Neuer Wirbel um Digiflux

Der Ständerat und der Bauernverband scheinen sich mit Digiflux zu arrangieren. Doch die Berner funken dazwischen. Das Berner Kantonsparlament will die Meldepflicht bei Nährstoffen streichen. Die Mitglieder des Vereins nichtszumelden.ch haben ein Boykott angekündigt. 

Am Montag vor einer Woche bekräftigte der Ständerat, dass das Meldesystem Digiflux eingeführt werden soll. Wohl mit gewissen Vereinfachungen, die der Bund gegenüber den ursprünglichen Plänen eingeräumt hat, und mit Rücksicht auf den Datenschutz.

Im Grundsatz aber sollen die Meldepflichten für Pflanzenschutzmittel, Kraftfutter und Dünger erhalten bleiben. Der Ständerat beschloss dies, indem er eine anders lautende Motion von Nationalrat Nicolas Kolly (SVP, FR) änderte und umbog. Als Kommissionssprecher plädierte Ständerat Werner Salzmann (SVP, BE), der Präsident des Gemüseproduzentenverbandes, für dieses Vorgehen. Abstimmung gab es keine im Ständerat, man war sich einig. Salzmann hatte bei seinem Vorgehen die Rückendeckung des Schweizer Bauernverbandes.

«Müssen bei Verbänden demonstrieren»

Wer nun denkt, die ganze Branche und alle bäuerlichen Interessenvertreter hätten sich mit Digiflux arrangiert, liegt aber ganz falsch. Viele Bäuerinnen und Bauern, die vor einem Jahr an Protestaktionen teilgenommen haben, erwarten nach wie vor, dass auf die Einführung von Digiflux verzichtet wird. Es gibt aufgebrachte Gemüseproduzenten.

Bald findet die erste Jahresversammlung des Vereins nichtszumelden.ch statt. Dessen Mitglieder sagen, sie werden Digiflux boykottieren. Fernand Andrey, Landwirt und Vizepräsident des Lohnunternehmerverbands, sagte am Freitag in Tänikon TG: «Bei allen Bauernprotesten war man sich einig: Wir wollen kein Digiflux. Der Entscheid des Ständerats ist ein Eigentor. Wir müssen vielleicht einmal bei unseren Verbänden demonstrieren. Sie machen Kuhhändel und Hinterzimmerdeals und brocken uns Suppen ein, die wir auf den Betrieben auslöffeln müssen.»

Berner Standesinitiative 

Nach einer ersten Standesinitiative aus dem Kanton St.  Gallen gibt es jetzt auch aus dem grössten Agrarkanton politischen Widerstand. Drei Tage nach dem Ständerat sandte der Grosse Rat des Kantons Bern ein anderes Signal aus. Eine Standesinitiative von Ruedi Fischer (SVP), Martin Schlup (SVP), Bernhard Brügger (SVP), Dominik Blatti (EDU) und Jürg Rothenbühler (Mitte) fand eine Mehrheit. Sie verlangt eine Gesetzesänderung.

Dabei soll die Meldepflicht für Pflanzenschutzmittel angepasst werden, diejenige für Nährstoffe (Dünger, Kraftfutter) wieder aus dem Gesetz gekippt werden. Ruedi Fischer befürchtet ein Bürokratiemonster, den Verlust der Datenhoheit und dass zuerst freiwillige Meldungen später obligatorisch würden. Der Vorstoss geht nun vom Rathaus ins Bundeshaus. Schon im Grossen Rat aber warnte die Berner Biobäuerin Regina Fuhrer (SP), eine Abschwächung der Meldepflicht sei ein Verstoss gegen Treu und Glauben. Das gebe einen Imageschaden für die Landwirtschaft, sagte sie.

Einführung um ein Jahr verschoben

Das Parlament hat 2021 mit der  parlamentarische Initiative 19.475  eine Mitteilungspflicht für den Handel und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie den Handel von Nährstoffen beschlossen. Um dem Auftrag zu erfüllen, entwickelt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die Plattform Digiflux. Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei Erfassungsarten: Zum einen soll der Handel von Pflanzenschutzmitteln und Nährstoffen erfasst werden, zum anderen die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Die praktische Umsetzung der Mitteilungs- und Offenlegungspflicht  soll über «Digiflux» erfolgen.

Es gab harsche Kritik aus der Landwirtschaft. Das sorgte beim Bund zu einem Umdenken. «Bedenken hinsichtlich der Komplexität sowie Unstimmigkeiten über den ehrgeizigen Zeitplan für die Umsetzung standen dabei im Mittelpunkt. Diese Anliegen nimmt das BLW sehr ernst», teilte der Bund im März 2024 mit. 

Die Produzenten sollen bezüglich der Einführung der Mitteilungspflicht entlastet werden.  Der Zeitplan zur Einführung von Digiflux wurde angepasst.  Die Mitteilungspflicht für Verkauf und Weitergabe von Pflanzenschutzmitteln, Dünger, Hof- und Recycling-Dünger sowie Kraftfutter wurde um ein Jahr verschoben. Sie tritt im Jahr 2026 in Kraft. Auch die Mitteilungspflicht für berufliche Anwendungen wie Landwirte von Pflanzenschutzmitteln wird um ein Jahr nach hinten verschoben. Sie tritt neu ab dem Jahr 2027 in Kraft. 

Bei den Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln gibt es zudem eine mehrjährige Übergangsphase mit einer sehr vereinfachten Mitteilungspflicht. «Das gibt den Landwirtschaftsbetrieben die Möglichkeit, sich mit den digitalen Aufzeichnungen vertraut zu machen», teilte das BLW im März 2024 mit. Auch Unternehmen und Personen, die beruflich Pflanzenschutzmittel und Nährstoffe im Auftrag ihrer Kundinnen und Kunden anwenden, haben ab dem 1. Januar 2027 eine Mitteilungspflicht.  blu

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