Die Stimmbevölkerung hat die Trinkwasser-Initiative mit 60,7% Nein und die Pestizidinitiative mit 60,6% Nein abgelehnt. Die allermeisten Bauernfamilien in der Schweiz werden heute Sonntag aufatmen und erleichtert sein. Und das dürfen sie auch.
Mit grossem persönlichem Einsatz haben viele Bauernfamilien und viele in der Land- und Ernährungswirtschaft Beschäftigte auf die Folgen der zwei Agrarinitiativen aufmerksam gemacht: deutlich sinkende Produktion hierzulande, umso mehr Importware und allerhand unerwünschte Nebeneffekte. Die Mobilisierung auf dem Land war ausserordentlich gross. Bauernverbandspräsident Markus Ritter hat die Schweizer Landwirtschaft in den letzten dreissig Jahren noch nie so politisiert erlebt wie zuletzt.
Initiativen waren wirklich extrem
Futterzukauf für Biolegehennen heisst: 0 Franken Direktzahlungen. Futterzukauf für einige Mastschweine neben Milchproduktion heisst: 0 Franken Direktzahlungen. Das verlangte der Initiativtext der Trinkwasser-Initiative. In den Läden aller Schweizer Grossverteiler ausschliesslich pestizidfrei hergestellte Früchte, Gemüse, Kartoffeln, Beeren, Teigwaren, Zucker, Mehl, was in den meisten Fällen geheissen hätte: Nur noch Bio. Und Schweizer Kaffee-, Schokolade-, Biskuithersteller hätten nur noch pestizidfrei hergestellte Kaffee- und Kakaobohnen, Haselnüsse, Orangeat etc. einkaufen dürfen. Das wollte die Pestizid-Initiative.
Die 2x-Nein-Allianz rund um den Schweizer Bauernverband bezeichnete die Initiativen zu Recht als extrem. Und wenn Unterstützer der Trinkwasserinitiative den Verfassungstext nicht korrekt umsetzen wollten, so sei gefragt: Was, wenn die Missachtung der Verfassung Schule machen sollte? Grünen-Nationalrätin Christine Badertscher sagte es so: «Ich finde es aber auch nicht richtig zu sagen: Die Initiative hat zwar ihre Fehler, aber wir setzen sie dann schon gut um. Es ist auch eine Verarschung der Wähler, wenn man es befürwortet, aber jetzt schon weiss, dass man es nicht so umsetzen wird, wie es dasteht.»
Jubel wäre fehl am Platz
Freuen dürfen sich alle Gegner der Initiativen. Aber heute in grossen Jubel auszubrechen, wäre aber für die etablierte Land- und Ernährungswirtschaft fehl am Platz. Fast 40 Prozent der Stimmenden haben mit ihrer Ja-Stimme eine Revolution der hiesigen Agrarwirtschaft gewollt oder in Kauf genommen und haben damit dem Bundesrat, dem Bundesamt für Landwirtschaft und dem Schweizer Bauernverband ein eigentliches Misstrauensvotum abgegeben.
Es zeigt sich recht verbreitet ein Graben zwischen Konsumenten und landwirtschaftlicher Produktion. Heute enttäuschte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger können aber schon nächste Woche mit ihrem Kaufverhalten die Landwirtschaft, die sie wollen, weiter unterstützen.
Noch mehr tun, um sich zu erklären
Natürlich sind die Umweltverbände dazu da, die Stimme der Natur zu vertreten und auf Umweltprobleme hinzuweisen. In fast allen Medien finden sie für ihre Sicht der Welt viel Platz und Wohlwollen. Eine Geschichte wie die, dass derzeit die ganze Bioforschung beim Bioraps bezüglich Stängelrüssler nicht weiter weiss und hohe Ertragsausfälle zu bedauern sind, ist dort uninteressant.
Das hat natürlich dazu beigetragen, dass die Kampagnen der Befürworter in der Bevölkerung durchaus gegriffen haben. Die Landwirtschaft und die ganze Lebensmittelbranche müssen sich aber auch fragen, ob sie in den letzten Jahren nicht noch mehr hätten tun können, um ihre Arbeit zu erklären, Marktmechanismen zu beschreiben und Verständnis zu schaffen. Hier ist in den letzten Jahren einiges aufgegleist worden, aber die Arbeit ist bei weitem nicht zu Ende.
Bedauerliche Negativ-Kampagne
In Erinnerung bleiben vom Wahlkampf der letzten Monate nicht nur die sehr bedauerlichen persönlichen Drohungen gegen Exponentinnen und Exponenten der Ja-Seite, sondern leider auch die pauschale Negativ-Kampagne der Umweltverbände unter dem Titel «Agrarlobby stoppen», die versuchte, Bauernverbandspräsident Markus Ritter persönlich zu diskreditieren und unglaubwürdig zu machen.
