Das Parlament revidierte 2022 das Jagdgesetz in mehreren Bereichen. So ermöglicht das Gesetz neu die präventive Regulierung des Wolfsbestands und sieht eine Neuregelung der Organisation des Herdenschutzes vor. Auch Eingriffe bei geschützten Arten wie dem Biber und dem Steinbock sind geplant. Im Entwurf der revidierte Jagdverordnung steht:
Massnahmen gegen einzelne Biber:
Der Kanton kann eine Abschussbewilligung für einzelne Biber erteilen, wenn diese erhebliche Schäden anrichten oder eine Gefährdung von Menschen darstellen und sich der Schaden oder die Gefährdung nicht durch zumutbare Massnahmen verhüten lässt.
Ein erheblicher Schaden durch einen Biber liegt vor:
- Bei Untergrabung von Bauten und Anlagen, die im öffentlichen Interesse liegen, oder von Erschliessungswegen für Landwirtschaftsbetriebe;
- Bei Aufstau von Gewässern mit möglicher Überflutung von Siedlungen oder von Bauten und Anlagen, die im öffentlichen Interesse liegen, sowie möglichem Rückstau von landwirtschaftlichen Drainagesystemen, wenn dadurch Fruchtfolgeflächen betroffen sind;
- Bei Aufstau von Gewässern mit möglicher Überflutung und damit verbundener dauerhafter Schädigung von Mooren;
- Bei dauerndem Aufenthalt in Anlagen zur Wasseraufbereitung oder zur Abwasserreinigung;
- Bei dauerndem Aufenthalt in aufgehängten Bächen, Industriekanälen, Fischzuchtanlagen sowie künstlich aufgestauten Teichen in Hanglage.
Weiter wird die Gefährdung von Menschen durch einen Biber definiert, wobei auch Verkehrsinfrastrukturen oder der Schutz vor Hochwasser gemeint ist. Die Abschussbewilligung muss dabei der Verhütung weiteren Schadens oder der Abwehr einer Gefährdung von Menschen dienen; sie ist auf eine angemessene Dauer zu befristen und auf einen angemessenen Perimeter zu begrenzen. Die Kantone koordinieren ihre Bewilligungen.
Sofern im Perimeter eine Biberfamilie lebt, beschränkt sich die Massnahme im Zeitraum vom 16. März bis zum 31. Juli auf den Einfang des Bibers mit mittels Kastenfalle vor dessen allfälliger Tötung durch einen Fangschuss. Laktierende Weibchen sind in diesem Zeitraum geschützt.
Pro Natura ist schockiert
«Uns schockiert, was der Bund beabsichtigt», sagt Sara Wehrli von Pro Natura gegenüber den Zeitungen von «CH Media». «Hier werden Tür und Tor geöffnet, den Biber breit zu bejagen.» Wehrli stösst sich vor allem an der niedrigen Hürde, die es für einen Biber-Abschuss braucht: «Er muss eigentlich nur damit begonnen haben, einen Zufahrtsweg zuzubauen, dann kann er abgeschossen werden.» Dies betreffe potenziell sehr viele Tiere.
Dass der Bundesrat hinter die Absichten der Volksabstimmung von 2020 zurückgeht, nennt Wehrli einen im Artikel einen «Affront»: Damals sei klar zum Ausdruck gekommen, dass es keine präventiven Abschüsse von Bibern brauche.
🦫Der Biber bibbert: wird er durch die Hintertür zum Abschuss freigegeben? @bafuCHhttps://t.co/Pf9DuJREPz
— WWF Schweiz (@WWF_Schweiz) April 12, 2024
4900 Exemplare in der Schweiz
Laut «CH Media» wurde beim Bundesamt für Umwelt die Rückkehr des Bibers vor kurzen noch als Erfolgsgeschichte feierte. «Wenn der Biber kommt, wird's bunt» , lautete der Titel einer Publikation vom Juli 2023. Dass das einst ausgerottete Nagetier wieder mit rund 4900 Exemplaren in der Schweiz vertreten ist, sei eine «erfreuliche Entwicklung», heisst es darin.
Weiter steht: «Viele Schäden lassen sich mit einfachen Mitteln vermeiden, zum Beispiel mit Drahtgittern zum Schutz von Bäumen oder durch Abzäunen von landwirtschaftlichen Kulturen.» Eine Studie solle zudem den grossen Einfluss des Bibers auf die Förderung der Biodiversität festhalten. Erschienen sind die Ergebnisse der Untersuchung, die seit 2020 läuft, noch nicht.
«Mittlerweile finden wir Biber in Kläranlagen und in der Kanalisation»
Der Adjunkt Jagd vom Kanton Zürich, Jürg Zinggeler, wurde von «CH Media» zum Thema befragt. Was das Problem mit dem Biber sei, wo er doch eine Biodiversitätsmaschine sei. «Absolut. Der Biber sorgt gratis für Biodiversität – ein Anliegen, für das man sonst viel Geld in die Hand nehmen muss. Allerdings breitet sich der Biber in unserer – gerade im Mittelland dicht besiedelten - Landschaft aus. Das führt zu Konflikten», erklärt Zinggeler der Zeitung.
«Der Biber baut Dämme. In den zum Teil stark begradigten Bächen führt das schnell zu Rückstau in den Fliessgewässern und in den Drainagen. Dies kann zu Überschwemmungen in den landwirtschaftlichen Kulturen führen. Zudem gräbt der Biber sehr gerne. Sein Zugang zum Bau ist immer unter Wasser. So können Flurwege entlang von Fliessgewässern einstürzen oder sogar Kantonsstrassen gefährdet sein.»
Schäden in der Höhe von 15’000 Franken
Heute leben laut Bundesamt für Umwelt rund 4900 Biber in der Schweiz. Und die Biberpopulation ist dreimal grösser als 2008. Das Problem ist aber, so sagt Zinggeler zu «CH Media» , dass die optimalen Lebensräume weitestgehend besetzt seien. Der Biber müsse in suboptimale Lebensräume ausweichen. Mittlerweile fänden sich Biber in Kläranlagen und in der Kanalisation.
Abschiessen ist aufgrund der aktuellen gesetzlichen Grundlagen nicht vorgesehen. Bisher war der Biber geschützt. Dabei ist der Kanton schadenersatzpflichtig gegen über Schäden, die Wildtiere an Wald, landwirtschaftlichen Kulturen und an Nutztieren anrichten. Konkret, so erklärt Zinggeler: Wenn der Biber durch seine Stauaktivität ein Feld unter Wasser setzt und der Bauer eine Ertragseinbusse hat, wird das entschädigt.
2023 verursachte der Biber im Kanton Zürich in landwirtschaftlichen Kulturen Schäden in der Höhe von gut 15’000 Franken. «Verglichen mit der Gesamtschadenssumme durch Wildtiere im Kanton Zürich von rund 450’000 Franken ist das nicht sehr viel. Alleine die Wildsauen verursachten Schäden von rund 300’000 Franken», präzisiert der Adjunkt Jagd vom Kanton Zürich.