Der Nationalrat beharrt bei der Steigerung der Wertschöpfung beim Käse auf seiner Position. Er will weiterhin, dass die Verkäsungszulage nach dem Fettgehalt abgestuft wird. Ziel ist es, zu verhindern, dass Billig-Käse gefördert wird. Der Ständerat will diesen Passus gestrichen haben.
Die Motion «Stärkung der Wertschöpfung beim Käse» verlangt, dass die Wertschöpfung und deren faire Verteilung entlang der Kette im Käsebereich insgesamt gefördert wird. Dazu soll der Bundesrat durch Anpassung von Ausführungsverordnungen die Verkäsungszulage nach Fettgehalt des Käses abstufen.
Die Auszahlung der Verkäsungszulage an Verarbeiter soll verweigert werden, falls durch das Unterschreiten von Mindestpreisen bei Milchproduzenten Preisdumping betrieben und so das Käseabkommen mit der EU unterlaufen wird. Zudem will die Vorlage Transparenz über die Einhaltung der Mindestpreise schaffen. Das Ziel der Motion: Die Milchproduzenten stärken.
Hohen administrativen Aufwand
Die kleine Kammer hatte sich in der Wintersession aus dem Nationalrat abgeändert. Auf eine Abstufung der Verkäsungszulage nach Fettgehalt des Käses – wie dies der Nationalrat fordert – soll nach Ansicht des Ständerats hingegen verzichtet werden. Eine solche Regelung würde laut Kommissionssprecher Peter Hegglin (Mitte/ZG) einen hohen administrativen Aufwand und Kontrollaufwand mit sich bringen. Hegglin ist auch Präsident der Branchenorganisation Milch (BOM). Der Ständerat stimmte mit 36 zu 5 Stimmen für die abgeänderte Motion.
Hegglin sagte, es bestünde aber noch Handlungsbedarf. Die BOM schreibe ihren Mitgliedern reglementarisch vor, dass der bezahlte Preis für die verkäste Milch den sogenannten LTO-plus-Preis nicht unterschreiten dürfe. «Diese Bestimmung wird kontrolliert und ein allfälliges Nichteinhalten wird sanktioniert. Mit dieser Regelung wird gewährleistet, dass Schweizer Käsehersteller die Milch inklusive Verkäsungszulage nicht günstiger einkaufen können als die Hersteller in der EU», so Hegglin.
Kommissionsmehrheit gegen Motion
Eine knappe Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) lehnte im Februar 2022 die abgeänderte und ursprüngliche Motion ab. Die geänderte Version fand in der WAK-N in einer Gegenüberstellung mit dem ursprünglichen Text mit 15 zu 9 Stimmen keine Mehrheit mehr. In der definitiven Abstimmung beantragte die Kommission mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Motion abzulehnen
Aus Sicht der Kommissionsmehrheit, wie auch vom Bundesrat, besteht keine ausreichende Gesetzesgrundlage für die Umsetzung der Motion. Eine starke Minderheit will aber am ursprünglichen Motionstext und am Anliegen, die Wertschöpfung beim Käse in der Schweiz zu stärken, festhalten.
Erste Ja bereits im März 2019
Der Nationalrat folgte seiner Kommission nun aber nicht. Mit 89 zu 80 Stimmen bei sieben Enthaltungen folgte die grosse Kammer am Mittwoch dem Antrag der Minderheit ihrer Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N). Die entsprechende Motion geht damit nochmals an den Ständerat.
Der Vorstoss stammt ursprünglich von der WAK-N – erarbeitet hatte ihn die Kommission allerdings noch vor den letzten Wahlen. Im März 2019 hatte der Nationalrat – noch in alter Zusammensetzung – der Motion ein erstes Mal mit 117 zu 38 Stimmen zugestimmt.