Höhepunkt war ein Video des sogenannten Komikers Michael Elsener, der Markus Ritter lächerlich machte – und die Trinkwasserinitiative-Ja-Kampagne stellte das Video ganz offiziell auf ihre Website. Umgekehrt hat der Bauernverband noch nie einzelne Umweltverbände oder Exponenten der Umweltverbände von sich aus negativ dargestellt.
Die Umweltverbände (um das Wort «Umweltlobby» zu vermeiden) haben sich mit dieser Negativkampagne gegen die «Agrarlobby» langfristig wohl selbst geschadet. Denn ihre Ziele erreichen sie schneller und besser, wenn die Bauernfamilien bereit sind, ihre Ideen zu prüfen und umzusetzen. Und das Nein zum CO2-Gesetz haben sich die Umweltverbände zu einem guten Teil auch noch selbst zuzuschreiben, denn die Anti-Agrarlobby-Kampagne brachte die konservativer gestimmte Landbevölkerung allgemein gegen Umweltanliegen auf.
Pestizidgesetz kommt zur Umsetzung
Auch wenn die Initiativen abgelehnt sind: Der Druck auf Veränderung in der Landwirtschaft bleibt hoch, und sie wird in jedem Fall noch nachhaltiger werden. Da ist zum einen das Pestizidgesetz, die Parlamentarische Initiative, die der informelle Gegenvorschlag zu den zwei Initiativen ist. Das konnte der Schweizer Bauernverband im Parlament nicht verhindern (zwar hat er am Schluss zugestimmt, aber es war nicht in seinem Sinn).
Die zwei Absenkpfade für die Risiken der synthetischen Pflanzenschutzmittel und für die Verluste bei den Nährstoffen werden mit den vorgeschlagenen Umsetzungsmassnahmen die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft stark verändern. Das zeigt eine Modellrechnung der Agroscope: Die pflanzliche Kalorienproduktion soll etwa 10% kleiner werden, und zwar schon bis ins Jahr 2026. Im Moment läuft die Vernehmlassung zu den Umsetzungsverordnungen, entscheiden wird der Bundesrat, und dieser wird die doch zahlreichen Ja-Stimmen heute auch berücksichtigen.
Vier weitere Initiativen stehen im Raum
Auch will der Bundesrat einen Gegenvorschlag zur Massentierhaltungsinitiative, der praktisch für alle Tiere einen Zwang zum Auslauf ins Freie mit sich bringt. Und die gut organisierten und finanziell starken Umweltverbände haben bereits wieder zwei Initiativen eingereicht: die Landschaftsinitiative, die das Bauen ausserhalb der Bauzonen stark einschränkt, auch für Landwirte, und die Biodiversitätsinitiative.
Und die Jungen Grünen arbeiten an einer Initiative zur Grünen Wirtschaft, die auch die Landwirtschaft im Blickfeld hat. So werden in verschiedenen Politikbereichen Lösungen gefunden werden müssen, die den Wunsch vieler Konsumenten und vieler Politikerinnen nach noch mehr Ökologie und noch mehr Tierwohl aufnehmen, aber umsetzbar sind und möglichst nicht bestehende Marktprämie gefährden und Importe aus schlechteren Produktionsbedingungen fördern.
Man darf zuversichtlich sein
Trotzdem: Das heutige Resultat darf die Schweizer Landwirtschaft zuversichtlich stimmen. Viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben mit ihrem Ja zum Ausdruck gebracht, dass ihnen die Ökologie sehr wichtig ist: Das sind Kunden, die für die Bauernfamilien sehr interessant sind und die angesprochen werden wollen.
Viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben mit ihrem Nein zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Agrarrevolution wollen und auch durchaus gut finden, was die Landwirtschaft heute tut und was sie für die Zukunft aufgegleist hat. Die Schweizer Landwirtschaft hat sich unter ganz unterschiedlichen, oft schwierigen Bedingungen über die Jahrhunderte hinweg behaupten können. Das wird sie auch künftig schaffen. Dank viel Fleiss und vielen guten Ideen.
So pauschale Anschuldigungen helfen nicht weiter. Werden Sie konkret.
Und wer hat die Bauern als "Vergifter" bezeichnet?
Der Krieg wurde von den Initianten begonnen und in jedem Krieg gibt es Verwundete. Aber wenn der Krieg fertig ist, sollte wieder Frieden einkehren.
"Scheinheilig" ist daher ein zu ungenaues Verdikt und muss belegt werden. Können Sie das?
Die TWI war schlicht nicht durchdacht. Es ging um DZ und nicht ums Wasser.
- die nicht umsetzbare, sehr bürokratische Pflanzenschutzstrategie lässt sich nicht mehr verhindern (Ritter wird noch un-umsetzbarer machen)
- die Überspritzer, Uebermäster und Antibiotika-Güderi sehren sich darin bestärkt, dass sie von der übrigen Bevölkerung als gut angesehen werden.
Ziel dieser Kreise: Machtübernahme, Spaltung der Bevölkerung, Einführung der Armut und des Sozialismus. Hütet euch vor diesen Wölfen im Schafspelz (Kilian Baumann und Co)!