Eine Motion von Nationalrat Marcel Dettling (SVP/SZ) fordert, dass Milch grundsätzlich nicht zur Käseherstellung importiert werden darf. Der Nationalrat stimmte dem Begehren zu. Der Ständerat will davon aber nichts wissen.
Mit der Motion «Stopp dem Milchchaos» fordert Landwirt Marcel Dettling, dass Milch nicht für den Veredelungsverkehr zur Käseproduktion eingeführt werden darf. Das heisst, Milch aus dem Ausland wird in der Schweiz zu Käse verarbeitet. Dieser wird anschliessend wieder exportiert. Für andere Produkte soll für Milch nur bei absoluter Mangellage eine saisonale Bewilligung für Veredelungsverkehr erteilt werden, fordert Dettling. Die Zollbestimmungen sollen entsprechend geändert werden.
Preise nicht kostendeckend
Der Schwyzer argumentiert, dass die Schweiz als Grasland prädestiniert für Milchproduktion ist. «Kühe wandeln Gras in Milch um, und am Lebensende gibt es noch Fleisch daraus – ein sensationeller Kreislauf», führte Dettling in der Herbstsession 2022 im Nationalrat aus. Milch sei der wichtigste Rohstoff der Schweizer Landwirtschaft. Der Anteil am Produktionswert in der Schweizer Landwirtschaft betrage 23,4 Prozent.
Die Produzentenpreise seien aber nicht kostendeckend, kritisierte Dettling. «Der ausbezahlte Milchpreis bewegt sich zwischen 55 und 60 Rappen, und dies im Hochlohnland Schweiz. Statt nun die Milch anständig zu bezahlen, wird Milch importiert. Das geht gar nicht», sagte er weiter. Die Milchpreise würden nicht angehoben, weil der Markt mit Billigimporten ausgehebelt werde und die Gesuche mit einer Laufzeit von drei Jahren bewilligt würden.
Mit dem Veredelungsverkehr würden Verarbeiter versuchen, den Preis für Schweizer Milch unter Druck zu setzen. «Der Veredelungsverkehr von Milch für die Käseproduktion ist deshalb auszuschliessen», forderte Dettling. Das sah auch die Mehrheit seiner Kolleginnen und Kollegen so. Der Nationalrat stimme der Motion mit 109 Ja- und 71 Nein-Stimmen bei 11 Enthaltungen zu.
Aktiver Veredelungsverkehr
Der aktive Veredelungsverkehr dient zur vorübergehenden Einfuhr von Waren zur Bearbeitung, Verarbeitung oder Ausbesserung. Die Waren werden in die Schweiz eingeführt mit dem Ziel eine Veredelung vorzunehmen und danach wieder ins Ausland zu exportieren. Der aktive Veredelungsverkehr ist immer bewilligungspflichtig und muss in der Einfuhrzollanmeldung mit dem Typ Veredelungsverkehr angemeldet werden. Die Waren können zollbefreit oder mit Anrecht auf Zollrückerstattung vorübergehend eingeführt werden. Auch eine Befreiung von der Mehrwertsteuer ist möglich.
Voraussetzung für Gesuche erfüllt
Der Ständerat hat die Motion am Mittwoch behandelt. Und sie fiel in der kleinen Kammer durch. Das Begehren ist erledigt. «Der aktive Veredelungsverkehr mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist nur erlaubt, wenn gleichartige inländische Erzeugnisse nicht in genügender Menge verfügbar sind oder wenn für solche Erzeugnisse der Rohstoffpreisnachteil nicht durch andere Massnahmen ausgeglichen werden kann», sagte Kommissionsprecher Peter Hegglin (Mitte/ZG).
Der Präsident der Branchenorganisation Milch (BOM) sieht diese Voraussetzung für die Bewilligung der Veredelungsverkehrsgesuche als erfüllt an. Eine ähnlich lautende Motion von Ständerat Wener Salzmann (SVP/BE) lehnte der Ständerat (siehe Kasten unten) im Sommer ab. «Der Kommission war es damals wichtig zu prüfen, ob die Deklarationsbestimmungen korrekt eingehalten werden. Der Kommission wurden die entsprechenden Deklarationen zugestellt. Daraus schloss dann die Kommission, dass alles korrekt deklariert worden ist und, wie gesagt, kein weiterer Handlungsbedarf besteht», führte Hegglin weiter aus.
