/fileadmin/images/logo.svg

Artikel werden durchsucht.

«Treuhänder und Landwirte schlagen Alarm»

Die Betriebe im Kanton Jura sind in einer gravierenden finanziellen Situation, weiss François Monin, Direktor des kantonalen Bauernverbands (Agrijura). Mit zwölf dringlichen Massnahmen soll geholfen werden.

ats |

«Schweizer Bauer»: Wie sieht die finanzielle Situation der Landwirtschaftsbetriebe im Kanton Jura aus?

François Monin: Schlecht. Treuhänder und Landwirte schlagen Alarm. Viele Betriebe kämpfen mit Liquiditätsproblemen. Wenn es so weitergeht, werden ein paar ihre Rechnungen nicht mehr zahlen können.

Sind jurassische Betriebe mehr von finanziellen Engpässen betroffen als andere Betriebe in der Schweiz?

Im Vergleich zu anderen Schweizer Betrieben stehen sie finanziell tendenziell schlechter da. Ende des Buchhaltungsjahres 2022 wies jeder fünfte Betrieb eine negative Liquidität auf.

Mit der Tierseuche und den schwierigen Wetterbedingungen im 2024 sind gleich zwei Krisen gleichzeitig gekommen.

François Monin

Wie ist es jetzt zu dieser Situation gekommen?

Die Teuerung 2023 war viel grösser als der Anstieg der Produzentenpreise. Das 2024 ist geprägt durch Krisen, deshalb ist nicht nur die Rentabilität ein Thema, sondern auch die Liquidität. Die Wetterlage hat vor allem den grossen Ackerbaubetrieben im Kanton Jura geschadet. Wenn die Qualität beim Getreide nicht erreicht wird und Brot- zu Futtergetreide deklassiert wird, hat das für einen Ackerbaubetrieb mit 40 Hektaren Getreide einen grossen Effekt. Der Kanton Jura war früher durch Blauzungenkrankheit betroffen als andere Kantone. Ein Drittel der Betriebe ist davon betroffen. Mit der Tierseuche und den schwierigen Wetterbedingungen im 2024 sind gleich zwei Krisen gleichzeitig gekommen.

Warum kommen Sie jetzt darauf, dass es den Betrieben nicht gut geht?

Wir wissen, dass rund 10 Prozent der Betriebe immer mit finanziellen Engpässen zu kämpfen haben. Jetzt sind aber auch wirtschaftlich gut geführte Betriebe in finanziell schwierigen Situationen. Bei den Landis beispielsweise sind immer mehr Rechnungen offen – auch von guten Betrieben. Das und die vielen Rückmeldungen von Buchhaltern und Landwirten selbst sind Signale, dass die momentane Situation wirklich schwierig ist. Jetzt sind Massnahmen dringlich.

Was brauchen die Betriebe nun am dringendsten?

Kurzfristig braucht es mehr finanzielle Mittel, das kann zum Beispiel durch eine schnellere Bezahlung von Getreide oder anderer pflanzlicher Produkte geschehen. Bezüglich der Blauzungenkrankheit wurde mit dem Erlauben des Impfstoffs ein Schritt in die richtige Richtung gemacht. Daneben braucht es weitere Anpassungen für den Handel. Das Wichtigste ist, dass die flüssigen Mittel – sei es vom Ackerbau oder von der Tierproduktion – so schnell wie möglich wieder auf den Betrieb kommen. Zinslose Darlehen sind auch ein mögliches Instrument aus der Agrarpolitik.

Akut ist die finanzielle Lage, deshalb muss dort am schnellsten gehandelt werden.

François Monin

Wie muss es in Zukunft weitergehen, um solche Situationen zu verhindern?

Mittelfristig müssen die finanziellen Rahmenbedingungen stabil bleiben. Agrarbudgets, seien sie kantonal oder national, können nicht gekürzt werden. Langfristig braucht es bessere Produzentenpreise. Das bleibt ein langfristiger Kampf.

Wieso braucht es jetzt Massnahmen?

Weil die finanziellen Mittel jetzt fehlen und damit die Betriebe ihre offenen Rechnungen bezahlen können.

Sie schlagen Massnahmen im klimatischen, gesundheitlichen, finanziellen Bereich vor. Welchem Bereich messen Sie aktuell die grösste Priorität zu?

