Der Anbindestall ist in Europa unter Druck geraten. So empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die ganzjährige Anbindehaltung von Milchkühen in der Europäischen Union zu verbieten.
EU-Behörde will Verbot
Die Brüsseler Behörde will diesen Herbst eine Reihe von Vorschlägen zur Novellierung der EU-Tierschutzgesetze präsentieren. Nach Ansicht der EFSA ist ausreichend Platz zum Bewegen und Ausruhen ein wichtiger Faktor für das Wohlergehen von Milchkühen. «Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Wohlergehen von Kühen, die dauerhaft in Ställen angebunden sind, beeinträchtigt ist», heisst es in dem Papier .
In Deutschland ist die Haltung in Anbindeställen in Altställen nach wie vor zulässig. Bei Neubauten wird allerdings in der Regel Laufställen der Vorzug gegeben. Ab 2030 soll in Deutschland die Anbindehaltung verboten werden. Wie topagrar.com schreibt, hat der bayerische Landtag die Staatsregierung aufgefordert, sich für den Erhalt der Sommerweide- und Kombihaltung einzusetzen.
Auch in der Schweiz in Kritik
Auch in der Schweiz wurde die Anbindehaltung kritisiert, so unter anderem in der Sendung «Kassensturz» auf SRF 1 im Februar 2022. Für die Kuh bedeutet das im schlimmsten Fall neun von 12 Monaten im Stall, angebunden. Nicht selten würden «Kuhtrainer» über den Tieren hängen. Diese bestraften die Kühe mit elektrischen Stössen, wenn sie am «falschen Ort» koten würden. Die Kühe würden leiden, lautete das Fazit im TV-Bericht, welcher von der IG Anbindestall als unfair und als Schlechtmacherei des Anbindestalls empfunden wurde.
«Nach wie vor gibt es viele Betriebsleiter, die den Anbindestall für ihren Betrieben als das ideale Stallsystem anschauen. Das immer noch über 50 Prozent der Kühe in Anbindeställen gehalten spricht für sich», entgegnete Simon Meyer, Geschäftsführer der IG Anbindestall, gegenüber «Schweizer Bauer» auf die Kritik.
Es sei absurd zu behaupten, dass eine Kuh leide, weil sie angebunden sei. «Kühe sind von Natur aus Fluchttiere und haben ein grosses Ruhebedürfnis», so Meyer weiter. In der Schweiz soll die Anbindehaltung weiterhin akzeptiert werden, sagte Christian Hofer, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), anlässlich der Hauptversammlung der IG. Hofer wies aber darauf hin, dass Händler die Abnahme einschränken könnten.
Coop will neutral bleiben
Er dachte dabei wohl an deutsche Detailhändler. Edeka und Netto teilten 2022 mit, künftig nur noch Milch von Kühen zu verkaufen, die nicht das ganze Jahre angebunden im Stall stehen. Und Aldi Nord und Süd wollen ab 2030 keine Milch mehr verkaufen, bei der die Tiere nur im Winter im Stall angebunden sind und die Sommermonate auf der Weide verbringen dürfen.
Die IG Anbindestall wollte nun die Aussagen von Hofer überprüfen. Deshalb wurden die Detailhändler auf einen Bauernhof mit Anbindehaltung eingeladen. Coop lehnte die Einladung ab. Man sei nicht an einem Austausch interessiert. Die Basler versicherten aber, auch künftig an der neutralen Haltung bezüglich Anbindestall festhalten zu wollen.

Aldi-Chef Jèrôme Meyer zeigte viel Verständnis für die Anbindehaltung.
Heidi Reichen
«Laufställe nicht möglich»
Der Chef von Aldi Suisse hingegen hat die Einladung zum Besuch und Gespräch angenommen. Und Jèrôme Meyer sorgte mit einigen Aussagen für eine Überraschung. Und bezüglich Anbindehaltung hat er eine klare Meinung. Meyer besuchte den Anbindestall der Familie Graf in Bleiken bei Oberdiessbach BE. IG-Vizepräsident Thomas Knutti erklärte dem Aldi-Chef, dass für die traditionellen Mehrstufenbetriebe im Berggebiet Laufställe aufgrund der höheren Kosten und des grossen Platzbedarfs oft keine Option sind. Weiter müssten mehrere Gebäude auf den einzelnen Stufen unterhalten werden.
