Die Schweiz soll ihr Landschaft besser vermarkten und beispielsweise Angebote für das Beobachten von Wölfen und Bären anbieten. Die Schweiz verpasse sonst einen Trend zum naturnahen Tourismus, sagte Jürg Schmid, der ehemalige Direktor von Schweiz Tourismus, zur «SonntagsZeitung».
In der Schweiz wurden 2020 105 Wölfe verzeichnet. Im Vergleich zum Jahr 2019 wuchs der Wolfbestand um 28 Wölfe. Ende Februar dieses Jahres lebten bereits rund 110 Wölfe in der Schweiz. Wie die Stiftung Kora gegenüber den Tamedia-Zeitungen sagte, gibt es hierzulande elf Wolfsrudel, sechs davon leben im Kanton Graubünden.
Abschüsse bewilligt
Die Wölfe greifen immer wieder Nutztiere an, auch in geschützten Bereichen. In den vergangenen Tagen kam es in der Surselva, im Prättigau und in der Mesolcina zu Rissen. Dabei wurden zahlreiche Schafe und eine Ziege gerissen. Auch im Kanton Bern und Wallis haben die Wölfe Nutztiere gerissen. Bauernverbände und Organisationen sind alarmiert. Sie fordern die Politik auf, umgehend Massnahmen zu ergreifen.
Da die Risse die Schadensgrenze überschritten haben, wurde der Kanton Wallis aktiv. Der zuständige Staatsrat Frédéric Favre hat den Abschuss eines Wolfes im Goms im Oberwallis angeordnet. Das Grossraubtier habe mehr als zehn Schafe in einer geschützten Situation sowie auf einer Alp, auf der keine Schutzmassnahmen möglich seien, getötet. Der Kanton Graubünden bereitet den Abschuss eines Wolfes im Prättigau vor.
«Schweiz verpasst Trend»
Der Abschuss der Tiere kommt nicht überall gut an. Nun meldet sich auch Jürg Schmid, der ehemalige Direktor von Schweiz Tourismus und heutige Präsident von Graubünden Ferien, zu Wort. Statt Wölfe und Bären abzuschiessen, sollten sie touristisch vermarktet werden, sagte er zur «SonntagsZeitung». In der Schweiz gebe es viel zu wenige Angebote, Wildtiere zu beobachten – vor allem im hochpreisigen Segment.
Die Schweiz verpasse gerade den grossen Trend des Ökotourismus, schreibt Schmid in einer Studie, die er im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu) verfasst hat. Denn nachhaltige Naturerlebnisse seien so gefragt wie nie. Diese würden sogar zum Schutz von Tieren und Landschaften beitragen. Der Mythos, dass mit Landschaft kein Geld zu verdienen sei, halte sich hartnäckig und sei falsch, sagte Schmid zur «SonntagsZeitung».
Zahlungskräftige Reisende
Das touristische Potenzial der Wildtiere sei jedoch gross. «Das Pirschen durch den Wald mit dem Wolfexperten bringt Spannung, schafft Erlebnisse und hat hohe Zahlungsbereitschaft», schreibt er in seiner Studie. Naturnahe Touristen leisten sich bessere Unterkünfte und benutzen die Bergbahnen mehr als die übrigen der Gäste. «Offenbar gibt es ein weitverbreitetes Klischee, dass Ökotouristen wenig Geld ausgeben können und möchten», so Schmid weiter.
Verantwortungsvolles Reisen sei keine Nische, sondern eine attraktives Geschäftsfeld. Der Schweizer Tourismus unterschätzt aus der Sicht Schmids das Potenzial dieser kaufkräftigen Reisenden. In den meisten Naturpärken gebe es keine Angebote für solche Reisenden.
Pixabay
Nicht mehr Bergbahnen bauen
Kritik übt Schmid auch an der Aufweichung des Landschaftsschutzes. Tourismusanbieter wüssten zwar um den hohen Wert und die immense Bedeutung der Landschaft. Der Nutzen der Natur werde nur ungenügend erkennt, weil diese als gegeben angesehen werden.
Der Erhalt der Landschaftsqualität werde sogar als Bedrohung der touristischen Entwicklung wahrgenommen. Die Aufweichung der Zweitwohnungsinitiative lehnt Schmid ab. Die verankerte Beschränkung des Zweitwohnungsanteils auf höchstens zwanzig Prozent müsse erhalten werden. Auch der Bau von neuer Berginfrastruktur wie Bahnen sieht er kritisch.
Tourismusregionen meist ablehnend
Die Aussagen von Schmid kommen bei den meisten Tourismusverantwortlichen nicht gut an. Das Angebot für Ökotouristen sei bereits vorhanden. Und der Verzicht auf Bergbahninfrastruktur regle der Markt. Deutlich wird Theo Schnider, Direktor der Unesco-Biosphäre Entlebuch einer der Vorreiter eines naturnahen Tourismus, gegenüber der «SonntagsZeitung»: «Safaritouren sind Prestigetouren und oft weit weg von Nachhaltigkeit. Diesen Blödsinn müssen wir nicht kopieren.»
Ein wenig anders sieht es Andreas Züllig, Präsident des Branchenverbandes Hotelleriesuisse und Hotelier auf der Lenzerheide GR. Die Schweiz habe bemerkenswert viele Naturparks, aber niemand kenne sie. «Wir sollten unsere Landschaft besser vermarkten, mit geführten Touren, Packages und Rangers wie in den US-Nationalparks», so Züllig.
Wenn heute erster April wäre, würde ich diesen Herr Schmid verstehen. Aber wie sagt man: Wir haben viel zu viel Studierte, aber viel zu wenig Gescheite.
Wir verkaufen Abschussbewillungen an reiche Ausländer!
Dann häten die Wölfe und Bären auch wieder 'natürliche' Feinde. ;-)