In vielen europäischen Ländern haben die Landwirtinnen und Landwirten mit verschiedenen, teils gewalttätigen Aktionen im vergangenen Frühjahr auf ihre schwierige Lage aufmerksam gemacht.
Friedliche Proteste im Frühjahr
Auch in der Schweiz haben die Bäuerinnen und Bauern auf angespannte wirtschaftliche Lage hingewiesen. Die Aktionen wie Sternfahren, Brückentag, Weckruf, SOS, Mahnmärsche oder Mahnwache waren aber immer sehr friedlich und geordnet. Der Agrarminister Guy Parmelin zeigte für die Proteste Verständnis. «Ich bin beeindruckt, wie friedlich die Aktionen angesichts des grossen wirtschaftlichen Drucks verlaufen», schrieb er im März auf der Social-Media-Plattform X.
Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, organisierte die Bewegung «Weckruf Bauern» die Aktion «Dialog Bauern Schweiz». An mehreren Orten in der ganzen Schweiz versammeln sich vom 22. bis 25. März 2024 Bauernfamilien - auch mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen - auf organisierten Plätzen.
Dialog auf Augenhöhe verlangt
Mit der Aktion verlangten sie einen Dialog auf Augenhöhe. «Wir fordern unsere Adressaten – Verwaltung, Politik und insbesondere die Grossverteiler mit ihren Verarbeitungsbetrieben - auf sich ihrer Rolle am Markt bewusst zu werden und aktiv mit unseren Organisationen den Dialog zu suchen», lautete die Forderung.
Co-Organisator Urs Haslebacher zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der Protestaktionen. Es sei sehr eindrücklich gewesen, wie es auf einmal zu Medienpräsenz gekommen sei, als die Traktoren aufgefahren seien. «In den Medien konnten wir dann effektiv zeigen, wo unsere Probleme liegen», sagte Haslebacher Ende März . Auf die Frage, was die Bauern machen werden, wenn sie nicht ändere, sagte: «Wir sehen, wer sich bewegt und wer nicht. Wo wir sehen, dass sich wenig oder nichts tut, da werden wir aktiv werden.»
«Bauern brennt es unter den Nägeln»
Die beiden Organisationen Weckruf und Dialog sind mit der Situation nicht zufrieden. «Ich bin enttäuscht. Gerade auch politisch ist wenig gegangen. Wenn wir als Bauern darauf aufmerksam machen, wie stark die Bürokratie auf uns lastet, und der Bundesrat in der Folge nur zu einem runden Tisch einlädt und auf die Agrarpolitik 2030+ vertröstet, ist das ernüchternd», sagte Haslebacher zu «Schweizer Bauer». Die Lage sei von den Bundesämtern nicht richtig eingeschätzt worden. «»s brennt den Bauern viel mehr unter den Nägeln, als sie meinen», machte er deutlich.
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Deshalb rufen Weckruf und Dialog zu einer «Ermahnung» auf vor dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in Liebefeld bei Bern auf. «Wir treffen uns ohne Traktoren, aber mit Treicheln und Glocken. Als Ermahnung stellen wir eine Tanne auf mit unseren vier Forderungen aus dem Frühling», heisst es in der Mitteilung.
Die Forderungen der Gruppe «Dialog»
Die Bewegung hat im vergangenen Frühling folgende vier Kernforderungen an die Verwaltung, die Politik, Gesellschaft und die Marktakteure:
- Stabilität und Planungssicherheit (Politik, Verwaltung)
- Gerechte und angemessene Entschädigung der Produkte (Handel)
- Verringerung des administrativen Aufwandes (Verwaltung)
- Wertschätzung der Arbeit und der Produkte (Gesellschaft)
«Keine Aufzeichnung von Banalitäten»
Von den vier Forderungen sei nur eine erfüllt, «Wertschätzung unserer Arbeit und unserer Produkte». Die Bevölkerung habe in zahlreichen Abstimmungen – Trinkwasser-, Pestizid-, Massentierhaltung- und zuletzt mit der Biodiversitätsinitiative – mit «beeindruckenden» Resultaten gezeigt, dass sie hinter der einheimischen landwirtschaftlichen Produktion stehe. Das Jahr 2024 sei für die Bauern nicht einfach gewesen. Die beiden Organisationen verweisen auf die schwierige Marktsituation, die ungünstigen Wetterverhältnisse und die unsicheren Rahmenbedingungen.
