Wie der «Tages Anzeiger» berichtet, musste Reto Meier an seinem Stand auf dem Winterthurer Wochenmarkt erneut Preisschilder anbringen und eine Waage aufstellen. Mit dem Schritt, die Preise abzuschaffen, wollte er eine Alternative zur herkömmlichen Geldwirtschaft bieten.
Die Verwaltungspolizei erklärte ihm nun, dass es gemäss Marktreglement nicht zulässig sei, keinerlei Preise auszuschreiben. Meier nimmt diese Vorgabe gelassen und betont, dass die Preisschilder lediglich als Orientierung dienen sollen: «Die Preise sind verhandelbar», ist nun auf einer Tafel an seinem Stand zu lesen, so der «Tages Anzeiger».
Viel Gesprächsstoff
Meier und seine Partnerin Eva Laportella, mit der er den 1,5 Hektar grossen Kulturhof in Wülflingen ZH bewirtschaftet, hätten ohnehin bereits darüber nachgedacht, Preise zur Orientierung anzugeben. Meier erklärte gegenüber der Zeitung, dass der Verzicht auf Preisschilder bei den Marktbesucherinnen und -besuchern für viel Gesprächsstoff gesorgt habe.
Viele Kundinnen und Kunden fühlten sich unsicher, wie viel sie zahlen sollten, und wollten keinesfalls zu wenig für die hochwertigen Lebensmittel geben. Eine nicht repräsentative Onlineumfrage des «Tages Anzeiger», bestätigt dieses Ergebnis: 83 Prozent der rund 2100 Teilnehmenden gaben an, im Zweifelsfall lieber zu viel zu zahlen.
Grundidee bleibt bestehen
Meier, der seine Produkte nach den strengen Prinzipien der Permakultur und mit Demeter-Zertifizierung anbaut, setzt laut dem «Tages Anzeiger» bewusst auf Methoden, die den Boden schonen und nachhaltig sind. Monokulturen seien tabu, und es werden keinerlei Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt.
Diese Anbauweise schmälere den Ertrag und erfordert einen höheren Arbeitsaufwand, wie Meier gegenüber der Zeitung erklärt: «Permakultur bedeutet gegenüber Demeter einen grösseren Aufwand. Da wir zudem überhaupt nichts spritzen dürfen, sind die Verluste grösser.»
Die Einführung der Orientierungspreise soll den Kundinnen und Kunden helfen, den Wert der Produkte besser einzuschätzen. Trotzdem bleibt Meiers Grundidee bestehen: Die Kundschaft bestimmt weiterhin, was sie bezahlen möchte. «Ich halte sicher bis Ende Jahr an meinem Experiment fest», so Meier gegenüber dem «Tages Anzeiger».
Die rechtliche Seite
Interessanterweise wirft der Fall laut dem «Tages Anzeiger» Fragen zur rechtlichen Grundlage auf. Die Stadtpolizei Winterthur bestätigte zwar, dass Meier auf das Marktreglement und die nationale Preisbekanntgabeverordnung (PBV) hingewiesen wurde, die vorschreibt, dass Produkte mit Preisen versehen sein müssen.
Doch auf Anfrage der Zeitung beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), zeigt sich, dass die Situation nicht ganz eindeutig ist: Laut Seco entfällt die Preisbekanntgabepflicht, wenn das Angebot auch kostenlos angenommen werden kann. Ob Meier sein Gemüse tatsächlich gratis abgeben würde, falls ein Kunde nichts zahlen wollte, bleibe offen – letztlich könnte nur ein Gericht darüber entscheiden.