Dienstag, 28. März 2023
27.01.2023 11:15
Bern

Protest: Mit 70 Traktoren gegen Umfahrung

Share on print
Share on email
Share on facebook
Share on twitter
Von: blu

Die geplante Umfahrungsstrasse Aarwangen BE ist in der Region umstritten. Mehrere Dutzend Landwirtinnen und Landwirte haben mit 70 Traktoren ihren Unmut gegen das Projekt kundgetan.

Die geplante Umfahrung soll die Ortsdurchfahrt von Aarwangen und weitere Strassen in der Umgebung vom Durchgangs- und Schwerverkehr entlasten. Berechnungen des Kantons gehen davon aus, dass damit die Verkehrsmenge durch den Ortskern von Aarwangen halbiert werden kann und wesentlich weniger Lastwagen anzutreffen sein werden.

Projektiert ist nun eine zweispurige, 3,6 Kilometer lange Strasse für den Durchgangs- und Schwerverkehr.
Les graphistes

3,6 Kilometer

Die neue Strasse zweigt nordwestlich von Aarwangen von der Kantonsstrasse ab, quert die Aare auf einer 480 Meter langen Brücke, führt beim Spichigwald in einen rund 500 Meter langen Tunnel und mündet östlich von Bützberg in die Bern-Zürich-Strasse.

Mit dem Bau der Strasse gehen auch Fruchtfolgeflächen verloren.
Kanton Bern

An Werktagen würden sich gemäss Kanton durch dieses Nadelöhr bis zu 17’000 Fahrzeuge schlängeln, in den Morgenspitzen befahren stündlich bis zu 160 Lastwagen die Strecke. Die 3,6 Kilometer lange, zweispurige Umfahrungsstrasse soll Abhilfe schaffen. Doch für das Projekt werden Fruchtfolgeflächen unwiderruflich verbaut.

Fruchtfolgeflächen für immer verloren

Gegen das 200 Millionen Franken teure Strassenprojekt hat sich Widerstand gebildet. Der Verein Natur statt Beton fordert einen Stopp des Projekts. Es gebe bessere Varianten als die vom Kanton bevorzugte. Die im März 2021 erstmals in Erscheinung getretene Organisation setzt sich mit verschiedenen Aktionen gegen das Projekt zu Wehr. «Wer die Verkehrssituation auf der Zürich-Bern-Strasse und der Ortsdurchfahrt Bützberg kennt, weiss dass die Umlagerung des Verkehrs auf diese Achse nicht funktionieren wird. Daher sage ich Nein zu dieser millionenschweren Fehlinvestition auf Kosten von Umwelt, Landwirtschaft und der nachfolgenden Generat», sagt Eva Fuhrimann, Anwohnerin, Bäuerin und Co-Präsidentin des Vereins, zum Projekt.

Am diesjährigen Dreikönigstag lud sie zu einem Mahnfeuer ein. «Der Kanton muss zurück auf Feld Eins. Solche Fehlplanungen können wir uns in Zeiten von Klimawandel, Artensterben und Knappheit an Fruchtfolgeflächen schlicht nicht mehr leisten», sagte damals Samuel Jenzer, Co-Präsident des Vereins und betroffener Landwirt. Was nützten Entschädigungszahlungen, wenn wertvollste Ackerböden verloren gingen, kritisierte er. 

Breite Koalition

Der Königsweg heisse: Erweiterung der Planung durch weitere Varianten, Zusammenarbeit mit verschiedenen Planungsbüros in einem Testplanungsverfahren, Sofort-Massnahmen für die Verkehrsprobleme in Aarwangen und ein ernsthafter Einbezug der Betroffenen für das Bestimmen der Bestvariante.

Neue Strassen fördern gemäss dem Verein nur den Mehrverkehr und verlagern die Probleme an einen anderen Ort, statt sie dauerhaft zu lösen. Der Kanton habe sich einzig auf Lösungen für den motorisierten Individualverkehr beschränkt, anstatt das Problem ganzheitlich anzugehen. Bei «Natur statt Beton» kämpft nach eigenen Angaben eine breite Koalition aus Bauern, Anwohnern, Verbänden und Parteien gegen eine Umfahrung.

Die Bilder sollen dokumentieren, wie die geplante Umfahrung die Landschaft zerstört.
Markus A. Jegerlehner

«Grosse Solidarität der Bauern»

Am Donnerstagvormittag wurde eine weitere Aktion durchgeführt. Landwirtinnen und Landwirte aus der Region protestierten mit einem Traktoren-Korso gegen die geplante Strasse. Die Bauern zeigten mit 70 Traktoren den Verlauf der geplanten Strasse auf. «Die verläuft mitten durch wertvolles Ackerland und zerstört dabei viel Kulturland, ein bedeutendes Naturschutzgebiet und eine wichtige Naherholungszone», schreibt der Verein in einer Mitteilung.

«Heute Morgen war unter den Bauern der Region eine grosse Solidarität spürbar. Wir stehen zusammen und wollen damit zeigen, dass wir bis zuletzt gegen diese Strasse kämpfen werden», sagte Landwirt Simon Rickli aus Bützberg BE. Mit der Aktion wollen die Landwirte die Arbeit des Vereins Natur statt Beton unterstützen.

Gegen beide Strassenprojekte wurde mit über 23’000 Unterschriften erfolgreich das Referendum ergriffen. Die Projekte kommen im März 2023 vors Volk.