Bei ihrer «Ermahnung» haben Dialog und Weckruf die Verwaltung im Fokus. «Bundesverwaltung und die Politik müssen diesen Volkswillen endlich wahrnehmen und die überfälligen Forderungen umsetzen», machen sie deutlich.
Bei der Forderung «Verringerung des administrativen Aufwandes» machen sie eine klare Ansage: «Keine Aufzeichnung mehr von Banalitäten». Man sei sich der Risiken bewusst. «Zielführend sehen wir die Aufzeichnung von Antibiotikaeinsätzen und Pflanzenschutzmitteln. Sämtliche weiteren Aufzeichnungen von Daten bringen keinen Mehrwert», halten sie fest.
Stabilität und Planungssicherheit
Bei der Forderung Stabilität und Planungssicherheit wenden sich Weckruf und Dialog an die Verwaltung und an die Politik. «Die Rahmenbedingungen müssen verbessert werden – die Bundesverwaltung ist in der Pflicht», sagte Haslebacher zu «Schweizer Bauer».
Die Gruppen verlangen Folgendes:
1. Senkung Staatsquote: Die steigende Staatsquote mache die Landwirtschaft immer abhängiger vom Staat. Ständige gesetzliche Änderungen würden sich entsprechend direkt auf den Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte niederschlagen.
2. Steigerung der Effizienz: Im Bericht zum Postulat 20.3931 und Postulat 21.3015 zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik wird von der Landwirtschaft eine Steigerung der Arbeitsproduktivität von 50% bis 2050 gegenüber 2020 verlangt. Das Ziel sei ambitioniert. «Wir wollen gleichlange Spiesse. Wir fordern daher dasselbe von der Bundesverwaltung», halten sie fest.
3. Rahmenbedingungen zum Schutz von Kulturen und Tieren: Die Bundesverwaltung müsse im Bereich Pflanzenschutz und Tierarzneimittel zuverlässige Lösungen ermöglichen. «Bewilligung von Pflanzenschutzmittel und Verfügbarkeit von Tierarzneimittel sind aktiv voranzutreiben», halten sie fest.
4. Landwirtschaftlicher Zahlungsrahmen: Beim Budget 2025, beim landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen 2026-29 und bei der generellen Sanierung des Bundeshaushalts werden Kürzungen nicht akzeptiert. «Die Landwirtschaft hat nicht Schuld an den höheren Bundesausgaben, unsere Ausgaben sind seit Jahrzehnten nominal stabil», so die Forderung. Die Einkommen der Bauernbetriebe seien bereits besorgniserregend tief.
Grenzschutz besser handhaben
Dialog und Weckruf haben auch beim Punkt «Gerechte und angemessene Entschädigung der Produkte» deutliches Verbesserungspotenzial ausgemacht. Die vom Schweizer Bauernverband geforderten 5 bis 10 Prozent höhere Produzentenpreise wurden nicht realisiert. «In den allermeisten Bereich stellen wir seit längerer Zeit keine Verbesserung fest», halten Weckruf und Dialog fest. Auch den Grenzschutz sehen sie als wichtiges Instrument.
1. Produktion nicht gesichert: Bei schlechten Preisen gehe die Anbaubereitschaft verloren, womit die einheimische Produktion nicht mehr gesichert sei. «Viel Wissen geht damit Jahr für Jahr verloren», warnen die beiden Organisationen.
2. Grenzschutz und Unterstützung der einheimischen Produktion: Die Schweizer Produktion sei wegen topografischen und strengen gesetzlichen Vorgaben gegenüber dem Ausland nicht mehr konkurrenzfähig. «Der Grenzschutz wird somit immer wichtiger. Für den Erhalt einer angemessenen Ernährungssicherheit muss er deshalb besser gehandhabt werden», schreiben sie weiter. Als Beispiel nennen sie die Vergabe von Importkontingenten.
Danke Frau Greenvale,
Ihr Artikel sollte in jeder Ratsstube und in jedem Haushalt aufliegen, um Gehör zu schaffen !
Doppelt unterstreichen möchte ich den Punkt: ,,Förderung kleinbäuerliche Betriebe,,
Es darf nicht sein; dass an industriell geführte Grossbetriebe horrend hohe Direktzahlungsgelder ausgeschüttet werden.
Eine Umverteilung der Gelder wäre längst fällig !