Die IG Anbindestall wünsche sich vom Handel und den Konsumenten mehr Verständnis für die Anbindehaltung. Kühe von solchen Betrieben könnten während der ganzen Vegetationszeit täglich auf die Weide. Das bedeute sehr viel Tierwohl. «Leider sehe der Konsument nur, dass die Tiere angebunden sind, aber nicht, wie gut es ihnen geht», schreibt die IG Anbindestall in einer Mitteilung.
Aldi-Chef kritisiert Coop und Migros
Jèrôme Meyer zeigte viel Verständnis für die Anbindehaltung. «Den meisten Konsumenten wird in diesem Stall gar nicht auffallen, dass die Kühe angebunden sind», sagte der Agronom. Obwohl das Tierwohl in der Schweiz hoch sei, würde die urbane Bevölkerung von den Landwirtinnen und Landwirte immer mehr verlangen.
Und er kritisierte die Mitbewerber Coop und Migros. Diese würden durch die Werbung ein falsches Bild vermitteln. Schauspieler würden mit Oldtimer-Traktoren umherfahren und Hühner ihre Eier in Kornfelder legen. «Ich will den Konsumentinnen ein wahres Bild der Schweizer Landwirtschaft zu vermitteln, nicht ein romantisches», machte er klar.
Aldi Schweiz bekennt sich zum Anbindestall
Und der Aldi-Chef macht den Bauernfamilien mit einem Anbindestall Hoffnung und Mut. Denn Aldi Schweiz will im Gegensatz zu Deutschland weiterhin Milch aus Anbindeställen verkaufen. «Der Schweizer Konsument will genau diese Landwirtschaft. Familienbetriebe mit glücklichen Kühen auf der Weide», stellte er Meyer klar. Der Anbindestall gehöre zum Bild der Schweizer Landwirtschaft, besonders im Berggebiet.
Der Präsident der IG Anbindestall, Konrad Klötzli, zeigte sich erfreut. Und er appellierte an den Aldi-Chef, die Vorteile der Anbindehaltung in der Branche zu verbreiten. Klötzli strich das Tierwohl, die geringe Unfallgefahr und die Ruhe im Anbindestall hervor.



Auch wenn ein Aldi-Chef heute ja um Anbindestall sagt, heisst das nicht das dies in ein paar Jahren immer noch so ist. Wenn die anderen grossen Detailhändler vorpreschen wird auch Aldi nachziehen.
Tiere weiter unten in der Rangordnung pofitieren von einem festen und ruhigen Platz im Anbindestall. Es gibt auch weniger Klauenprobleme als im Laufstall. Was nicht allen klar sein dürfte. Dafür sind Laufställe freier, mit Liegeboxen, Fresständen und der Möglichkeit, dass die Tiere selber entscheiden wo sie sein möchten. Es gibt aber wiederum mehr Verletzungen und ist auch für die Bauersleute gefährlicher.
Es gibt nicht unbedingt besser, oder schlechter. Richtig, oder falsch.
Gegenseitiges beschimpfen bringt nichts… aber wer Fragen hat darf sicher auch einen Landwirt fragen…
Wer anständig ohne Vorurteile Fragen stellt bekommt immer eine korrekte Antwort…
Manchmal gibt es Futterneid oder die Tiere geraten wegen Bagatellen aneinander, da hätte man beim Anbindestall wieder den Vorteil, dass jedes Tier seinen Bereich hat.
Ich denke letztlich hat jede Einrichtung ihre Vorzüge und Nachteile, aber darüber urteilen sollte nur, wer auch bereit ist sich das direkt anzusehn.