«Schwächt Schweizer Bauern»
Werner Salzmann gab zu bedenken, dass die heutige Regelung der Veredelung ausländischer Verkehrsmilch in der Schweiz die Schweizer Milchproduzenten schwächt. «Einerseits schwächt sie die inländische Milchproduktion, und andererseits untergräbt sie die schweizerische Qualitätsstrategie. Schlussendlich schwächt dies auch die Exportchancen des in der Schweiz aus Schweizer Milch produzierten Käses», sagte der Berner. Eine Motion wäre deshalb der richtige Weg.
Ähnliche Motion im Ständerat gescheitert
Mit seiner Motion wollte Ständeart Werner Salzmann (SVP/BE) verbieten, dass Milch für den Veredelungsverkehr zur Käseproduktion in die Schweiz eingeführt werden darf. Die kleine Kammer lehnte das Begehren, wenn auch relativ knapp, Anfang Juni 2022 ab.
Für Salzmann wird mit dem Veredelungsverkehr versucht, den Preis in der Schweiz zu drücken. Deshalb wollte er diese Schwachstelle «eliminieren». Milch sei der wichtigste Rohstoff der Schweizer Landwirtschaft. «Seit der Abschaffung der Milchkontingente sind jedoch die Preise für die Milchproduktion unterdurchschnittlich schlecht. Die Milchbauern können bei diesen tiefen Preisen nicht kostendeckend arbeiten», hielt Salzmann in seinem Vorstoss fest.
Gesuche um Veredelungsverkehr zur Käseproduktion seien neu und momentan noch selten. «Es geht mir hier um das Prinzip. Dieser aktive Veredelungsverkehr ist eine weitere Form des Abbaus des Grenzschutzes, nichts anderes», sagte er weiter.
Verbände machten keine Einsprache
Ebenfalls gegen die Motion stellte sich der Bundesrat. Ueli Maurer sagte, dass der Veredelungsverkehr für die Schweizer Industrie grundsätzlich von Bedeutung und wichtig ist. Bei der Milch würden Gesuche nur bewilligt, wenn es zu wenig Milch habe. In diesem Jahr hat der Bundesrat gemäss Ueli Maurer zwei Gesuche gutgeheissen. Er wies darauf hin, dass diese bei den Verbänden und Organisationen jeweils angemeldet werden. «Sie können Einsprache erheben. Wenn keine Einsprache erfolgt, wird das entsprechend bewilligt», stellte Maurer klar.
Der Bundesrat führte aus, dass vor allem die korrekte Deklaration wichtig ist. Das Produkte dürfe nicht als «Käse aus der Schweiz» gekennzeichnet werden. «Es wird einfach hier verarbeitet. Das wird auch entsprechend kontrolliert. Aus unserer Sicht wäre es nicht logisch, hier für einen kleinen Bereich eine Einschränkung zu machen», so Maurer.
6 Millionen Kilo importiert
Er nannte auch die Mengen für den aktiven Veredelungsverkehr. «Wenn wir die Gesuche anschauen: In diesem Jahr waren es einmal 2 Millionen und einmal 4 Millionen Liter Biomilch, die offenbar gefehlt haben», führte er aus. Das seien relativ kleine, harmlose Mengen, sagte der Bundesrat. Zum Vergleich: In der Schweiz werden pro Jahr 3,4 Milliarden Kilo Milch produziert. 2021 wurden knapp 1,6 Milliarden Kilo zu Käse verarbeitet.
Die Gesuche seien von den Produzentenorganisationen «ohne Einsprachen» gutgeheissen worden. Die Gesuche seien breit abgestützt. «Ich glaube nicht, dass wir hier von Milchchaos sprechen können», so Maurer. Natürlich sei für die Schweizer Bauern eine Chance, diese Importmengen zu produzieren. «Dann muss man sie nicht zur Veredelung importieren», hielt der Finanzminister fest.
Laut Zollgesetz ist der aktive Veredelungsverkehr nur unter zwei Kriterien möglich. Ist eines dieser zwei Kriterien erfüllt und steht ihm kein überwiegendes öffentliches Interesse entgegen, ist der Veredelungsverkehr auch für landwirtschaftliche Erzeugnisse zugelassen.
- wenn gleichartige inländische Erzeugnisse nicht in genügender Menge verfügbar sind.
- für solche Erzeugnisse der Rohstoffpreisnachteil nicht durch andere Massnahmen ausgeglichen werden kann (wenn der Marktpreis, den Käsehersteller für die Milch zahlen muss, auch nach Abzug der Zulagen für verkäste Milch und Verkehrsmilch [15 Rp. total], noch höher als der Einkaufspreis im Ausland ist).
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