Es ist nicht zu übersehen und nicht zu überhören: Die Zeit des Abwartens ist vorbei! Die Anliegen und Sorgen der Schweizer Landwirtinnen und Landwirte sind dringlich und gerechtfertigt. Es liegt in eurer Verantwortung, jetzt Grundlagen zu schaffen, die eine nachhaltige, zukunftsfähige und gerechte Landwirtschaft in der Schweiz ermöglichen.
Der Volkswille ist eindeutig. Die vergangenen Initiativen zu Themen wie Trinkwasser, Pestiziden, Massentierhaltung und Biodiversität haben gezeigt, dass die Bevölkerung eine produzierende Landwirtschaft will – ohne ideologisch motivierte Verbote, die den Landwirtinnen und Landwirten die Arbeit erschweren. Es ist an der Zeit, diesen Willen ernst zu nehmen und in konkrete Massnahmen umzusetzen, anstatt die Bauernfamilien mit Bürokratie und unsicheren Rahmenbedingungen zu belasten.
Die Schweizer Landwirtschaft steht vor grossen Herausforderungen – doch sie ist auch eine tragende Säule unseres Landes. Ihre Bedeutung ist nicht nur ökonomischer Natur, sondern tief in unserer Bundesverfassung, insbesondere in Artikel 104, verankert. Unsere Aufgaben reichen weit über das blosse Wirtschaften hinaus: Wir sichern die dezentrale Besiedelung, gewährleisten die Ernährungssicherheit und tragen zur Pflege unserer einzigartigen Kulturlandschaft bei.
Jetzt ist der Moment, Verantwortung zu übernehmen und die Zukunft unserer Landwirtschaft aktiv mitzugestalten.
Verwaltung mit Augenmass:
Nutzen Sie bereits die kommende Vernehmlassung(en), um schnellstmöglich bürokratische Hürden abzubauen. Streichen Sie alle Doppelregulierungen und Verschärfungen in der Direktzahlungsverordnung, die bereits durch andere Behörden/Verordnungen wie das BAFU, BLV, TschV, DüV, GschV. usw. abgedeckt sind.
Unnötige Dokumentationspflichten abschaffen:
Bürokratie muss reduziert werden! Unnötige Dokumentationspflichten belasten die Landwirtinnen und Landwirte über Gebühr und bringen keinen Mehrwert. Diese sind konsequent zu streichen.
Thema Digiflux sistieren:
Das Projekt Digiflux muss gestoppt werden, bis das Landwirtschaftsgesetz angepasst wird, sodass dieser Passus (Informationssystem) wieder gestrichen wird. Digitalisierung darf keine zusätzlichen Hürden schaffen, sondern muss eine Unterstützung für die Betriebe darstellen.
Förderung kleinbäuerlicher Strukturen:
Setzen Sie klare Grenzen für Grossbetriebe und fördern Sie gezielt kleinere Betriebe, die eine dezentrale Besiedelung sichern und regional wirtschaften. Eine industrielle Landwirtschaft passt (meiner Meinung nach) nicht zur Schweiz.
Produktion und Versorgung sichern:
Pflanzenschutzmittel und Tierarzneimittel müssen für eine funktionierende Landwirtschaft verfügbar bleiben. Hier braucht es verlässliche, langfristige, unbürokratische Lösungen.
Marktgerechte Preise und fairer Grenzschutz:
Die Schweizer Landwirtschaft darf nicht von Billigimporten verdrängt werden, die unter anderen Standards produziert wurden. Wir brauchen effektiven Grenzschutz und Preise, die die Produktionskosten decken.
Planungssicherheit und verlässliche Förderpolitik:
Die ständig wechselnden gesetzlichen Rahmenbedingungen und drohende Kürzungen im Zahlungsrahmen verunsichern die Bauernbetriebe. Planungssicherheit ist eine Grundvoraussetzung für langfristigen Erfolg.