Akut ist sicher die finanzielle Lage, und deshalb muss dort am schnellsten gehandelt werden. Aber wenn die Landwirtschaftsbetriebe auch in Zukunft bestehen sollen, dann braucht es Massnahmen in allen Bereichen, und jeder Akteur muss seine Pflicht wahrnehmen.

An wen richten sich die Forderungen?

An alle Akteure rund um den Landwirtschaftsbetrieb. Alle werden in die Pflicht genommen, nicht nur der Staat. Bei jeder geforderten Massnahme steht genau, wer in der Pflicht ist.

Was passiert, wenn eben nichts passiert und es leere Forderungen bleiben?

Dann wird es immer mehr Betriebe geben, die ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Es wird mehr Betriebe geben, die aufhören.

Beenden Sie die Sätze …

Die jurassischen Betriebe sind … in einer gravierenden finanziellen Situation.

Die Massnahmen sind … dringlich.

Landwirtschaft ist … ein wichtiger Wirtschaftszweig, der gerade Hilfe braucht.

12 dringende Massnahmen

Agrijura schlägt angesichts der ernsten Lage der landwirtschaftlichen Betriebe im Jura 12 konkrete kurz-, mittel- und langfristige Massnahmen vor, um den finanziellen, klimatischen und gesundheitlichen Herausforderungen, denen die Landwirte gegenüberstehen, zu begegnen. Diese Massnahmen zielen darauf ab, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Betriebe wiederherzustellen und die Bauernfamilien zu unterstützen.

Diese von Agrijura vorgeschlagenen Massnahmen zielen darauf ab, gezielt auf die unmittelbaren Bedürfnisse von Betrieben in Schwierigkeiten einzugehen und gleichzeitig nachhaltige Lösungen zur Sicherung ihres Fortbestands anzubieten. Ihre Umsetzung ist entscheidend, um den Agrarsektor zu stabilisieren und seine Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Krisen zu stärken.

1. Vereinfachung von zinslosen Darlehen: Ermöglichung der vereinfachten Gewährung von zinslosen Darlehen, wie in Art.1, Bst.a der Verordnung über die sozialen Begleitmassnahmen in der Landwirtschaft (SBMV) vorgesehen, um unverschuldete finanzielle Schwierigkeiten zu beheben.

2. Zahlungen für pflanzliche Produkte vorziehen: Derzeit können die Zahlungen für Getreide und Zuckerrüben bis zu 10 Monate nach ihrer Lieferung erfolgen. Ein Teil der Zahlungen sollte vorgezogen werden, um die Liquidität der Betriebe zu entlasten.

3. Ausweitung der Blauzungen-Sperrzone auf das gesamte Staatsgebiet: Ziel ist es, den Tierhandel zwischen Betrieben trotz der gesundheitlichen Einschränkungen durch die Blauzungenkrankheit zu ermöglichen und gleichzeitig die finanziellen Verluste und Handelsbeschränkungen zu verringern.

4. Begleitung von Betrieben, die sich in grossen Schwierigkeiten befinden, bei der Verwaltung: Mobilisierung des landwirtschaftlichen Unterstützungsfonds, um vorrangig Betriebe in kritischen Situationen zu begleiten und ihnen eine verstärkte Unterstützung im Bereich des Finanzmanagements anzubieten.

5. Abzüge für zu geringe Liefermengen in der Milchproduktion aussetzen: Vorübergehende Aussetzung von Strafen für zu geringe Liefermengen von Milch, um die Produzenten angesichts des Drucks auf die Produktionsmengen zu unterstützen.

6. Kantonale Unterstützung der Viehmärkte und der Tierseuchenkasse: Verzicht auf die von der Regierung für das Budget 2025 vorgeschlagenen Kürzungen der kantonalen Subventionen für Viehmärkte in Höhe von 300'000 Franken, um die mit den Gesundheits- und Wirtschaftskrisen verbundenen Schwierigkeiten zu kompensieren. Definieren Sie einen Betrag -ca. 100'000 Franken- im kantonalen Budget 2025, um eine Impfkampagne gegen die Blauzungenkrankheit durchzuführen.

7. Beibehaltung des Bundesbudgets für die Landwirtschaft: Eine Kürzung des Bundesbudgets 2025 für die Landwirtschaft in Höhe von 48,5 Millionen wird vom Bundesrat vorgeschlagen. Sie entspricht etwa 2 Millionen für den Jura.