Befürworter

Die Befürworter ihrerseits halten fest, dass die Massnahmen in enger Zusammenarbeit mit der Region und auch mit Umweltverbänden erarbeitet wurden. Die Umfahrung sei ein grosses Bedürfnis der Bevölkerung. So genehmigten die Stimmberechtigten des Kantons Bern im Mai 2017 mit über 60 Prozent Ja-Stimmen den 6,6 Millionen-Franken-Projektierungskredit. In der betroffenen Region Oberaargau lag der Ja-Stimmen-Anteil bei fast 69 Prozent.

Im Grossen Rat sagte der Oberaargauer Grossrat Reto Müller (SP), der Leidensdruck in der Region sei gross: «Diese Strasse fehlt uns seit 20 Jahren». Auch die lokale Wirtschaft brauche diesen Zubringer. Im Berner Kantonsparlament stellten sich SP, Grüne, Grünliberalen und EVP gegen das Projekt. Für die Umfahrungsprojekte im Oberaargau und im Emmental sprach der Grosse Rat in der vergangenen Junisession Kredite im Umfang von total 412 Millionen Franken.

Der kantonale Baudirektor Christoph Neuhaus (SVP) verteidigte die geplante Verkehrssanierung als angemessen. Weitere Abklärungen führten einzig zu Verzögerungen, gefährdeten bereits zugesicherte Bundesgelder und lösten die Verkehrsprobleme nicht. Der Kanton will Mitte Februar zur Abstimmung informieren.

Im Emmental will der Kanton den Raum Burgdorf/Oberburg/Hasle vom Verkehr entlasten. Dort soll ein Zusammenspiel von 19 Massnahmen Abhilfe schaffen. Als Hauptmassnahmen umfasst das Projekt mit dem Namen «Emmentalwärts» Umfahrungen für Oberburg und Hasle sowie zwei neue Bahnunterführungen in Burgdorf. sda

Mehr zum Thema
Regionen

Die Klimastreik-Bewegung fordert den Gasverbund-Mittelland auf, auf die Pläne zum Bau eines Flüssiggas-Terminals, einem Gasspeicher und einem Gaskraftwerk zu verzichten.Twitter Rund 100 Menschen haben am Samstag vor dem Sitz des…

Regionen

Auf die hohe Schadstoffbelastung stiessen die Behörden bei der Untersuchung der Bodenqualität. Micha Rieser Der Gartenboden des ehemaligen Kapuzinerklosters in Solothurn ist laut einer Untersuchung mit zu vielen Schadstoffen belastet.…

Regionen

Das Esaf meldete im Januar 2023 einen Fehlbetrag von 3,8 Millionen Franken. Davon konnten mindestens 3,3 Millionen Franken nach Gesprächen mit Lieferanten, Partnern und Privatpersonen gedeckt werden. Markus Portmann Das…

Regionen

Vom 14. bis17. September 2023 drehen die Landwirte nun den Spiess um und holen die Bevölkerung aufs Land. Das Landfest findet in Aetigkofen SO statt.zvg Landwirte aus der Region Solothurn…

14 Responses

  1. Klar und jeder dieser demonstrierenden Bauern kann garantieren das auf ihren Betrieben die letzten 20 Jahren kein Kulturland überbauen wurde!

  2. Ich finde es langsam leid dass die Menschheit immer noch nicht kapiert hatt von wo die Lebensmittel kommen und wozu die Grünen schönen Flächen auf der ganzen Welt sind. Ich kann mich nicht erinnern das auf einem Bettonierten Boden ein Kirschbaum oder sonst welche Lebensmittel geerntet wurden. Auf unserem Planeten leben über 8 Milliarden Menschen und jeder oder jede will essen und trinken uns so komme ich zu meiner Frage an alle die das lesen : Wie soll sich die Menschheit in Zukunft ernähren?

    1. 17000 Fahrzeuge mit Abgasen, Lärm und Gefahr für Schulkinder und alle anderen Strassenbenutzer: Die Umfahrung schafft Abhilfe und ist wichtiger als Wieland

    2. Wass ist mit all den grünen Flächen Kulturland welche gerade in Bützberg in letzter Zeit überproporzional dem Bau von Wohnungen, Gewerbe, Industrie und ÖV zum Opfer gefallen sind. Bützberger sind in meinen Heuchler. auf der einen Seite jammern wegen Kulturlandverlust, auf der anderen Seite wegen dem Profit eine zig mal grössere Fläche als Bauland vernichtet!

  3. Hallöchen Herr Wälchli, ja das können wir. Und wenn doch dann war es Pachtland. Die Strasse gehört unter den Boden. Das sollte nun jeder 1. Klässler gemerkt haben dass sich das Land nicht vermehrt

  4. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen, ab 9Mio Einwohner werden wir hungern. Da können noch so viele Detailhändler neue Zentern eröffnen, Lebensmittel kommen von Kulturland und nicht vom Supermarkt.

    1. Wieso wird dann weiter Kulturland überbauen für Wohnungen? Erschreckendes Beispiel die angeblich Klimaneutral sein wollende Stadt Bern welche das Viererfeld statt in eine Biodiversitätsfläche umzuwandeln lieber überbaut!

  5. Die Gier nach mehr ist ungebrochen. Wo soll das noch enden und wann. Das Fass ist am überlaufen. Der hunger ist vorprogrammiert. Welche sind die Ersten, wo dann jammern?

  6. Oberaargauer Bauern das Land Industrie und Autohändler Verkauft haben sie auch gemacht und das Geld Eingesakt. Ein Klares JA!!!! Gejammer von den Bauern

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

SCHWEIZER BAUER

DER SCHWEIZER BAUER AUF YOUTUBE