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«Nicht realistisch»: Bundesrat lehnt Ernährungsinitiative ab

Der Bundesrat empfiehlt dem Parlament, die Ernährungsinitiative abzulehnen. Nun können die Räte entscheiden. Am Mittwoch hat der Bundesrat die Botschaft zuhanden des Stände- und Nationalrats verabschiedet.

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Zudem verzichtete er auf einen direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine sichere Ernährung – durch Stärkung einer nachhaltigen inländischen Produktion», wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Die Ziele der Initiative wären nur mit tiefgreifenden staatlichen Interventionen erreichbar, begründete er seine Ablehnung.

Netto-Selbstversorgungsgrad von 70%

Am 16. August 2024 wurde die sogenannte «Ernährungsinitiative» eingereicht. Sie sieht die Stärkung der Selbstversorgung, die Sicherung der Grundwasserressourcen sowie die Förderung einer nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft vor und verlangt unter anderem, dass die Land- und Ernährungswirtschaft vermehrt auf die Produktion und den Konsum von pflanzlichen statt tierischen Lebensmitteln ausgerichtet wird. Die Ernährungssicherheit soll durch eine Steigerung des Netto-Selbstversorgungsgrads von heute 46 Prozent auf mindestens 70 Prozent erhöht werden.

Weiter fordert die Initiative die Sicherstellung von genügend sauberem Trinkwasser, der Biodiversität und der Bodenfruchtbarkeit. Die in den Umweltzielen Landwirtschaft festgelegten Höchstwerte für Dünger- bzw. Nährstoffeinträge in die Umwelt dürfen nicht mehr überschritten werden. 

Produktion und Konsum steuern

Das Ziel solle in zehn Jahren erreicht werden. Diese Frist sei «nicht realistisch», stellt der Bundesrat klar. «Dies gilt insbesondere für die geforderte Erhöhung des Netto-Selbstversorgungsgrades auf mindestens 70 Prozent bei gleichzeitiger Erreichung der Umweltziele Landwirtschaft», führt er aus. 

Um das Ziel zu erreichen, müsse die Produktion und der Konsum von Fleisch stark reduziert und die pflanzliche Produktion zur menschlichen Ernährung stark ausgeweitet werden. «Dies wäre nur möglich, wenn der Staat massiv in die Produktion und in den Konsum von Lebensmitteln eingreifen würde», so der Bundesrat weiter. «Wir müssten, staatlich angeordnet, unsere Essgewohnheiten radikal umstellen», sagte Agrarminister Guy Parmelin bereits im November 2024. Ohne Mitwirken der Konsumenten könne das Ziel der Initianten nicht erreicht werden. «Die Konsumenten sollen weiterhin selbst entscheiden, was sie essen möchten», führte der Agrarminister aus.

Finanzielle Unterstützung vonnöten

Es mache keinen Sinn, eine Produktionsform auszubauen, wenn es keinen Markt dafür gebe. Die Initiative hält Parmelin deshalb für nicht umsetzbar. Die Eingriffe des Staates seien zu gross. «Die Initiative fordert eine zu radikale Umstellung», sagte er im November 2024 weiter.

Er warnte: «Die Landwirtschaft müsste die Tierbestände um fast die Hälfte senken. Betroffen sind vor allem Betriebe, die Mastgeflügel und Schweine halten. Die Brotgetreideproduktion würde massiv ausgebaut. Das hätte eine tiefgreifende Transformation für den gesamten Sektor zur Folge.»

Diese Transformation hätte finanzielle Konsequenzen. Aufgrund der kurzen Umsetzungsfrist könnten bestehende Infrastrukturen in der Landwirtschaft oder in den vor- und nachgelagerten Stufen nicht vollständig amortisiert werden, warnt die Landesregierung. «Es würden umfassende finanzielle Unterstützungsmassnahmen des Bundes erforderlich», heisst es weiter.