8. Sicherstellen, dass der Rahmenkredit 2026-2029 stabil bleibt, indem mehr Mittel für Strukturverbesserungen zur Verfügung gestellt werden: Für den Zeitraum 2026 bis 2029 muss der Rahmenkredit für die Direktzahlungen stabil sein und eine Erhöhung der verfügbaren Mittel für Strukturverbesserungen vorsehen, um die Baukosten auf den Landwirtschaftsbetrieben zu senken. Diese Zahlen stammen aus der Veröffentlichung einer Studie des BLW über die Mittel, die langfristig für dieses wichtige Instrument der Agrarpolitik benötigt werden.

9. Reduzierung der SGPV-Abzüge für die Verwertung von Überschüssen: Diese Kürzung in die Endabrechnungen der Produzenten für die Ernte 2024 einbeziehen, um den finanziellen Druck auf die Landwirte zu verringern.

10. Die Prämie für die Verarbeitung zu Käse erhöhen: Diese Prämie neu bewerten, um den Fettdruck in der Käseproduktion zu verringern, insbesondere angesichts der Konkurrenz durch importierte Produkte (beeinflusst durch den starken Franken und die Inflation).

11. Unterstützung der Ausbildung von Junglandwirten: Junglandwirte sollen durch einen Pauschalbeitrag ermutigt werden, eine höhere landwirtschaftliche Ausbildung zu beginnen. Diese Unterstützung zielt auf die Entwicklung ihres Unternehmergeistes und die Sicherung eines qualifizierten Nachwuchses ab.

12. Schaffung von klimabezogenen Steuerrücklagen: Dedizierte Steuerrücklagen einführen, die es den Betrieben ermöglichen, die Auswirkungen guter und schlechter Jahre abzufedern. Dadurch würden die finanziellen Ergebnisse geglättet und die Auswirkungen von Klimaschwankungen auf die Rentabilität der Betriebe verringert.