Liebe Verantwortliche, nutzt die kommende Vernehmlassung, um pragmatische Lösungen für die Landwirtschaft zu schaffen. Streichen Sie alle Doppelregulierungen und Verschärfungen in der Direktzahlungsverordnung, die bereits durch andere Behörden/Verordnungen wie das BAFU, BLV, TschV, DüV, GschV. usw. welche durch wissenschaftliche Evidenzen abgedeckt sind. Diese aktuellen Überlagerungen führen zu unnötiger Unsicherheit und behindern eine effiziente Bewirtschaftung der Betriebe. Ebenso müssen unnötige Dokumentationspflichten (z.b. Weidejournal, Ackerschlagkartei, Suisse-Bilanz usw.) konsequent abgeschafft werden, da sie die Landwirtinnen und Landwirte unverhältnismässig belasten, ohne einen messbaren Mehrwert zu bringen. Das Thema Digiflux muss dringend sistiert werden, bis eine grundlegende Anpassung des Landwirtschaftsgesetzes erfolgt, die sicherstellt, dass dieser belastende Passus (Informationssysteme) endgültig gestrichen wird. Dies wäre ein entscheidender Schritt, um die dringend benötigte Entlastung und Planungssicherheit für die Landwirtschaft zu schaffen.
Mit der Agrarpolitik 2030+ haben Sie die Möglichkeit, eine zukunftsweisende, produzierende Landwirtschaft zu fördern. Es ist an der Zeit, den Fokus von Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitszielen abzuwenden und wieder die Produktion ins Zentrum zu stellen. Ausserdem sollte meiner Meinung nach die AP2030+ gezielt Rahmenbedingungen schaffen, die auch kleinen Landwirtschaftsbetrieben eine tragfähige, ökonomische Grundlage bieten. Damit können diese nicht nur wirtschaftlich leben, sondern auch eine solide Basis für ein Familieneinkommen schaffen. Eine produzierende Landwirtschaft stärkt nicht nur die regionale Versorgung, sondern trägt auch dazu bei, die Vielfalt und Vitalität des ländlichen Raumes zu erhalten. Die AP2030+ muss ein klares Signal setzen: Landwirtschaft ist in erster Linie Ur-Produktion, und diese muss unterstützt und nicht durch ideologische Vorgaben ausgebremst werden.
Meine Persönliche Meinung:
Ein entscheidender Ansatzpunkt für eine zukunftsgerichtete Landwirtschaftspolitik ist die gezielte Förderung kleinbäuerlicher Verhältnisse. Betriebe mit einer Fläche von bis zu 10–15 Hektar sollten so unterstützt werden, dass sie einem KMU-Unternehmer ein äquivalentes Einkommen und einen Unternehmensgewinn ermöglichen. Eine Orientierung von etwa CHF 80'000 bis 120'000 jährlich als Inhaber-Gehalt und etwa 20% des Umsatzes als Unternehmensgewinn als Ziel ist nicht nur realistisch, sondern auch notwendig, um den Fortbestand kleiner Betriebe und ihrer wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben zu sichern.
Die Landwirtschaft ist in der Bundesverfassung verankert – und das aus gutem Grund. Diese Verpflichtung bedeutet, dass die Landwirtschaft gefördert und auch gefordert werden muss. Doch diese Förderung sollte nicht in die (falsche) Richtung gehen: Wir brauchen eine kleinbäuerliche Landwirtschaft, die auf Regionalität, Qualität und Produktion setzt, und keine grossindustrialisierten Betriebe, die durch Direktzahlungen für Tierwohl- oder Flächenbeiträge überproportional stark gefördert werden.
Wenn in Richtung «Industrialisierung», dann sollte sie über Effizienz und Skaleneffekte organisiert sein, nicht durch ein Übermass an Subventionen/Direktzahlungen. Kleinbetriebe hingegen verdienen gezielte Unterstützung, da sie nicht nur hochwertige Nahrungsmittel produzieren, sondern auch eine Vielzahl gesellschaftlicher Aufgaben erfüllen – von der Landschaftspflege bis zur Sicherung der dezentralen Besiedelung.
Eine zukunftsorientierte Landwirtschaftspolitik, die diese Werte anerkennt und konsequent fördert, schafft die Grundlage für eine vielfältige und leistungsfähige Landwirtschaft in der Schweiz. Sie bewahrt die Betriebe davor, durch wirtschaftlichen Druck zunehmend in den Nebenerwerb abgedrängt zu werden, und stärkt ihre Rolle als tragende Säule unserer Gesellschaft und Kultur.
Bäuerinen und Bauern erhebt eure Stimmenn und get auf die Strasse.
Seit 1996 sind in der Schweiz 40'000 von 80'000 Landwirtschaftsbetriben verschwunden.!
Dein Hof könnte also der nächste sein.