandelt. «Wir gehen davon aus, dass die Aufnahmen auf Weiden, die nicht zu den Schlachthöfen gehören, gemacht wurden oder älteren Datums sind», sagte der Verband im Oktober 2019 zum «Tages-Anzeiger».
Der Inlandanteil beim Pferdefleisch lag 2022 bei 7,3 Prozent.
Hafl
Neuer Bericht der EU
Ein neuer Bericht der EU-Kommission weist nun auf Mängel im Kontrollsystem hin. Gemäss Bericht fehlt oft die eidesstattlichen Erklärungen über die Behandlung mit Tierarzneimitteln oder sie ist zum Teil falsch. Zudem wurde die fehlende Rückverfolgbarkeit des importierten Fleischs kritisiert. Kontrolleure haben in einem uruguayischen Betrieb, der Pferde an EU-zertifizierte Schlachthöfe liefert, eine «beträchtliche Anzahl von Pferden unbekannter Herkunft» identifiziert, teilte der Tierschutzbund Zürich (TSB) Anfang November mit.
«Noch immer kommen 1000 Tonnen Pferdefleisch aus Argentinien und Uruguay in die Schweiz. Die Kontrollen auf Medikamentenrückstände sind nahezu inexistent. Gerade mal 10 Stichproben waren es im Jahr 2021», kritisierte der TSB. Bezüglich der Rückverfolgbarkeit habe der TSB seit 2012 mehrere Dossiers vorgelegt, heisst in der Mitteilung weiter.
Der Tierschutzbund forderte deshalb den Bund auf, den Import von Pferdefleisch aus Südamerika umgehend zu stoppen, aus Konsumentenschutzgründen und im Interesse der gequälten Pferde.
Pferdefleisch
In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr 2109 Tonnen Pferdefleisch konsumiert. 92,7 Prozent oder 1956 Tonnen wurden importiert. Die Inlandproduktion sank 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent auf 154 Tonnen. Der Pro-Kopf-Konsum lag 2022 bei 240 Gramm, 8,3 Prozent oder 20 Gramm weniger als im Jahr zuvor. Zum Vergleich: Beim Rindfleisch liegt lag der Pro-Kopf-Konsum 2022 bei 10,98 Kilo, beim Geflügel bei 15 Kilo und beim Schweinefleisch bei 20,70 Kilo.
Händler sollen freiwillig verzichten
Die Fleischbranche reagiert auf die neuen Erkenntnisse aus dem EU-Bericht. Zwar habe sich der Tierschutz gegenüber früheren Audit-Berichten zwar verbessert. «Aber er ist immer noch in vielen Bereichen mangelhaft», schreibt die Proviande. Aufgrund dieses Mangels, der fehlenden Rückverfolgbarkeit und «damit auch der nicht nachvollziehbare Einsatz von Medikamenten in der Aufzucht» fordert die Branche nun Massnahmen.
Der Verwaltungsrat von Proviande ruft den Fleischhandel dazu auf, freiwillig auf Importe von Pferdefleisch aus Argentinien und Uruguay zu verzichten. Gleichzeitig fordert er das Bundesamt für Veterinärwesen als Vollzugsbehörde auf, ein Importverbot zu erlassen, «damit auch etwaige Schlupflöcher geschlossen werden können.»
Doch ein Importverbot kann die Schweiz nicht so auf die Schnelle vollziehen. «Importbeschränkungen wird der Bund aber nur in Absprache mit der EU verfügen», sagte das zuständige das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zum «Tages-Anzeiger». Dies deshalb, weil die Schweiz zusammen mit der EU einen gemeinsamen Veterinärraum bildet. Die Schlachthöfe werden von der EU kontrolliert. Die EU kann bei wiederholten Verstössen fehlbare Betriebe von der Liste streichen. Die Schweiz würde in der Folge nachziehen, sagte das BLV Anfang November.