Kommentare (16)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Urs Häfeli | 25.10.2024
    Es gibt nicht 12 dringliche Massnahmen !
    Es gibt nur eine Massnahme !
    Bezahlt uns angemessene Preise für unsere Produkte !
    • jakobli | 27.10.2024
      Kannst du ev. noch erläutern, für welche Kostenstruktur die angemessenen Preise gelten sollen? Für durchschnittliche Betriebe oder für Spitzenbetriebe? Beispiel: laut zentraler Auswertung der Buchhaltungsdaten kommen Ackerbaubetriebe im Schnitt auf einen Arbeitsverdienst von 85 bis 90000. Verzinsung des Eigenkapitals 1.8%. So schlecht wirtschaften diese nun doch nicht. Oder haben sie sich ev. einfach auf einem hohen Niveau ausgeruht und sind nun überrascht worden? Frag doch mal die Schweinebauern, wie man mit Zyklen umgehen sollte!
      Übrigens: Bergbetriebe verdienen je AK so um die 40000, bei deren eher kleineren Mengen spielen höhere Preise noch eine kleinere Rolle.
      Fazit: hohe Preise reichen noch längst nicht für ein angemessenes Einkommen, nur wer die Kosten im Griff hat schafft es. Und da gibts noch viel Spielraum nach oben.
      Aber: mit der Forderung nach angemessenen Preisen kann man von anderen Defiziten und Unzulänglichkeiten ablenken.....
    • Landwirt | 31.10.2024
      Was ist ein fairer Preis? In der Betriebsleiterschule haben wir die Buchhaltungen auseinandergenommen. Einer Produzierte Milch zu Kosten von Fr 1.10,und ein anderer mit nur steilem Land der Produzierte zum Preis von Fr. 2.80. Meine Kosten lagen irgendwo dazwischen. Auch produzierte der Steilhang-Bauer weniger Milch sodass eine Preiserhöhung bei Ihm weniger ins Gewicht fällt.
      Derjenige mit Kosten von 1.10 hatte eine hohe Milchmenge die er verkauft. Bei Ihm fällt der Preis mehr ins Gewicht. Sind also mehrere Massnahmen fehl am Platz und der Produktepreis ist die Lösung für alle Probleme in der Landwirtschaft? Nein!!!
  • Ernst | 24.10.2024
    Gehts eigentlich nur noch um Direktz. ? Hallo ihr Oberschlauen ! Die DZ sind für Leistungen die von uns erwartet oder besser gesagt die uns auferlegt werden . Ob ein Betrieb rentiert oder nicht ist von ganz anderen Faktoren abhäng und je grösser ein Betrieb ist umso mehr sind äusser Faktoren und auch der Betriebsleiter entscheidend
  • Roman | 23.10.2024
    Das in harten Zeiten alle etwas geben müssen ist eigentlich klar. Die 48 Millionen sind bei mehreren milliarden auch eher symbolisch. Zahlen tut das ganze immer noch die Bevölkerung. Und die hat viele Probleme. Zb. Sauberes Trinkwasser.
    • Dieselrossmeier | 24.10.2024
      Herr Roman, auch einer von denen die lieber den UA alles kostenfrei in den Ar...... drücken, hamas mit milionen unterstützen ja genau, kriegstreiber nennt man solch
    • Andi V. | 24.10.2024
      Dann sollte die Bevölkerung schauen, dass sie sauberes Trinkwasser hat und kauft. Alte Wasserleitungen und Kalk belasten die Trinkwasserqualität. In anderen Ländern kann teilweise nicht mal Wasser aus dem Hahnen getrunken werden, weil das Wasser abgekocht werden muss.
    • Obelix | 24.10.2024
      Ein Irrglaube, welcher nicht verschwindet, dass die Bevölkerung uns die DZ bezahlt. Ja natürlich kommen die DZ vom Budget des Bundes, dies aber nur, weil die Preise für Essen einfach viel zu tief sind und die Betriebe ohne dieses Geld definitiv am Ende wären.
    • Antonio Senatore | 24.10.2024
      Aha nur Lustig als bei der Pestizid verbots initiative am ende sogar heraus kam dad nicht die Bauern die Gauptverschmutzer der Gewässer sind sondern die Industrie. Wir habem Miliarden fürs ausland für Probleme die nicht die Bevölkerung gemacht haben. Solche Kommentare wie ihre sind sinnlos. Zumal würde mich wunder nehmen wieviel gift durch jeden Haushalt in die gewässer gelangt? Spaaren bei den Lebensmitteln aus der eigenen Region aber für Markenkleider made in Bangladesh welche von Kinder und Frauen genäht werden ja dafür hat man genug Geld da hinterfragt niemand etwas. Traurrige Gesellschaft die wir mittlerweile haben.
  • Jenny | 23.10.2024
    Jammern auf hohem Niveau das können die Bauern Trinkwasser Böden und strassen verschmutzen und von steuer gelder leben
    • Stefan | 23.10.2024
      Sie haben keine Ahnung von der Landwirtschaft.
  • Housi | 23.10.2024

    Im Jura haben die meisten Betriebe grosse Flächen, meist mit 80 bis 100 Hektaren und entsprechend Direktzahlungen.


    Was läuft hier falsch.

    • Bauer aus dem Jura | 23.10.2024
      Schön das in der landwirtschaft immer alle wissen wie es den andern geht und was sie falsch machen.
    • Bauer aus dem Jura | 24.10.2024
      Also ich habe es nachgesehen, durchschnittliche Betriebsgrösse im Kanton Jura 36.6 ha.
      Bitte etwas überlegen und nachforschen bevor so Fehlinformationen vom (Eifersuchts)Stammtisch erzählt werden.
    • ueli | 24.10.2024
      An Bauer im Jura,
      Betriebsgrösse immer noch deutlich über Schweizer Durschnitt und vieles in Bergzone.
      Da werden Direktzahlungen sicher nicht klein sein.
      Housi hat sicher nicht ganz unrecht.
    • Lisser Herrmann | 25.10.2024
      Scheint als ob das mit den Skalierungseffekten gar keinen grossen Einfluss hat und die Ausgaben aus dem Ruder laufen.
×

Schreibe einen Kommentar

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

Das Wetter heute in

Umfrage

Geht Ihr auf die Jagd?

  • Ja:
    7.41%
  • Nein, habe keine Ausbildung/Berechtigung:
    92.59%
  • Früher ja, jetzt nicht mehr:
    0%
  • Noch nicht, will Ausbildung machen:
    0%

Teilnehmer insgesamt: 135

Zur Aktuellen Umfrage

Bekanntschaften

Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?