Der Traktorenhersteller Agco macht Ernst. Weil die Briten dem Ausstieg aus der Europäischen Union zugestimmt haben, wird Agco die EU-Zentrale in ein anderes EU-Land verschieben. Bereits die Land- und Baumaschinengruppe CNH hat angekündigt, bei einem Austritt die Traktorenfertigung von England nach Österreich zu verlagern.
Die Briten haben mit 51,9 Prozent für den Austritt aus der Europäischen Union, den Brexit, gestimmt. Das knappe Votum hat nun erste Auswirkungen, auch im Landtechnikbereich. Wie die „Frankfurter Allgemeine“ in ihrer Dienstagsausgabe berichtet, will der Traktorenhersteller Agco seine EU-Zentrale umsiedeln.
Werk schon vor über 10 Jahren geschlossen
In Coventry waren bisher 500 Personen beschäftigt. Dass der EU-Sitz in Conventry lag, hatte auch historische Gründe. Dort wurden früher Traktoren produziert. Einer der Gründe für die Schliessung vor über 10 Jahre war der Nicht-Beitritt zur Euro-Zone.
Nun werden über die Hälfte der Beschäftigten ihren Job verlieren. Wie Martin Richenhagen, Chef von Agco, gegenüber der FAZ sagte, wird die EU-Zentrale in ein anderes EU-Land verschoben, möglicherweise nach Deutschland. „Es macht keinen Sinn, zentrale Funktionen wie Controlling, Finanzen und Recht in Grossbritannien zu lassen“, sagte Richenhagen. In Coventry soll nur noch das Geschäft für Grossbritannien abgewickelt werden. Der europäische Hauptsitz von Agco befindet sich seit 2007 in Neuhausen im Kanton Schaffhausen.
Umsatz sackte ab
Es hätte nie ein Referendum geben dürfen, so der Agco-Boss. „Ich bin ein Gegner von Volksabstimmungen, weil da jeder Idiot mitreden kann“, lässt Richenhagen verlauten. Agco musste 2015 Federn lassen. Der Konzern büsste 23 Prozent an Umsatz ein. Dieser sank auf 7,5 Mrd. US-Dollar. Im ersten Quartal 2016 tauchte der Umsatz nochmals um 8 Prozent. Gemäss Richenhagen ist die Talsohle erreicht, die Preise für Agrarrohstoffe seien wieder am Steigen begriffen.
Der Konzern will mit Akquisitionen jenseits von Traktoren und Landmaschinen Umsatz generieren. Vor wenigen Tagen wurden der Cimbria, ein dänischer Anbieter für Trocknung und Reinigung von Getreide gekauft. Kostenpunkt: 340 Millionen Euro (370 Mio. Fr.).
Das projektgetriebene Geschäft mit Planung und Installation von grossen Anlagen verspricht Wachstum. Dieses Feld bringe „ordentliche Gewinnmargen“ und erfordere vergleichsweise wenig Aufwand für Forschung und Entwicklung, so Richenhagen. Der Agco-Chef kann sich weitere Zukäufe vorstellen und hat auch einige Unternehmen im Visier.
Verlässt auch CNH Grossbritannien?
Die Land- und Baumaschinengruppe CNH hat angekündigt, bei einem Austritt die Traktorenfertigung von England nach Österreich verlagern zu wollen. "Falls es zum Brexit kommt, werden wir die derzeitige Produktion von England nach Österreich verlagern", betonte Sergio Marchionne, Chef von Fiat Chrysler Automobiles (FCA), am Wochenende vor der Abstimmung.
Die Traktoren sollen dann im Werk von Steyr produziert werden. Die von der Fiat-Agnelli Familie kontrollierte Land- und Baumaschinengruppe CNH (Case New Holland) produziert im britischen Basildon jährlich 22‘000 Traktoren. Im Werk werden rund 1000 Arbeitnehmer beschäftigt. Diesen droht nun die Arbeitslosigkeit. Ein offizielle Verlautbarung seitens des Konzerns fehlt bis zum jetzigen Zeitpunkt.
Agco
Die Agco-Corporation gehört zu den weltweit grössten Herstellern und Anbietern von Traktoren und Landmaschinen. Zum Gesamtangebot von Agco gehören Traktoren, Mähdrescher, Futterernte- und Drillmaschinen, Düngerstreuer sowie Bodenbearbeitungsgeräte. Zum Konzern gehören die Traktorenmarken Fendt, Massey Ferguson, Valtra und Challenger.
CNH
CNH Industrial ist ein Hersteller von Investitionsgütern, wie Nutzfahrzeugen und Traktoren, der durch die Fusion von CNH Global und Fiat Industrial parallel zu Fiat Chrysler Automobiles entstand. Er umfasst 12 Marken, wie Iveco, Case IH, Steyr, New Holland oder Magirus.
In dem Unternehmen sind viele Marken zusammengeflossen. Die Abkürzung CNH steht für Case New Holland, zwei Hersteller von Fahrzeugen für Landwirtschaft und Tiefbau. Der Begriff Industrial in der Firma integriert die Lastkraftwagen und Omnibusse der Iveco. Die Fusion umfasste rund 70‘000 Arbeitskräfte, rund 60 Fabriken und rund 50 Standorte für Forschung und Entwicklung.