Ab dem 1. Januar 2022 ist das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zuständig. Gleichzeitig stärkt der Bundesrat die Kompetenzen des Bundesamts für Umwelt (Bafu). Dieses übernimmt die Risikobeurteilung. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) schliesslich beurteilt die Wirkung der Pflanzenschutzmittel. Der Bundesrat hat die Gesetzesänderungen verabschiedet.
Damit wechselt die Zuständigkeit für die Zulassung von Herbi-, Fungi- und Insektiziden im Pflanzenschutz vom BLW zum BLV, wie die Landesregierung am Mittwoch mitteilte. Der Wechsel und die Stärkung des Bafu erfolgt auf Empfehlung eines externen Evaluationsberichts. Die Anpassung geschieht durch eine Änderung der Pflanzenschutzmittelversorgung.
Am 17. Februar 2021 hatte der Bundesrat beschlossen, die Zulassungsstelle für Pflanzenschutzmittel vom BLW zum BLV zu transferieren und die Rolle des BAFU im Zulassungsverfahren zu stärken. Damit setzt er die Empfehlungen eines externen Evaluationsberichts aus dem Jahr 2019 um. An seiner Sitzung vom 17. November hat der Bundesrat nun eine Änderung der Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV) verabschiedet.
Unabhängigkeit der Zulassungsorgane
Zweck der Änderung ist eine grössere Unabhängigkeit der Zulassungsorgane. Das BLV übernimmt neben der Beurteilung der Giftigkeit für den Menschen und der Risiken für nichtberufliche Anwender sowie Anwohnerinnen und Anwohner die Verantwortung für die Zulassung und den Vollzug der Pflanzenschutzmittelverordnung. Im Sinne der Unabhängigkeit wird die Zulassungsstelle von der mit der Risikobeurteilung befassten Stelle getrennt und direkt dem BLV-Direktor unterstellt.
Das Bafu beurteilt die Umweltrisiken. Insbesondere kümmert es sich dabei um das Grundwasser und um jene Lebewesen, welche das fragliche Pflanzenschutzmittel nicht im Visier hat, etwa Bienen oder Vögel. Dem BLW obliegt ab Neujahr zusammen mit der Forschungsanstalt Agroscope die Ermittlung des Einflusses der Mittel auf die Pflanzen. Die Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sorgt für Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.
Kritik löste Änderung aus
Ein Steuerungsausschuss aus den involvierten Bundesstellen wird die Strategie für die Bewilligung der Mittel festlegen. Die Änderung der Pflanzenschutzmittelverordnung ist gemäss dem Bundesrat ein erster Schritt zur Optimierung der Zulassung. Weitere Verbesserungen punkto Transparenz und Kommunikation sollen im zweiten Halbjahr 2023 folgen.
Für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist derzeit das Bundesamt für Landwirtschaft zuständig. Das löste Kritik aus. Mehrere Bundesämter haben einen Bericht in Auftrag gegeben. Ende 2019 zeigte dieser externe Evaluationsbericht, dass der Prozess für die Zulassung verbessert werden kann. Der Zulassungsstelle fehle es – aufgrund der Zugehörigkeit zum BLW – an formeller Unabhängigkeit, lautete das Fazit. Dies habe negative Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit. Zudem sei das Bundesamt für Umwelt zu wenig stark in den Prozess involviert.
Zulassung zugunsten Landwirtschaft
«Es besteht die Gefahr, dass die Zulassung zugunsten der Landwirtschaft ausfällt», kritisierte Anfang Jahr Kantonschemiker Kurt Seiler das Bewilligungsverfahren gegenüber SRF. Die Pflanzenschutzmittel-Hersteller sahen das nicht so und warnten vor Auswirkungen. «Die zunehmend strengeren Zulassungsanforderungen der Behörden verhindern Innovationen zu Gunsten der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt», sagte der Branchenverband Scienceindustries .