«Wertschöpfung kommt Bauern zugute»
Es brauche bessere Preise, damit nicht immer mehr Milchbäuerinnen und Milchbauern ihre Betriebe aufgäben, warb Marcel Dettling (SVP/SZ) namens der Kommissionsminderheit erfolgreich für das Anliegen. 2003 gab es in der Schweiz noch 33’000 Milchwirtschaftsbetriebe, 2021 sank dieser Wert auf 17’900. Wenn man die Abstufung nach Fettgehalt aus der Motion streiche, entreisse man dieser das Herzstück. Im Ständerat hätten sich die Milchverarbeiter durchgesetzt.
Dettling nannte ein Beispiel: «Im August 2021 wurden 450’000 Kilogramm Reibkäse zu einem Preis von 3.90 Fr. exportiert, staatlich gefördert mit Steuergeldern der Schweiz. Wertschöpfung: schlecht. Das soll eben am Schluss abgestuft werden.» Käse, der keinen oder nur einen tiefen Wert habe, solle nicht mehr so stark gefördert werden. «Es braucht nicht mehr und nicht weniger finanzielle Mittel des Staates», machte Dettling klar. Diese Mittel sollen gemäss dem Präsident der Kälbermäster effizient eingesetzt werden. «Deshalb ist diese Abstufung so wichtig. Wir wollen Käse, der im Ausland Wertschöpfung erzielt. Am Schluss kommt dies den Milchbäuerinnen und Milchbauern im Lande zugute», hielt er fest.
Keine Mindestpreise auf Verordnungsweg
Kommissionssprecherin Kathrin Bertschy (GLP/BE) anerkannte in ihrem Votum zwar, dass zu wenig Geld bei den Bauern ankomme und sich die Verkäsungszulage in ihrer jetzigen Form nicht wirklich mit einer Qualitätsstrategie vertrage. Das müsse man verbessern, sagte sie weiter.
Vergeblich wandte sie jedoch ein, man solle das Problem im Rahmen einer Gesamtstrategie für die Agrarpolitik lösen. Denn es liessen sich auf dem Verordnungswege keine Mindestpreise mehr festlegen. Dies zu tun, käme zudem einer Kehrtwende in der Agrarpolitik und einem Rückschritt gleich. «Aus Sicht der Kommissionsmehrheit ist schlicht nicht angebracht, jetzt punktuell Unterstützungsmassnahmen im Bereich der Landwirtschaft zu beschliessen. Das soll im Rahmen einer Gesamtdiskussion über die Ausrichtung der Agrarpolitik diskutiert werden dürfen», hielt Bertschy fest. Die Mehrheit im Nationalrat sah das nicht so.
Bundesrat verwies geplante Milchpreisstützungsverordnung
«Der Bundesrat bleibt bei seiner Haltung und beantragt Ihnen die Ablehnung dieser Motion», sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Gestützt auf den aktuellen Artikel 38 des Landwirtschaftsgesetzes dürfe der Bundesrat nur Käse mit geringem Fettgehalt von der Zulage ausschliessen. «Die rechtliche Grundlage reicht aber nicht dafür aus, dass der Bundesrat die Zulage nach dem Fettgehalt abstufen kann» hielt sie fest. Laut Bundesrat würde eine nach Fettgehalt abgestufte Zulage einen zu hohen Administrationsaufwand nach sich ziehen. Zudem müsste für jede Käsesorte die Höhe der Zulage festgelegt werden
Sie wies auf das Verordnungspaket 2022 hin. Die Milchpreisstützungsverordnung soll so geändert werden, dass die Zulage für verkäste Milch und die Zulage für Fütterung ohne Silage ab dem 1. Januar 2024 direkt an die Milchproduzentinnen ausbezahlt werden können. «Die direkte Auszahlung dieser beiden Zulagen an die Produzenten würde es ermöglichen, den Zielen der Motion angemessen Rechnung zu tragen. Insbesondere könnte damit die Transparenz des Milchpreises für die Milchproduzenten verbessert werden», sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
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