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Autobahnausbau: Bauern im Zwiespalt

Wenn am 24. November über die sechs Autobahnausbauprojekte abgestimmt wird, sind die Meinungen der Bäuerinnen und Bauern geteilt. Für die SVP und viele Bauernverbände scheint der Kulturlandverlust in diesem Fall vertretbar. Wie die Flächen kompensiert werden sollen, ist hingegen noch offen.

Acht statt wie zurzeit sechs Spuren zwischen Grauholz und Schönbühl BE auf der A1. Dies ist eines der Autobahn-Ausbauprojekte, über die das Volk am 24. November abstimmen wird. Sechs weitere Projekte, vor allem auf der A1, sind im Ausbauschritt 2023 vorgesehen, den das Parlament letztes Jahr gutgeheissen hat. Dagegen wurde das Referendum ergriffen. Damit kommt die Vorlage nun vors Volk.

Vor allem die Wirtschaftsverbände, unterstützt von FDP, SVP und der Mitte-Partei, befürworten den Entwurf. Der Schweizer Bauernverband (SBV) hat sich ebenfalls hinter die Vorlage gestellt. Sowie auch der Berner Bauernverband (BEBV). «Wir haben ein grosses Interesse, dass diese Transporte funktionieren, zeitgerecht ausgeführt werden und auch preislich im Rahmen gehalten werden können», wird SBV-Präsident Markus Ritter in der Mitteilung zur Ja-Parole des SBV zitiert.

Bauern sind sich nicht eins

Einzelne kantonale Sektionen dagegen, sind ausgeschert: Der Genfer und der Walliser Bauernverband haben die Nein-Parole gefasst. Obwohl das Wallis von den Autobahnprojekten nicht betroffen ist, rät die Walliser Landwirtschaftskammer (WLK) zur Ablehnung. Die WLK ist der Meinung, dass der Schutz des landwirtschaftlichen Bodens und insbesondere der Fruchtfolgeflächen nicht ernst genug genommen werde.

Zentraler Streitpunkt der Abstimmung im November bleibt der Verlust von Kulturland: Laut Bundesamt für Strassen (Astra) würden durch die Autobahnausbauten rund 10 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren gehen.

Sorge vor dem nächsten Flächenverlust

SVP-Nationalrat und Landwirt Alois Huber vermutet laut dem «Blick», dass viele Landwirte mit Nein stimmen werden – aus Sorge, dass sie als nächste vom Flächenverlust betroffen sein könnten. Auch innerhalb des Bauernverbands gebe es Vorbehalte: Colette Basler, Vizepräsidentin des Aargauer Bauernverbands, hinterfragt die Ja-Parole und befürchtet, dass der Verband an der Basis und den eigenen Zielen vorbeipolitisiere.

Die Präsidentin des Landfrauen-Verbands, Anne Challandes, sprach sich für Stimmfreigabe aus und betont gengenüber dem «Blick»: «Für mich geht es um den Grundsatz, landwirtschaftliche Flächen zu schützen. Ich kann deshalb nicht hinter einer Ja-Parole stehen.»

Ein betroffener Bauer

Peter Wyss, der in Ittigen BE einen Landwirtschaftsbetrieb an der A1 in vierter Generation führt, würde bei einem Ja am 24. November Fläche verlieren. Er ist zwiegespalten. Mit Blick auf die Autobahn zwischen Schönbühl und Grauholz sagt er zu SRF: «Ein Ausbau auf acht Spuren wird das Problem nicht lösen.» Dies weil die Stauproblematik in erster Linie mit der Spurenzusammenführung zusammenhänge. Ein Ausbau könnte, so Wyss im Beitrag, die Situation gar noch verschlimmern.

Eigentlich wäre der Landwirt für den Ausbau. Wyss ist mit der Lastwagenflotte seines Lohnunternehmens auf eine gute Autobahninfrastruktur angewiesen. Für ihn steht und fällt die Entscheidung mit den 3600 Quadratmetern Land, die er mit der Annahme der Vorlage verlieren würde: «Bis jetzt hat uns das Astra aber noch kein Ersatz der Flächen angeboten». Weder ihm noch den anderen betroffenen Bauern entlang der Strecke zwischen dem Grauholz und Schönbühl BE, berichtet SRF im Radiobeitrag. Wyss kritisiert, dass die Abstimmung durchgeführt werde, obwohl die Fragen nach dem Ersatz der Flächen noch nicht geklärt sei.

