Die Evolution ist ein Wunderwerk der Natur. Alles Lebende hat sich immer wieder über Tausende von Jahren so entwickelt, dass es sich an die sich stets veränderten Umweltbedingungen angepasst hat. Damit sich beispielsweise Pflanzen anpassen können, findet in den Genen eine sogenannte Mutation statt. Die Gene, also die Erbinformationen, verändern sich dadurch spontan.
Und jene Pflanze mit den «bestangepassten» Genen findet sich am besten mit den veränderten Umweltbedingungen zurecht. Bis sich eine Pflanze jedoch auf natürliche Weise angepasst hat, vergeht eine sehr lange Zeit. Zeit, die wir heute nicht mehr haben. Die Gentechnik kann hier der Natur etwas auf die Sprünge helfen.
Beitrag für die Landwirtschaft
«Denn die klimatischen Veränderungen vollziehen sich heute wesentlich rascher als in der Vergangenheit, als die Pflanzen in der Regel Hunderte von Jahren Zeit hatten, sich anzupassen», wird Pflanzenforscherin Ora Hazak in einer Medienmitteilung des Schweizerischen Nationalfonds zitiert. Die Gentechnik kann die Pflanzen schneller «passungstauglich» machen.
Die heutigen gentechnisch veränderten Pflanzen entsprechen «einer Züchtung, wie sie auch in der Landwirtschaft üblich ist, mit dem Unterschied, dass diese durch die Wissenschaft beschleunigt wird», sagt Hazak. Für die Landwirtschaft erkenne sie in der Gentechnik eine Gelegenheit. «Bei Tomaten sind die Ergebnisse für die Landwirtschaft direkt relevant», sagt die Forscherin. Ihr Ziel ist es für die Landwirtschaft einen Beitrag zu leisten, damit sich deren Kulturen besser – und vor allem auch schneller – an den Klimawandel anpassen können.
Dolmetscherin der Pflanzensprache
Ora Hazak ist leidenschaftliche Forscherin. Wenn sie mit ihren Kindern einen Spaziergang macht, der sie an einem Löwenzahnfeld vorbeiführt, macht sie ihre Kinder auf die unterschiedliche Grösse der Blumen aufmerksam. Sie erklärt ihnen dabei auch gleich, was diesen Grössenunterschied ausmacht, nämlich die Informationen, die in den Genen gespeichert sind. Dabei kann Hazak ihren Kindern auch gleich ihren Beruf näher bringen, der sie ebendiese Gene erforschen lässt.
Hazak ist Leiterin eines Labors für Pflanzenbiologie an der Universität Freiburg. Sie beschäftigt sich zurzeit mit jenen Molekülen, welche Signale von der Wurzel an die Pflanzenblätter senden. Durch diese Kommunikation gelinge es der Pflanze besser auf Stressfaktoren wie Trockenheit, Sonneneinstrahlung oder Fressfeinde zu reagieren, heisst es in der Mitteilung weiter. «Wenn wir diesen Vorgang verstehen, können wir wesentlich dazu beitragen, dass Pflanzen resilienter gegenüber dem Klimawandel werden», erklärt die Wissenschafterin.
Gene geben Befehle
Die Pflanzenbiologin mit Doktorarbeit wird in ihrer Arbeit vom Schweizer Nationalfonds unterstützt. Sie arbeitet auch mit Agroscope im Wallis und einem Spezialisten für molekulare Tomatenforschung in den USA zusammen. Für ihre Arbeit nutzt sie die so genannte Crispr-Methode. Mit einer «molekularen Schere» kann das genetische Material einer Pflanze präzise verändert werden. Mit dieser Methode ist es möglich herauszufinden, welches Gen wofür verantwortlich ist.
Das Team um Hazak konnte so Gene identifizieren, die am Transport des Pflanzensaftes von den Blättern zu den Wurzeln beteiligt sind. In einem speziellen Gewächshaus des Botanischen Gartens in Freiburg wachsen gentechnisch veränderte und unveränderte Tomatenpflanzen nebeneinander. Der Unterschied in der Stängeldichte sei frappant, heisst es in der Medienmitteilung.
Kaum Unterschiede zur Natur
Gentechnik ist in der Forschung schon lange nicht mehr wegzudenken. Wenn es um die konkrete Anwendungen geht, kommen jedoch Zweifel auf. «Viele Menschen sind überzeugt, dass die Natur vollkommen ist und die Forschenden alles durcheinanderbringen. Aber auch in der Natur finden zu jedem Zeitpunkt zahllose spontane Mutationen statt», sagt Hazak.
Die Genmutationen, mit denen Hazak arbeitet, würden auch in herkömmlichen Tomaten stattfinden, heisst es in der Mitteilung. «Mit molekularbiologischen Methoden können die Anpassungsprozesse einfach beschleunigt werden, sodass es innerhalb von wenigen Monaten statt einigen Jahrhunderten grössere oder widerstandsfähigere Pflanzen gibt», ergänzt die Pflanzenforscherin. «Es gibt kaum mehr einen Unterschied zwischen einer spontanen Mutation in der Natur und dem Ergebnis dieser Art von molekularbiologischen Eingriffen», ergänzt Hazak.
Schweizerbauer.ch hat verschiedentlich über die Gentechnik berichtet:
-> «Tage des Genmoratoriums sind gezählt»
-> Gentechnik: EU-Parlament will Regeln lockern