Die Wolfspräsenz im Kanton Luzern setzt die Nutztierhalter unter Druck. Das bestätigt der kantonale Herdenschutzberater Dieter von Muralt auf Anfrage gegenüber der «Luzerner Zeitung». Er habe derzeit alle Hände voll zu tun: «Die Zahl der Anfragen hat sich im laufenden Jahr gegenüber dem Vorjahr etwa verdoppelt.»
Einerseits sei von Bäuerinnen und Bauern die Beratung stärker nachgefragt worden, andererseits seien viele zusätzliche Kilometer Zäune im Kanton Luzern zum Schutz vor dem Wolf aufgestellt worden.
«Eine absolute Sicherheit gibt es nicht»
Zäune brächten eine klare Verbesserung, aber «eine absolute Sicherheit gibt es nicht». Von Muralt sagte zur «Luzerner Zeitung», dass es um den Herdenschutz im Kanton Luzern «grundsätzlich gut» stehe. Dabei würden einige Landwirte ihre «Hausaufgaben» besser machen und auch etwas schneller handeln als andere.
Für den Herdenschutz in der Schweiz standen in diesem Jahr 7,7 Millionen Franken zur Verfügung. Das Geld war aber schon im Mai aufgebraucht, weiss die «Luzerner Zeitung». Die Gesuche würden nach Eingang behandelt. Das sei allerdings nicht ein Problem, das nur Luzern betreffe, sagt von Muralt.
Der Herdenschutzberater lässt die Zeitung wissen: «Es braucht noch mehr Herdenschutz. Wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen.» Für den Herdenschutz hat das Parlament in der Wintersession einen Nachtragskredit in der Höhe von drei Millionen Franken gesprochen. Wir haben auf schweizerbauer.ch darüber berichtet.
Sieben Rissereignisse wurden dieses Jahr gezählt
Im Kanton Luzern ist es laut «Luzerner Zeitung» in diesem Jahr zu insgesamt sieben Rissereignisse von Wölfen an Nutztieren gekommen. In drei weiteren Fällen seien DNA-Proben ausstehend. Dabei fielen 19 Tiere dem Wolf zum Opfer. Zudem kam es zu Wolfsichtungen. Jüngstes Beispiel ist ein möglicher Wolfsangriff in Langnau bei Reiden am Dienstag, bei dem ein Schaf verletzt wurde, wie im «Willisauer Bote» berichtete wurde.
Ob es sich beim Angreifer um einen Wolf handelte, ist unklar. DNA-Proben konnten, laut Wildhüter Christian Hüsler keine entnommen werden, da das Schaf keine Bissspuren aufwies. Es könnte sich beim Angreifer beispielsweise auch um einen Hund handeln, so der Wildhüter gegenüber der «Luzerner Zeitung».
Im Kanton #Luzern hat der #Wolf in den letzten Tagen wiederholt Nutztiere gerissen. Die Herdenschutzmassnahmen waren ungenügend. Die Bauern wollen mehr machen, doch der Geldtopf ist leer.https://t.co/9kCsrkAoME
— Luzerner Zeitung (@LuzernerZeitung) December 22, 2023
Hinzu kommen zwölf gerissene Schafe innerhalb von sechs Tagen an vier Orten im angrenzenden Aargau. Der Kanton Aargau geht davon aus, dass ein einziger Wolf dafür verantwortlich ist:
12 tote Schafe – Angreifer dürfte Wolf sein
Mutmasslich hat ein Wolf mehrere Schafe in der Gemeinde Murgenthal AG gerissen. Das, nachdem ihm bereits Schafe in der Region zum Opfer fielen. Der kantonale Bauernverband fordert den Abschuss des Wolfs.
Unklar ist laut «Luzerner Zeitung» ob es sich bei den Rissen im angrenzenden Aargau um den «Luzerner» Wolf M362 handelt. Dies jedoch wäre am plausibelsten, da er keine grossen Barrieren wie Autobahnen oder Flüsse passieren müsste. DNA-Proben seien entnommen worden, die Resultate sind ausstehend. Hüsler steht mit den Kollegen im Aargau im Austausch.
Minimalanforderungen wurden nicht eingehalten
Auffallend ist bei allen Rissen im Kanton Luzern: Der Wolf schlägt dort zu, wo die Tiere schlecht geschützt sind. «Die Minimalanforderungen wurden nicht eingehalten oder der Unterhalt nicht korrekt umgesetzt», sagt Hüsler gegenüber der «Luzerner Zeitung».
Dazu gehören unter anderem die richtige Zaunhöhe, die minimale Anzahl an Zaunlitzen oder die Höhe der Stromspannung. Angesichts der Vorfälle könnte die Option aufkommen, den Wolf abzuschiessen. Der kantonale Wildhüter sagt dazu: «Eine Abschussverfügung würde zum Thema werden, sobald die Kriterien dafür erfüllt sind.»
80 Freiwillige haben sich gemeldet
Konkret müsste ein Wolf in einem Monat 15 Nutztiere reissen oder in vier Monaten sechs Nutztiere in geschützten Situationen, wenn es in der Region bereits früher zu Rissen kam. Erst dann könnte der Kanton eine Abschussbewilligung in Erwägung ziehen. Für die Bevölkerung besteht laut den Behörden keine Gefahr. Bei Wolfssichtungen gilt aber: Abstand halten und ruhig stehen bleiben.
Der Kanton Luzern und der Bäuerinnen- und Bauernverband bauen einen Bereitschaftspool auf, um betroffene Landwirte nach einem Wolfsangriff zu unterstützen.
Aufruf an potentielle Einsatzkräfte
Vertreter des Alpwirtschaftlichen Vereins Kanton Luzern, des Zentralschweizer Schafhaltervereins, des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands (LBV) und der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa) des Kantons Luzern haben gemeinsam ein Konzept erarbeitet, welches Betroffenen nach einem Wolfsriss mit Helferinnen und Helfern die nötige Unterstützung bieten kann.
80 Freiwillige haben sich gemeldet, sagt Raphael Heini vom Verband auf Anfrage gegenüber der «Luzerner Zeitung». Er sagt dazu: «Wir müssen damit rechnen, dass der Wolf in unserem Kanton noch häufiger vorkommt».
Tätigkeiten von Helferinnen und Helfer
- Hilfe bei Nachsuche von Tieren nach Ereignis
- Wiederherstellung von Zäunen/Pferchen
- Situatives Entfernen von Tierkadavern
Vor dem ersten Einsatztag werden alle Helfer und Helferinnen sowie die Einsatzleitung geschult.
-> Das Merkblatt zu den Herdenschutzmassnahmen ist zu finden unter www.herdenschutzschweiz.ch .
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