Der Herdenschutzhund auf der Alp Halde sei so massiv verletzt worden, dass er nicht mehr einsatzfähig war, hiess es damals. Für den St. Galler Bauernverband war sofort klar, wer für diese Verletzungen verantwortlich war. Der Wolf, der auf der Alp umherstreift und schon Dutzende von Schafen auf dem Gewissen hat. Der «Schweizer Bauer» berichtete darüber (-> Wölfe verletzen Herdenschutzhund massiv).
Darüber, wer die Schafe gerissen hat, scheint Einigkeit zu bestehen. Was die Verletzungen des Hundes anbelangt, sind sich jedoch nicht alle sicher, ob auch hierfür ein Wolf verantwortlich gemacht werden kann. Könnte es nicht auch ein Hund gewesen sein? Der Abteilungsleiter Jagd beim Kanton St. Gallen könne jedenfalls nicht ausschliessen, dass sich der Hund die Verletzungen im Rangordnungskampf mit anderen Hunden zugezogen haben könnte, schreibt der «SonntagsBlick». Andere Stimmen lassen jedoch keinen Zweifel zu und machen einen Wolf verantwortlich.
Rangordnungskampf nicht ausgeschlossen
Die Bilder des verletzten Herdenschutzhundes lösen Mitleid aus. Blutverschmiert sind Schnauze und Hals. Die Wunde unter seinem rechten Auge lässt erahnen, was dieser Hund durchgemacht haben muss. Seit dem Angriff fehlen ihm drei Zehen. Diese Bilder liessen beim St. Galler Bauernverband keine Zweifel aufkommen. Der Hund Fly sei von einem Wolf so zugerichtet worden. In einer Medienkonferenz sprachen Verbandsvertreter aufgrund dieses Umstandes gar von einer «neuen Eskalationsstufe im Umgang mit den Wölfen in der Schweiz». Der «Schweizer Bauer» berichtete über diese Medienkonferenz (-> «Der Wolf kennt den Tagesrhythmus genau»).
Auch unter Hunden gibt es eine «Hackordnung». In einem Rudel gibt es immer eine klare Hierarchie, die von den Hunden selbst festgelegt wird.
zvg
Simon Meier, Abteilungsleiter Jagd beim Kanton St. Gallen, behauptet aber nicht, dass die Wunden von einem anderen Hund stammen müssen. Er schliesst nur nicht aus, dass es so gewesen sein könnte. Tatsächlich könnten die Wunden auch von einem Wolf stammen, fügt Meier seiner Vermutung hinzu. Einen Kampf um die Rangordnung unter Artgenossen hält Meier aber eben auch für möglich, lässt sich dem Bericht entnehmen. Für dieses Szenario spreche, dass sonst kein anderer Herdenschutzhund verletzt wurde, nur Fly. Wenn die Verletzungen tatsächlich von einem Wolf stammen sollten, müssten doch auch andere Herdenschutzhunde, verletzt worden sein, die mit Fly zusammengearbeitet haben? Doch das wurden sie nicht.
War es doch ein Wolf?
Für Martin Keller, Präsident des St. Gallischen Schafzuchtverbandes, besteht jedoch kein Zweifel. Die Verletzungen deuteten «ziemlich klar» darauf hin, dass sie von einem Wolf herbeigeführt wurden. Keller hält es sogar für möglich, dass es zwei Wölfe gewesen sein könnten. Denn Keller kennt die Umstände sehr gut. Er habe in seiner 15-jährigen Arbeit mit Herdenschutzhunden schon zahlreiche Rangordnungskämpfe beobachten können. Er habe jedoch nie gesehen, dass ein Tier dabei so schwer verletzt worden sei.
Markus Keller, Präsident des St. Gallischen Schafzuchtverbands an der Medienkonferenz in den Flumserbergen SG. Für ihn ist der Fall klar.
Anine Hungerbühler
Denn auch als nach diesem Ereignis weitere Hunde auf den Flumserberg geschickt wurden, sei nichts geschehen, hätten also keine Hierarchiekämpfe stattgefunden. Aufgrund seiner Erfahrungen sei für Keller ausgeschlossen, dass ein Hund für die schweren Verletzungen von Fly verantwortlich zu machen sei. Auch für den Hirten, der den verletzten Hund gefunden hatte, sei klar, dass es ein Wolf gewesen sein muss.
Fall bleibt ungeklärt
Wie nachvollziehbar die Erklärungen und Vermutungen der Experten auch immer sein mögen, absolute Klarheit wird es in diesem Fall nie geben. Denn auf eine DNA-Analyse sei in diesem Fall verzichtet worden, auch wenn eine solche normalerweise nach Nutztierrissen immer durchführt wird. Der kantonale Jagdvorsteher verweist auf die Erkenntnis, dass Tests an lebenden Tieren in solchen Fällen selten zu einem klaren Ergebnis führen würden. Zu uneindeutig seien die Resultate.
Und auch wenn Wolf-DNA hätte nachgewiesen werden können. Rechtlich fehle die Grundlage, einen Wolf zu schiessen, wenn er einen Herdenschutzhund verletzt hat, erklärt Simon Meier dem «SonntagsBlick» abschliessend.
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