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«Bis zu 70'000 Tonnen weniger Kartoffeln»

Am 22. September wird das Stimmvolk über die Biodiversitätsinitiative befinden. In der Landwirtschaft stösst das Begehren mehrheitlich auf Ablehnung. Landwirte aus dem Kanton Bern haben ihre Argumente gegen die Initiative vorgestellt.

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In wenigen Wochen kommt die Initiative vors Volk. Der Abstimmungskampf läuft auf Hochtouren. Gemäss der jüngsten Umfrage der TX-Medien liegen die Initianten hauchdünn vorne. 51 Prozent wollen der Biodiversitätsinitiative zustimmen.

Der Berner Bauernverband lud am Mittwoch die Medien auf den Hof der Familie Marti in Kallnach im Berner Seeland ein. Sie bewirtschaftet einen Ackerbau- und Gemüsebaubetrieb mit Pouletmast.

Biodiversität auf 21 Prozent der Fläche

Ernst Marti informierte über die Leistungen, die er bereits für die Biodiversität erbringt. «Es sind dies Biodiversitätsförderflächen (Qualität II) auf 231 a, Hecken/Feldgehölze auf 55 a, extensive Weiden auf 170 a, Rotationsbrachen auf 110 a und 55 Feldobstbäume. Wir fördern die Biodiversität auf 21 Prozent unserer Betriebsfläche. Das ist fast das Dreifache der geforderten 7 Prozent Biodiversitätsfläche pro Betrieb», sagte Marti.

Im Ackerbau werde die Biodiversität, beispielsweise bei der Gerste, mit weiten Saatreihen gefördert. Dort Hasen und Feldlerchen könnten ihre Jungen aufziehen. Die Gerste werde herbizidfrei angebaut. «Bei den Zuckerrüben und dem Mais arbeiten wir mit der Bandspritze und dem Hackgerät. Dadurch können wir zwei Drittel der Herbizide einsparen», führte Marti weiter aus. Im Gemüsebau werden alle Bohnen mit der Bandspritze, dem Striegel und dem Hackgerät bearbeitet. «Weiter machen wir beim 7-Wochen-Wochenprogramm (Angemessene Bedeckung des Bodens) mit. Das heisst, dass der Boden nach der Ernte möglichst schnell wieder bewachsen wird», so Marti weiter.

«Habt Vertrauen in uns Bauern»

Für den Seeländer Landwirt ist klar: Auch ein vielseitiger, intensiv geführter Betrieb leistet einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität. «Trotz allen Einschränkungen, die uns auferlegt werden, produzieren wir mit Herzblut und mit Überzeugung Produkte für eine gesunde menschliche Ernährung», machte Marti deutlich.

Als Landwirt sei er stolz darauf, nachhaltig zu produzieren. Die Biodiversitätsinitiative gehe zu weit. «Deshalb lehne ich sie ab. Wir Bauernfamilien sind die Spezialisten auf unseren Betrieben. Bei der Förderung der Biodiversität müssen wir einbezogen werden. Spezifische Fördermassnahmen, die zum Betrieb und zur Natur passen, sind am sinnvollsten. Habt Vertrauen zu uns Bauernfamilien», fuhr der Landwirt fort.

«Landwirtschaft verliert 145'000 ha»

Auch Martin Uhlmann, Kartoffelproduzent und Vorstandsmitglied der Vereinigung Schweizer Kartoffelproduzenten (VSKP), rückte die Leistungen, die die Landwirtschaft bereits für die Biodiversität erbringt, in den Vordergrund. «Die Agrarpolitik verlangt von uns Landwirtinnen und Landwirten, dass wir auf 7 Prozent unserer Fläche die Biodiversität fördern. Heute liegt der Anteil der Biodiversitätsförderflächen in der Landwirtschaft bei 19 Prozent», hielt er fest.

