Uniterre-Präsident Maurus Gerber kämpft für die Milchbauern. Im Juni 2021 liess er als Darsteller eines BOM-Vertreters Parlamentsbeschlüsse durch den Schredder.
Olivier Ruprecht
Weil die Elsa auf den Milchabrechnungen keine Verkäsungszulagen ausweist, verklagte Milchbauer Maurus Gerber die Migros-Molkerei zur Zahlung der Zulage. Das Zivilgericht des Broyebezirks im Kanton Freiburg hat ihm teilweise Recht gegeben.
Die Verkäsungszulage ist ein heisses Eisen. So führt die Verkäsungszulage, die es seit der Einführung des Käsefreihandels mit der EU als Kompensation gibt und die heute bei 10,5 Rappen pro Kilogramm Milch liegt, immer noch zu Fehlanreizen.
Kritische Vorgeschichte
Es wird beispielsweise Viertelfettkäse mit tiefer Wertschöpfung produziert. Trotzdem hat der Ständerat im vergangenen Juni eine Motion, die die Verkäsungszulage nach dem Fettgehalt abstufen wollte, versenkt. Die Motion «Stärkung der Wertschöpfung beim Käse» verlangte, dass die Wertschöpfung und deren faire Verteilung entlang der Kette im Käsebereich insgesamt gefördert wird. Die Auszahlung der Verkäsungszulage an Verarbeiter sollte verweigert werden, falls durch das Unterschreiten von Mindestpreisen bei Milchproduzenten Preisdumping betrieben und so das Käseabkommen mit der EU unterlaufen wird.
Und das aktuelle Auszahlungssystem der Verkäsungszulage sorgt immer wieder für Schlagzeilen und Diskussionen. Die Verkäsungszulage wird gleich wie die Siloverzichtszulage von 3 Rappen vom Bund an die Milchverwerter überwiesen. Das kann eine Emmentaler-AOP-Dorfkäserei sein, aber auch eine Molkerei wie die Migros-Molkerei Elsa, die Mozzarella herstellt. Die Milchverwerter sind verpflichtet, die Zahlung an ihre Milchproduzenten weiterzuleiten. Das funktioniert in aller Regel problemlos.
Fall Wick
Nicht so beim Ostschweizer Käser Karl Wick vor rund zehn Jahren. In der Folge beschritten betroffene Milchproduzenten den Rechtsweg. Das Bundesgericht stellte fest, dass das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) dafür verantwortlich ist, dass die Zulage beim Milchproduzenten ankommt. Das BLW musste nachträglich 750’000 Franken Verkäsungszulage ein zweites Mal auszahlen. Im August 2019 sagte der damalige BLW-Vizedirektor Adrian Aebi, das BLW könne dieses Risiko nicht mehr tragen. Er bezeichnete die Auszahlung an die Käser sogar als «gesetzeswidrig».
So schlug das BLW Anfang Jahr im Rahmen des Verordnungspaketes 2022 den Systemwechsel zum wiederholten Mal vor: Die Verkäsungszulage und die Siloverzichtszulage sollten direkt den Milchproduzenten ausbezahlt werden, wie dies seit 2019 mit der Milchzulage von 4,5 Rappen pro Kilogramm geschieht. «Damit kann das aktuell bestehende Risiko, dass bei der Zahlungsunfähigkeit einer Milchverwerterin bzw. eines Milchverwerters die Zulagen die Produzentinnen und Produzenten nicht erreichen, eliminiert werden», hiess es im Bericht zum Verordnungspaket.
Änderung noch nicht fix
Der Bund nennt eine Verbesserung der Transparenz als wichtigen Vorteil. Im Bericht über die Vernehmlassungsergebnisse von Anfang Oktober ist aber zu lesen, dass die vorgeschlagene, direkte Auszahlung mehrheitlich abgelehnt wird. Vor allem die direkt betroffene Milchbranche mit den Schweizer Milchproduzenten (SMP), dem Dachverband der Schweizer Käsespezialisten Fromarte, der Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie (VMI) und der Branchenorganisation Milch (BOM) möchte das aktuelle System beibehalten.
Die Direktauszahlung wäre aus ihrer Sicht administrativ kompliziert und hätte höhere Kosten zur Folge. Zudem würde ein Preisdruck auf die verkäste Milch entstehen, heisst es im Bericht. Was nun daraus wird, wird sich im Laufe dieses Herbstes erweisen.
Verwendung nicht klar
Ein aktueller Gerichtsprozess unterstreicht die zum Teil fehlende Transparenz der Auszahlung der Verkäsungszulage. Es ist der mittlerweile pensionierte Maurus Gerber, Präsident der Bauerngewerkschaft Uniterre, der die Migros-Molkerei Elsa auf die Zahlung der Verkäsungszulage verklagte. Gemäss dem Gerichtsurteil, das dem «Schweizer Bauer» vorliegt, folgte Elsa einer Schlichtungsanhörung am 24. August 2021 nicht, worauf der frühere Elsa-Direktlieferant am 24. November 2021 eine Klage einreichte.
Er beantragte, dass Elsa ihm die notwendigen Informationen und Beweise liefern solle, die belegen würden, wie seine Milch verarbeitet worden sei, insbesondere, ob und in welchen Mengen sie zu Käse verarbeitet worden sei. Im Urteil gibt das Kreisgericht Broye in erster Instanz Gerber teilweise Recht. Es anerkennt, dass Elsa nicht in der Lage ist, den Warenfluss zu rekonstruieren, um die genaue Verwendung der Milch von Gerber zu belegen.
Elsa muss zahlen
Gemäss Mitteilung von Uniterre ist zentral, dass die monatlichen Milchabrechnungen keine Verkäsungszulagen ausweisen. Demgegenüber ist Elsa der Ansicht, dass diese Zulagen integrierter Bestandteil des Basismilchpreises sind. Wie Uniterre schreibt, widerspricht dies der aktuellen Gesetzgebung, die von «Zulagen» spricht, die auf der Milchabrechnung separat ausgewiesen werden müssen. Das Gericht hat ebenfalls festgestellt, dass das Kontrollverfahren des BLW nicht garantieren kann, dass die Verkäsungszulagen effektiv den Produzenten zugutekommen.
Elsa muss nun Gerber den anteilsmässig errechneten Betrag im Nachhinein überweisen sowie für sämtliche Gerichts- und Verfahrenskosten aufkommen. Laut Gerichtsurteil handelt es sich um einen Betrag von 1450.30 Fr., zuzüglich Zinsen von 5 Prozent pro Jahr ab dem 28. Februar 2018, plus 8532.05 Fr. Gerichts- und Verfahrenskosten. Das Urteil wird jedoch erst rechtskräftig, wenn die 30-tägige Einsprachefrist unbenutzt verstreicht.
Der Migros-Genossenschafts-Bund gibt auf Anfrage keine Auskunft. «Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt und damit die Justizarbeit nicht beeinflusst wird, geben wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahmen, Informationen oder Kommentare», schreibt Tristan Cerf, Mediensprecher Westschweiz.
One Response
Bitte zuerst mal korrekte Zahlen im Bericht verwenden… aber Schreiberlinge haben Zahlen nicht so im Griff…????????????