Die Grundlage der Landwirtschaft – der Boden – ist auf Jahre hinaus verloren. Geowissenschaftler rechnen mit einer Wartezeit von mindestens zehn Jahren, bevor das Gelände als stabil genug für Neubauten oder landwirtschaftliche Nutzung gilt.
Sb
Im Mai begrub ein gewaltiger Bergsturz das Walliser Bergdorf Blatten unter sich – mit dramatischen Folgen für die dort ansässige Landwirtschaft. Wie die «SonntagsZeitung» schildert, wurden nicht nur rund 400 Gebäude zerstört, sondern auch zahlreiche landwirtschaftliche Flächen und Existenzen.
Besonders betroffen: Biobauer Daniel Ritler, der mit seiner Frau den Betrieb «Dani’s Lamm» führte – mit rund 100 Alpenschafen, Hofläden und Direktvermarktung. Ritlers Hof war ein Vorzeigebetrieb der Region, bereits 2004 biozertifiziert.
Heute liegt das Lebenswerk unter Schutt und Geröll. «Im Moment bin ich vor allem damit beschäftigt, die Situation zu verarbeiten», sagt Ritler im Gespräch mit der «SonntagsZeitung». Ob, wie und wo er neu beginnen wird, ist offen – der Wille dazu ist spürbar.
Existenzgrundlage vernichtet – und kein Boden in Sicht
Was Ritler besonders trifft: Die Grundlage der Landwirtschaft – der Boden – ist auf Jahre hinaus verloren. Geowissenschaftler rechnen mit einer Wartezeit von mindestens zehn Jahren, bevor das Gelände als stabil genug für Neubauten oder landwirtschaftliche Nutzung gilt. Denn das Eis zwischen den Felsmassen schmilzt weiter, Murgänge sind zu erwarten.
In der Zwischenzeit stellt sich für viele Landwirtinnen und Landwirte die Frage, wie es überhaupt weitergehen kann – ohne Hof, ohne Land, ohne Tierbestand.
Sie konnten ihre Kühe evakuieren
Wie es im kommenden Winter für sie weitergeht, ist noch unklar. Denn es sei praktisch ausgeschlossen, ihren Stall auf einer Schutthalde aus Geröll, Steinen, Eis und Schnee wieder aufzubauen.
Forderung nach Perspektiven für Junglandwirte
Laut der SonntagsZeitung ist die Sorge um den Nachwuchs in der Landwirtschaft gross. «Es ist entscheidend, den Jungbäuerinnen und -bauern im Tal jetzt neue Perspektiven zu eröffnen», fordert Ritler. Er plädiert dafür, dass junge Menschen früh in die Planung einbezogen werden, um ihre Vorstellungen einer zukunftsfähigen Landwirtschaft einzubringen – sei es im Tal oder an einem neuen Ort.
Auch auf kantonaler Ebene stellt sich die Frage, ob der Staat den Betroffenen gleichwertige Ersatzflächen zur Verfügung stellen kann – etwa durch Umzonung oder Tausch. Die landwirtschaftliche Nutzung darf laut Experten nicht leichtfertig aufgegeben werden, denn sie trägt zur regionalen Versorgung, Biodiversität und Landschaftspflege bei.
Kulante Versicherer – aber das hilft nur bedingt
Zwar berichten die Versicherungen laut «SonntagsZeitung» von rascher und kulanter Hilfe – etwa durch Sofortzahlungen und die Einstufung des Felssturzes als Elementarschaden. Doch: Landwirtschaftlicher Boden ist nicht versichert. Die Versicherung deckt den Wiederaufbau des Gebäudes, nicht aber die verloren gegangene Produktionsfläche – ein zentrales Problem für Betriebe wie jenen von Ritler.
Auch Hypotheken laufen weiter, obwohl der Hof nicht mehr existiert. Einige Banken wie die Walliser Kantonalbank zeigen sich kooperativ, indem sie Zinszahlungen aussetzen. Dennoch bleibt die wirtschaftliche Unsicherheit gross.
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