Die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) in der Schweiz belief sich im Jahr 2022 auf 1'042’500 Hektar. «Fast jede fünfte Hektare wird bereits heute explizit zur Förderung der Biodiversität genutzt, beispielsweise für extensive Wiesen oder Weiden, Schon- oder Blühstreifen, Krautsäume, Hecken und anderes mehr», so Uhlmann weiter.

40'000 ha weniger für Ackerbau

Die Initianten haben zwar kein konkretes Flächenziel genannt. Pro Natura sprach aber von rund 30 Prozent. Uhlmann rechnete vor, was das bedeutet. Die Landwirtschaft würde eine Fläche von rund 145'000 Hektaren verlieren. Eine Fläche so gross wie der Kanton Aargau. «Die offene Ackerfläche würde um rund 40'000 Hektaren reduziert. Das entspricht in etwa der Fläche des Genfersees, die stillgelegt würde», hielt er fest.

Was das bedeuten würde, illustrierte der Landwirt anhand von Kartoffeln: «Konkret würde die Kartoffelproduktion um 60'000 bis 70'000 Tonnen zurückgehen. Das entspricht dem Jahreskonsum von über 1,3 Millionen Menschen in der Schweiz.» Kartoffeln gehörten zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Der miese Sommer 2024 habe gezeigt, wie fragil die Versorgung und die Lieferketten seien. Nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa sei die Verfügbarkeit eingeschränkt. «Eine weitere Reduktion des Anbaus und eine noch stärkere Abhängigkeit vom Ausland wären unverantwortlich», ist für Martin Uhlmann klar. Weiter fügte er an, dass nur der Anbau in der Schweiz sicherstelle, dass die Produktion im Einklang mit der Biodiversität erfolge.

Fläche der Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn

Die Agronomin und Nationalrätin Katja Riem (SVP/BE) wies auf einen weiteren Punkt der Initianten hin. Sie würden zwar keine konkreten Zahlen nennen, aber immer wieder ein Flächenziel von 30 Prozent ins Spiel bringen. Und weiter: «Die Initianten akzeptieren heute aber nur rund 8 Prozent der Fläche als ausreichend geschützt. Es fehlen also 22 Prozent. Das entspricht der Fläche der Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn.»

Der Druck, weitere landwirtschaftliche Flächen stillzulegen, würde bei einer Annahme massiv zunehmen, fuhr sie fort. «Die Annahme der Initiative würde zu einem riesigen Rückgang der einheimischen Nahrungsmittelproduktion führen, da mehr Flächen insbesondere im produktiven Mittelland – wie hier im Seeland - unter Schutz gestellt werden müssten», warnte Katja Riem.

Biodiversitätsinitiative

Die Initiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» wurde Anfang September 2020 vom Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» eingereicht. Der Trägerverein wäre bereit gewesen, sein Begehren zurückzuziehen, hätte das Parlament den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates angenommen. Dieser hätte unter anderem 17 statt wie derzeit 13,4 Prozent der Fläche für Tiere und Pflanzen zur Verfügung stellen wollen. Auch hätten Städte und Gemeinden mehr für den Schutz der Artenvielfalt unternehmen müssen.

Die Initiative will Bund und Kantone verpflichten, die Artenvielfalt, die Landschaft und das baukulturelle Erbe besser zu schützen. Sie fordert für den Erhalt der Biodiversität mehr Flächen und mehr Gelder der öffentlichen Hand. Zahlengrössen nennt sie dabei nicht. Die Organisation Pro Natura, die im Ja-Komitee mitmacht, hat als Schutzziel 30 Prozent der Fläche genannt. Schutzgebiete von gesamtschweizerischer Bedeutung müsste der Bund festlegen und kantonale Schutzgebiete die Kantone. Ausserdem verlangt die Initiative, die Natur, vielfältige Landschaften und schöne Ortsbilder auch ausserhalb von Schutzgebieten zu schonen.

Kommentare (1)

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  • Heifi bischof | 18.08.2024
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