Der Tierärztemangel in der Schweiz verschärft sich. Während die Zahl der Haustiere stetig steigt, sinkt gleichzeitig die Anzahl praktizierender Veterinärmedizinerinnen und -mediziner – ein Widerspruch, der vor allem in abgelegenen Regionen zum Problem wird.
«Wir haben auf diesen Engpass bereits vor zehn Jahren hingewiesen», sagt der Schweizer Bauernverband (SBV). Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) bestätigt: Viele Praxen kämpfen damit, offene Stellen zu besetzen oder eine Nachfolge zu finden.
Alternde Generation, neue Ansprüche
Ein Blick auf die Ursachen zeigt: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente, während viele jüngere Tierärztinnen und Tierärzte Teilzeit arbeiten – ein Trend, der sich auch auf die Nutztiermedizin auswirkt.
Gerade in Bergregionen wird die tierärztliche Versorgung zusehends schwieriger, wie auch eine Studie aus dem Jahr 2018 belegt. In viehdichten Regionen sei die Lage zwar noch stabil, so der SBV, doch gerade in Randlagen klaffe die Versorgungslücke weit.
Attraktive Bedingungen statt Einzelkämpfertum
Die Lösung? Eine umfassende Verbesserung der Rahmenbedingungen – nicht nur im Berufsalltag, sondern auch im privaten Umfeld. Die GST fordert etwa moderne Praxisstrukturen, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber auch mehr staatliches Engagement: «Einpersonenpraxen mit Notfalldienst rund um die Uhr sind nicht mehr zeitgemäss», betont der Bauernverband. Entscheidend seien auch Faktoren wie Wohnraum, Kinderbetreuung oder Arbeitsmöglichkeiten für Partnerinnen und Partner.
Politische Vorstösse und neue Ausbildungswege
Auch die Politik ist aufgewacht. Im November 2024 reichte der Berner SVP-Grossrat Samuel Krähenbühl einen Vorstoss ein, um die Zulassung zum Veterinärmedizinstudium zu erleichtern – etwa durch die Schaffung eines Studienplatzkontingents für Personen mit landwirtschaftlicher Vorbildung.
Gedacht ist dabei an Bachelorabsolventinnen und -absolventen in Agrarwissenschaften. Die GST begrüsst solche Ideen grundsätzlich, betont aber, dass bei einer Erhöhung der Studienplätze auch die Ausbildungsqualität gesichert bleiben müsse.
Statistik zeigt anhaltenden Druck
Ein Blick auf die Zahlen unterstreicht den Handlungsbedarf: 60 Prozent der praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzte arbeiten heute in der Kleintiermedizin, nur 27 Prozent im Bereich der Nutztiere. Gleichzeitig werden jährlich mehr ausländische als eidgenössische Diplome anerkannt – der Fachkräftemangel bleibt also trotz Zuwanderung bestehen.
Bis nachhaltige Lösungen greifen, dürfte es noch dauern. Doch der Konsens wächst: Ohne strukturelle Veränderungen, mehr Ausbildungsplätze und gezielte Fördermassnahmen wird sich die Lage kaum entspannen.
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Seid Ihr von Tierärztemangel betroffen?
- Nein, merke nichts von Mangel:48.78%
- Ja, oft fehlt es an Tierärzten:18.29%
- Bisher noch nicht:30.49%
- Manchmal:2.44%
Teilnehmer insgesamt: 328