Sieben Millionen Kilogramm Milch hätte sie verarbeiten können, die Biomolkerei der Cremo SA in Lyss. Jetzt wird dieser Standort per Ende Juni geschlossen. Verantwortlich dafür sei auch die abgeflaute Nachfrage nach Bioprodukten.
«Jardin du Seeland» heisst die Bio-Produktelinie, mit der Cremo den Markt aufmischen wollte. Jetzt werden diese Produkte aus den Regalen von Coop und Aldi wieder verschwinden. Die fünf Seeländer Bauern, die in dieses Projekt involviert waren, können ihre Bio-Milch jetzt zum Glück in die Cremo-Zentrale nach Freiburg liefern, schreibt die «Berner Zeitung».
Kein Erfolg für ökologische Produktionsweise
Es hätte ein Prestigeprojekt sein sollen. Jetzt führt die Schliessung der Biomolkerei in Lyss bei der Cremo für einen grossen Abschreiber. Biologisch, regional und nachhaltig hätte die neue Produktelinie «Jardin du Seeland» (Seeland-Garten) werden sollen. Durch eine Pelletheizung im Keller und Solarzellen auf dem Dach hätten 50 Prozent des Stromverbrauchs autonom produziert werden können. Die Angebotspalette hätte mit eher ausgefallenen Produkten erweitert werden sollen.
Die sonst eher traditionelle Massenproduktion hätte durch eine ökologischere Produktionsweise ergänzt werden sollen . Doch nun müssten die Verantwortlichen der Cremo eingestehen, dass sie mit ihrem innovativen Projekt in Lyss nach nur 4 Jahren gescheitert sind. «Wir brachten die Lysser Idee nie zum Fliegen», sagt Cremo-Generalsekretär Thomas Zwald gegenüber der «Berner Zeitung». Es sei klar ein Misserfolg, gesteht Zwald weiter ein. Die neu lancierten Bioprodukte hätten sich am Markt nicht etablieren können, so das ernüchternde Fazit.
Fehlende Nachfrage
Man hätte sich auch ganze andere Vorstellungen darüber gemacht, wie sich der Biomarkt entwickeln würde. Der Misserfolg der Linie «Jardin du Seeland» zeichnete sich eigentlich schon früh ab. Die Produkte fanden bei den Konsumentinnen keinen Anklang. «Vor zwei Jahren mussten wir die Quarkproduktion einstellen, wenig später dann das Joghurtsortiment schmälern», erklärt Zwald. Insbesondere die Gemüse-Frucht-Sorten, wie das Fenchel-Birne-Joghurt, hätten den Geschmack nicht getroffen.
Die Molkerei in Lyss hätte die Kapazität gehabt, jährlich bis zu 7 Million Kilogramm zu verarbeiten. Bei der Eröffnung vor 4 Jahren seien sie mit einem Volumen von 1,5 Millionen Kilo gestartet. Dann musste das Produktionsvolumen gar auf 1 Million Kilo gekürzt werden. Eine Rentabilität sei dadurch nicht gegeben. Auch die bescheiden wachsende, beziehungsweise wegen der Inflation teils rückläufige Nachfrage nach Bioprodukten hätte zum Scheitern des Projekts beigetragen.
Restrukturierung geht weiter
Seit Jahren fährt die Cremo Verluste ein. Im letzten Geschäftsjahr waren es 21,5 Millionen Franken. Die Schliessung des Standorts Lyss ist deshalb kein Einzelfall. Vor zwei Jahren wurde bereits das Werk in Steffisburg BE geschlossen, Ende Mai dieses Jahres jenes in Lucens VD.
Insgesamt hätten bisher beinahe hundert Personen ihren Job verloren. «Wir stehen generell stark unter Druck und sind nicht auf Rosen gebettet», sagt Generalsekretär Thomas Zwald. Drei der fünf Mitarbeitenden, die in Lyss ihren Arbeitsplatz verlieren werden, kämen am Hauptsitz in Villars-sur Gläne unter.
Der Spardruck lastet jedoch weiter auf dem Management der Cremo. Zurzeit werde das Unternehmen umfassend restrukturiert. Innerhalb von drei Jahren will Cremo auf diese Weise 23 Millionen Franken einsparen.
Die Cremo SA konzentriert ihre Aktivitäten künftig wieder auf die Standorte in Villars-sur-Glâne FR, Mont-sur-Lausanne VD und Siders VS. Butter und Käse soll wieder im Fokus der Produktion stehen. Ein Verkauf der Cremo stünde zurzeit in keinem Fall zur Diskussion, so Zwald. Die Cremo SA wolle sich die Unabhängigkeit bewahren.
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