Unehrlich gegenüber den Bäuerinnen und Bauern

Das Gesetz sieht einen Flächenersatz vor. Das Astra gehe aber davon aus, dass es nicht genügend freie Fruchtfolgeflächen rund um das Grauholz gebe. Jürg Iseli, Präsident des BEBV, fordert zwar, dass Bund und Kanton diese Flächen zur Verfügung stellen. Doch wie das Beispiel Peter Wyss zeigt, ist in dieser Hinsicht noch nichts passiert. 

Trotzdem steht für Iseli der volkswirtschaftliche Nutzen im Vordergrund. Deshalb auch das Ja des Berner Bauernverbands. Gegenüber SRF sagt er: «Die Bahninfrastruktur braucht auch Land, die Siedlungen auch. Das ist noch viel schlimmer.» Die Zustimmung der Bäuerinnen und Bauern zum Autobahnausbau nehme zu, je weiter sie von den betroffenen Regionen entfernt wohnen, so der BEBV-Präsident.

Der Widerstand

Die Haltung der Bauernverbände in der Ausbaufrage sei unehrlich, kritisieren indes die Befürworter. Der Verein «Umverkehr», der die Vorlage bekämpft, wirft ihnen vor, im Falle des Autobahnausbaus Kulturland herzugeben zu wollen, aber bei Renaturierungsprojekten sowie für die Biodiversität genau anders argumentiert zu haben. Das sei unehrlich vor allem gegenüber den Bäuerinnen und Bauern.

Dass das einige Bauern und Bäuerinnen ebenso sehen, zeigt die Interessengemeinschaft «Natur statt Beton». Sie schreibt: «Bei der Basis sorge die Ja-Parole für Unmut». Mit der Ja-Parole werde die Glaubwürdigkeit der Bauern untergraben, so Samuel Jenzer, Landwirt in Bützberg BE und Co-Präsident des Vereins «Natur statt Beton». Man störe sich folglich nicht nur am drohenden Verlust von Landflächen.

Es gehe auch um den Kurs der Verbandsspitze, die nicht mehr alle an der Basis mittragen mögen: «Der Bauernverband fährt aus politischen Gründen im Wirtschaftsexpress mit und lässt die betroffenen Bauern am Strassenrand stehen», so Eva Fuhrimann, Bäuerin aus Bützberg BE und ebenfalls im Vorstand des Vereins «Natur statt Beton».

Abstimmung über Nationalstrassen-Ausbau

Am 24. November 2024 stimmt die Schweiz über den Ausbau der Nationalstrassen ab, für den insgesamt 4,9 Milliarden Franken vorgesehen sind. Die Vorlage umfasst den Ausbau von sechs Autobahnabschnitten, darunter die A1 bei Bern und am Genfersee. Der Ausbau soll Staus reduzieren und die Verkehrssicherheit erhöhen. Befürworter, darunter Bundesrat, Parlament, SVP, FDP, die Mitte-Partei und grosse Wirtschaftsverbände, betonen die Entlastung für Städte und Dörfer. Gegner, angeführt vom Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) und Umverkehr, sowie auch den Naturschutzverbänden, kritisieren, dass der Ausbau zu mehr Verkehr und höheren Emissionen führen würde und nicht den Klimazielen entspreche. Auch der Verein «Natur statt Beton» empfiehlt ein Nein in die Urne zu legen.

-> Hier findet Ihr  Fragen und Antworten zum Autobahnausbau.

Kommentare (10)

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  • Freidenker | 04.11.2024
    Korrigenda an Biopur: Das überbordende Konsumverhalten und die Wegwerfmentalität habe ich nicht vergessen zu erwähnen; beides ist im Begriff ,,UNSER WOHLSTAND,, zusammengefasst.
  • Biopuur | 31.10.2024
    Unverständlich, dass Iseli wie auch Ritter eine JA- Parole zu dieser Vorlage beschliessen, wenn doch ihre eigenen Betufskollegen dafür bluten müssen. Das ist, wie wenn man als Kläger vor Gericht erleben müsste, wie der eigene Anwalt gemeinsame Sache mit dem Strafverteidiger macht. Da würde ich mir als Direktbetroffener zweimal überlegen, ob ich den Bauerverbänden irgendwelche Beiträge entrichten würde.
    • Freidenker | 01.11.2024
      Und wo siehst du die Lösung ?