«Berechtigte Anliegen in AP30»

Weiter verlange das Begehren die Sicherung der Grundwasserressourcen sowie die Förderung einer nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft. «Berechtigte Anliegen» will der Bundesrat bei der Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2030 berücksichtigen, wie er schreibt. Der Bundesrat wird die Vorschläge zur künftigen Agrarpolitik voraussichtlich 2026 behandeln. «Eine zusätzliche Verfassungsgrundlage, wie sie die Initiative fordert, ist dazu nicht notwendig», so die Landesregierung.

Hinter der Initiative steht unter anderem Franziska Herren vom Verein «Sauberes Wasser für alle». Herren war bereits treibende Kraft hinter der im Juni 2021 an der Urne abgelehnten Trinkwasserinitiative. Die Initiative wird von diversen Umwelt- und Tierschutzorganisationen unterstützt, wie der Webseite des Begehrens zu entnehmen war.

«Hoch subventionierte Tierproduktion»

Die Initiative verlangt einen Netto-Selbstversorgungsgrad von 70 Prozent mit Nahrungsmitteln. Der Bund müsste demnach insbesondere dafür sorgen, dass die Menschen sich vermehrt ohne Fleisch ernähren und sich die Land- und Ernährungswirtschaft entsprechend ausrichtet.

Dass die Schweiz heute zu fünfzig Prozent von Importen aus dem Ausland abhängig sei, liege an der hoch subventionierten Produktion tierischer Lebensmittel im Inland, schrieb das Initiativkomitee im August 2024 bei der Einreichung der Unterschriften. Nicht zu wenig Landwirtschaftsland sei der Grund dafür.

Initianten wollen weniger Tiere

Auf sechzig Prozent der Ackerflächen würden Futtermittel für Tiere angebaut. Wären es mehr pflanzliche Lebensmittel, könnten je Hektare viel mehr Kalorien produziert werden. Das Begehren verlangt weiter die Sicherstellung lebenswichtiger landwirtschaftlicher Produktionsgrundlagen: Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit.

Damit der Viehbestand sinkt, wollen die Initianten im Artikel 74 der Verfassung einen neuen Passus einbauen. «Zum Schutz der Trinkwasserversorgung, der Biodiversität und der Bodenfruchtbarkeit muss nebst einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion auch dafür gesorgt werden, dass die Höchstwerte für Dünger – d.h. für Stickstoffverbindungen und Phosphat – nicht mehr überschritten werden.» Konkret fordert die Initiative vom Bund, dass die 2008 in den Umweltzielen für die Landwirtschaft festgelegten Höchstwerte eingehalten werden.

Einige Punkte der Initianten:

  • Nitrat in Gewässern, die der Trinkwassernutzung dienen oder dafür vorgesehen sind und deren Zuströmbereich hauptsächlich von der Landwirtschaft genutzt wird: maximal 25 mg Nitrat pro Liter.
  • Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft: maximal 25’000 Tonnen Stickstoff pro Jahr
  • Gesamtphosphorgehalt in Seen, deren Phosphoreintrag hauptsächlich aus der Landwirtschaft stammt: weniger als 20 µg Phosphor pro Liter (besondere natürliche Verhältnisse bleiben vorbehalten)
  • Zur Einhaltung der Höchstwerte müssen die landwirtschaftsbedingten Stickstoffeinträge in die Gewässer gegenüber 1985 um 50% reduziert werden.

->   Das Argumentarium der Initiative gibt es hier

Kommentare (2)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Burri | 14.08.2025
    Wenn noch alles Land, wo für Freizeit und Hobby-Pferdehaltung gebraucht wird, noch als Landwirschaftsland zb. für Gemüse, zur verfügung stehen würde, könnten noch gut 20% mehr angebaut werden. Oder sehe ich das Falsch???
  • Bergpuur | 14.08.2025
    Zu erwähnen gilt auch dass die Bevohrmundungsinitiative mit gekauften Stimmen zustande kam
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