Der Bundesrat die Inkraftsetzung hat die Mindestvorgabe von 3,5 Prozent an Biodiversitätsförderflächen (BFF) auf der Ackerfläche aufgrund des Krieges in der Ukraine bereits um ein Jahr auf 2024 verschoben. Doch nun ist auch dieser Termin unter Druck geraten.
Deutliches Ja
Denn es sind nicht mehr nur der Schweizer Bauernverband und Bio Suisse, die vom Bund eine Verschiebung der neuen Anforderung von 3,5% Biodiversitätsförderflächen auf der Ackerfläche um ein Jahr fordern. Sondern nun auch die Politik. Der Ständerat hat einem Vorstoss von Esther Friedli mit 30 zu 9 Stimmen deutlich zugestimmt.
Nein stimmten von der SP Mathilde Crevoisier, Daniel Jositsch, Carlo Sommaruga und Robert Zanetti sowie von den Grünen Lisa Mazzone, Adèle Thorens Goumaz und Céline Vara. Die bürgerliche Allianz hielt zusammen, alle Ständeratsmitglieder von Mitte, FDP und SVP sagten Ja zur Motion. Mit Ausnahme von Andrea Caroni (FDP, AR) und Martin Schmid (FDP, GR), die Nein stimmten.
Schlecht Akzeptanz
In der Motion wird der Bundesrat aufgefordert, die Anforderung von 3,5 Prozent Biodiversitätsförderfläche (BFF) im Ackerbau vom 1. Januar 2024 auf den 1. Januar 2025 zu verschieben.
Die Einführung der 3,5-Prozent-Anforderung im ökologischen Leistungsnachweis per 1. Januar 2024 führe zu unnötigem Druck und schlechter Akzeptanz bei vielen Betrieben, argumentierte Esther Friedli. Auch Bio Suisse habe erkannt, dass die Umsetzung der zusätzlichen 3,5 Prozent BFF auf Ackerflächen in dieser Form in der Praxis nicht umsetzbar sein werde . Durch die Verschiebung um ein Jahr soll der Bundesrat zusätzliche Massnahmen prüfen und gegebenenfalls einführen, hält Ständerätin Friedli fest.
Viele offene Punkte
«Der Erhalt von Biodiversität ist wichtig, und wir müssen ihr Sorge tragen. Aber mit Massnahmen, die nur in der Theorie, nicht aber in der Praxis funktionieren, wird es schwierig. Denn auch bei gut gemeinten Massnahmen gilt: Gut gemeint ist nicht immer gut», sagte Friedli am Donnerstag im Ständerat.
Das Argument des Bundesrats, eine Verschiebung um ein Jahr würde gegen Treu und Glauben verstossen, lässt sie nicht gelten: «Die vielen offenen Punkte bei der Umsetzung, das verstösst gegen Treu und Glauben.» Wegen der vielen Unklarheiten seien Wiesen gepflügt werden, die eigentlich kein Acker wären. Diese könnten zu Biodiversitätsförderflächen umgebaut werden. «So kann man die Massnahme umgehen, und das war ja sicher nicht die Idee des Erfinders», sagte Friedli weiter.
Knappes Saatgut
Eine zusätzliche Erschwernis sei die Knappheit an Saatgut, vor allem für Buntbrachen. «Dies haben mir die grössten Anbieter von Saatgut auch bestätigt. Doch wenn jetzt im September wegen fehlenden Saatguts keine Buntbrache angesät werden konnte, braucht es bis im Frühling sicher eine Gründüngung», führte sie aus.
«Im Bereich der Biodiversität brauchen wir Massnahmen, die die Bauernfamilien mittragen, deren Sinnhaftigkeit diese einsehen, die praxistauglich sind und die auch etwas bringen», machte sie deutlich.
Wert erfüllt
Auch Othmar Reichmuth (Mitte/SZ) machte sich für eine Verschiebung stark. «Die Schweizer Landwirtschaft muss heute, um die ökologischen Anforderungen zu erfüllen, 7 Prozent ihrer Fläche als Ausgleichsfläche ausweisen. Aktuell sind es aber 19 Prozent. Auch klassische Ackerbaukantone übertreffen den geforderten Wert deutlich», führte er aus. Es gebe keinen Grund, an diesem unausgereiften, kurzfristig umgesetzten und in der Praxis nicht abgestützten Entscheid festzuhalten.
Unterstützung von linker Seite
Sukkurs erhielt der Vorstoss auch von linker Seite. Maya Graf (Grüne/BL) sagte, dass die Landwirtinnen und Landwirte motiviert werden müssten, mitzumachen. «Es ist daher sinnvoll, ein Jahr länger zu haben, um Lösungen zu finden, die eben eine befriedigende Umsetzung bringen für die Landwirtschaft, aber auch für die Biodiversität», machte sie deutlich.
Graf führte aus, dass auch zusätzliche Massnahmen angerechnet werden sollen. So bestehe die Gefahr, dass die Biobetriebe bestraft würden. «Bei solchen zusätzlichen Massnahmen geht es um den Anbau extensiver Ackerkulturen wie Lein, Einkorn oder Emmer. Es gibt Untersaaten für pestizidfreies Getreide in weiter Reihe. Geprüft werden müsste zum Beispiel auch ein Bonus für den vollständigen Verzicht auf chemisch-synthetische Spritzmittel. Bei dieser aktuellen Massnahme - Getreide in weiter Reihe - ist ein solcher Einsatz eben erlaubt, was für deren Nutzen in Bezug auf Biodiversität sowieso ein Problem ist», sagte Graf.
Bundesrat gegen Vorstoss
Der Bundesrat lehnt hingegen die Motion ab. Eine Verschiebung der Einführung um ein weiteres Jahr und die Anpassungen der Bestimmungen würden gegen Treu und Glauben verstossen, führte er aus. Betriebe, die bereits gehandelt haben, würden bestraft. «Sie haben die Fruchtfolgeplanung angepasst, auf ihrem Ackerland Biodiversitätsförderflächen angelegt oder bereits Saatgut gekauft», sagte Bundesrat Guy Parmelin.
Der Bundesrat nehme die Bedenken aus der Praxis jedoch ernst. Er wird die Umsetzung und Praxistauglichkeit der Massnahme im nächsten Jahr evaluieren, den Handlungsbedarf abklären und falls notwendig Anpassungen prüfen.
Die grosse Mehrheit sah das anders. Die Motion geht nun an den Nationalrat. Dieser dürfte in der Wintersession über den Vorstoss befinden.
Gemäss der Landesregierung besteht hier Handlungsbedarf. Die neue Verordnung sieht vor, dass ein Betrieb, der mehr als 3 ha offene Ackerfläche in der Tal- und Hügelzone bewirtschaftet, mindestens 3.5% der Fläche als Biodiversitätsförderflächen ausscheiden muss. Der Bundesrat hat diese Bestimmung aber wegen des Krieges in der Ukraine nicht wie in der Vernehmlassung vorgeschlagen per 2023 eingeführt, sondern hat diese um ein Jahr auf 2024 verschoben.
Man lese und staune, bei konventionellen Betrieben haben die unternehmerischen Bauern- welch die Flächen geschickt anlegen- Ende Jahr mehr Geld.
Einzig beim Biobetrieb resultiert ein Verlust durch die höheren Produktepreise.