      Was ist der Grund; dass heute in der kleinen Schweiz über 4.5 Mio. PKW, 6.4 Mio. Kraftfahrzeuge und über 800^000 Motorfahrräder ,,verkehren müssen,, ?? ( der Durchgangsverkehr und Tourismusverkehr nicht eingerechnet !)

      Ist es unser Wohlstand ?
      Eine Fehlentwicklung unseres Industriewachstums ?
      Eine Vernichtung regionaler Arbeitsplätze ?
      Die zunehmende Individualisierung unserer Gesellschaft ?
      Die Zunahme von Teilzeitstellen ?
      Der Mobilitäts,- und Freizeitswahn ?
      Und und und; soo einfach ist es nicht, lieber Biopuur!
    • Biopuur | 03.11.2024
      Lieber Freidenker! Du hast das überbordende Konsumverhalten inkl. Wegwerfmentalität vergessen. Und ich widerspreche dir: Alle Argumente, die du ins Feld geführt hast, mögen zutreffen, und alle, die diese Entwicklung gut finden, werden bedenkenlos JA stimmen. Ein Umdenken kann erst beginnen, wenn die NEIN- Stimmenden in der Mehrzahl sind. Es ist wie immer: Jeder muss zuerst für sich und die Werte, die ihm wichtig sind, entscheiden. So einfach ist das!
  • Kollege | 30.10.2024
    Es ist unehrlich den Autobahnausbau zu kritisieren, und gleichzeitig den Wohnungsbau, den Infrastrukturzubau aufgrund der unkontrollierten Zuwanderung hinzunehmen. Ideologisierte Kreise gegen die Individualmobilität können recht gut mit dieser Unehrlichkeit leben.
    Die direkt betroffenen Landwirte, welche bisher auch kein Bauland verkauft haben, sind die einzigen, welche sich berechtigt gegen den Ausbau wehren. Sie tun aber gut daran, sich in dieser Sache nicht von linken Ideologen instrumentalisieren zu lassen, welche sie bei nächster Gelegenheit mit der Umweltschutzkeule in die Pfanne hauen.
    Bauernverbände täten gut daran, auf Parolenfassungen zu verzichten, wenn sie mit Mitgliederinteressen kollidieren.
    • Kollege | 10.11.2024
      Hoppla, sind die Daumenrunterdrücker Baulandverkäufer?
  • Christoph Büschi | 29.10.2024
    Ich bin für den Ausbau, wenn Bern eine Mobilitätsstrategie vorlegt! Es kann nicht sein, dass wir heute ausbauen und morgen müssen wir wieder ausbauen weil wir wieder mehr Ausländer ins Land gelassen haben die auch Mobil sein wollen.
    Zuerst muss Festgelegt werden für wie viele Leute die Strassen gebaut werden müssen. Hier ist es ratsam eine genaue Anzahl Menschen die in diesem Land leben dürfen anzugeben. Danach muss festgelegt werden mit was diese Leute unterwegs sein werden. Erst nach diesen zwei wichtigen Punkten kann die Infrastruktur angepasst werden. Was wir momentan geplant haben ist die Katze im Sack.
    Weiter muss den Bauern Realersatz angeboten werden. Das heisst bei Enteignungen muss zuerst die Standortgemeinde öffentliches Land abgeben danach der Kanton, dann die Privaten und erst am Schluss die Bauern. Kantone, Gemeinden sowie Private sitzen auf Land, dass sie gar nicht benötigen. Dies muss wieder in Bauernhand denn es ist nicht der Bauer der Bauen will.
    • Ernst | 30.10.2024
      Die Strategie ist immer mehr Menschen also mehr Strassen dass der Food hinein gekart werden kann weil unsere Produktion schon lange nicht mehr reicht ,, zum kotzen ist das
  • Rinderbauer | 29.10.2024
    mit dem Realersatz ist das so eine Sache. Es heisst von der Seite der Astra bei der Enteignung : " bei einer so kleinen Fläche gibt es kein Ersatz, oder wollen sie am anderen ende des Dorfes 10 Aren Land bewirtschaften."
    Alles Selber Erlebt.
    • Werner Locher | 30.10.2024
      Es gibt zwei verschiedene Formen von Ersatz: Das eine ist , dass der bisherige Besitzer Realersatz bekommt. Das andere ist die gesetzliche Vorgabe, dass verbaute Fruchtfolgefläche (FFF) kompensiert werden muss, indem an einem anderen Ort neue FFF geschaffen wird. Dies muss VOR dem Baubeginn geklärt sein.
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